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$
Eine neue Regelung des Getreide Handels.
Jene Regelung des Getreidehandels, welche das
bekannte Reskript des Handelsministers Fürsten Bis
marck vom 24. Februar d. I. einleitete, soll nun
mehr nach mehrmonatlicher Pause weiter geführt
werden. Der Handelsminister hat nämlich an
die Aeltesten der Berliner Kaufmannschaft eine
Verfügung ergehen lassen, welche unter Berufung
ans die öffentliche Ordnung auffordert, den
G et rcid eh an del vom 1. O kt ob er ab neuen
Bestimmungen zu unterwerfen, welche die
Sachverständigen in dem Kollegium der Aeltesten
der Berliner Börse für unannehmbar und undurch
führbar halten.
Es handelt sich dabei um zweierlei: zunächst um
die Zusammensetzung der Sachverstän
digen-Koni Missionen, welche nach den Schluß-
scheinbestimmungen bei Streitigkeiten unter Ausschluß
des Rechtsweges die endgültige Entscheidung über
die Lieferungsfähigkeit des Getreides zu treffen haben.
Bisher wurden die Sachverständigen mittelst Wahl
aller Interessenten aus denjenigen Besuchern der
Produktenbörse ausgewählt, welche als redliche und
intelligente Geschäftsleute weiteren Kreisen bekannt
geworden sind. So ist es in Berlin und auch an
allen übrigen europäischen Getreidehandelsplätzen der
Fall. Fürst Bismarck aber verfügt, daß künftig
diese Sachverständigen von den Aeltesten nur vor
geschlagen werden und von d e r S ta a t s b c h ö r d e
zu ernennen sind. Die Aeltsten sollen aber
nur solche Personen in Vorschlag bringen
dürfen, welche thatsächlich überhaupt keinen
Getreidehandel betreiben.
Im Zusammenhang damit sollen auch direkt die
Bestimmungen über dasjenige Getreide,
was börsenmäßig gehandelt werden darf,
geändert werden. Wenn beim Roggenhandcl
anderweitiges nicht vereinbart ist, so wird jetzt an
genommen, daß der Geschäftsabschluß sich bezieht
auf eine Quantität von Roggen, deren Geivicht pro
Hektoliter ca. V« Kilo ausmacht. Fürst Bismarck
aber bestimmt, das künftig börsenmäßig nur ge-
handelt. werden dürfe Roggen, dessen Gewicht
< * Kilo per Hektol. beträgt.
Wie aber von sachverständiger Seite versichert
wird, haben nicht drei Prozent desjenigen Roggens,
welcher in Deutschland aus der vorjährigen Ernte
in den Handel kommt, ein Gewicht von 72 Kilo
per Hektol. Der russische Roggen im Durchschnitt
der letzten Ernte hat allerdings ein etwas höheres
Gewicht, als der deutsche, ohne aber jenes Normal
geivicht zu erreichen.
, Die nächste Wirkung des Reskriptes des Handels
ministers ist ein erheblicher Rückgang der Roggen-
preise an der Berliner Börse gewesen.
^Die Vorschrift des Handelsministcrs, sagt die
ş Z.", kehrt sich hauptsächlich gegen den Ter
minhandel in Getreide. Bekannt ist allerdings,
i>aß Fürst Bismarck von dem Terminhandcl sehr
ungünstige Vorstellungen besitzt. Während in Wahr
heit der Terminhandel einen zeitlichen Ausgleich
Zwischen den Vorräthen bewirkt und damit eine
größere Stetigkeit der Preisbildung ermöglicht, wirft
ihm Fürst Bisniarck vor, daß er künstlich dazu bei
trage, die Getreidcpreise unter ihrer natürlichen Höhe
Zu halten.
Gelänge es nun, jene Bestimmungen durchzu
führen, was würde die Folge sein? Der „börsen
mäßige" Terminhandcl in Roggen würde eine große
Einschränkung erfahren, das Geschäft aber würde
darum nicht aufhören, sondern sich außerhalb
des amtlichen Börsenlokals in Privat-
vereinignngen abwickeln nach denjenigen Normen,
welche der Natur der Dinge entsprechen.
Die „Boss. Ztg." schreibt dazu: „Durch die
V erschärftwg der Kontraktsbedingungen wird in Zu
kunft der Terminhandel in Roggen außerordentlich
erschwert werden; in manchen Jahren wird sogar
mit Mangel an effektivem Material zn kämpfen
sein. Die Einwirkung auf die heutige Börse war
sehr deprimirend, da zunächst die Uebertragung von
Engagements ans hintere Sichten erschwert ist."
Wien, 23. Juni. In Bezug auf das Ver
hältniß zu Rußland und Oesterreich bringt
die „Post" einen offiziösen Artikel, der an die letzte
Petersburger offiziöse Korrespondenz in der Wiener
„Politischen Korrespondenz" anknüpft. Der Artikel
der „Post" folgert ans jener Korrespondenz, daß
Rußland verlange, Oesterreich möge den Russen die
Balkanhalbinsel überlassen. Um diesen Preis- werde
man in Oesterreich-Ungarn niemals bereit sein, mit
Rußland Frieden zu schließen. Auch der nüchternste
Mensch in Oesterreich müsse vor der ungeheuren
Gefahr zurückschrecken, welche die russische Besitz
nahme der Balkanhalbinsel für den Bestand der
österreichisch - ungarischen Monarchie herbeiführen
müßte. Die Gefahr liege in der Konfiguration
des russischen Gebietes, wie sie alsdann gegen das
österreichische eintreten werde, noch mehr aber in der
Beziehung der Balkanslaven zu den österreichischen
Slaven. Deshalb müsse man notiren, daß in jener
russischen Korrespondenz die österreichischen Friedens
versicherungen so lange für rein platonische erklärt
werden, als Oesterreich fortfahre, seinen Einfluß
auf der Balkanhalbinsel an die Stelle des russischen
setzen zn wollen.
Paris, 24. Juni. (B. T.) Zehn französische Stu
denten aller Fakultäten richten an die Freiburger
„Haffoborussen" die Aufforderung, zehn der Ihrigen zn
ernennen, um auf Schweizer Terrain für einen fran
zösischen Landsleuten in Freiburg angethanen Schimpf
Satisfaktion zn geben. (Nach neueren Berichten war
nicht ein französisches, sondern ein italienisches Ehe
paar auf dem Bahnhof zn Freiburg i. Br. der
Gegenstand von Insulten, die allerdings nicht streng
genug getadelt werden können. D. Red.)
Paris, 24. Juni. (B. T.) Ans Thesey und Jouy
im Arrondiffeinent Nancy wird gemeldet, daß d e u t f ch e
Bewaffnete und uniformirte Gendarmen
die französische Grenze überschritten
hätten. Einer von ihnen, darauf aufmerksam ge
macht, soll angeblich erwidert haben: „Das ist mir
egal." (Näheres ist abzuwarten. D. Red.)
Sofia, 24. Juni. (B. T.) Am Freitag feuer
ten mehrere höhere Offiziere einige Schüsse
ans die für den verstorbenen Kaiser Alexander
von Rußland errichtete Gedächtnißkapelle.
Die Negierung ist darüber bestürzt, weil ernste Re-
kriminationen unausbleiblich sind.
Aus Santiago in Chile, 3. Mai, wird dem
„B. T." geschrieben: Zum ersten Male in Chile
ist am 29. April eine sozialistische Partei
an die Oeffcntlichkeit getreten. In einem von nahezu
so) Die Schönheit von Drowning h sin.
Von Helene v. Götzendorff-Grabowski.
„Möchten sic nicht lieber die Güte haben, den
Rest ihrer Unterredung mit der Kranken bis zu
gelegenerer Zeit zurückzubehalten, Mr. Stedman?"
Diese in sehr nachdrücklichem Ton gesprochenen
Worte gingen von Lady Blanche ans, welche, in
ihren dunkelen Reisemantel gehüllt, in der geöffneten
Zwischenthür erschien, sehr ungnädig blickend und
mit einem Ausdruck in ihrem feinen Antlitz, welcher
dem Obergärtner deutlich verrieth, daß sie mehr als
die letzten Worte des Gespräches gehört haben
wußte. Er war innerlich wüthend, wagte seinem
Zorn aber dennoch keinen Ausdruck zn geben, da
rs Lady Blanche, die Nichte Lord Dudgeon's und
künftige Besitzerin von Tillock Park war, der er
gegenüber stand. Eine vornehme und einflußreiche
Freundin der zukünftigen Lady von Baverne. Mit
'hr durfte man es nicht verderben. So machte der
Sbergärtner denn gute Miene zum bösen Spiel,
versicherte Blanche, daß es keinesfalls in seiner Ab-
i'cht gelegen habe, Sobeide aufzuregen, und er,
wenn seines kleinen Mädchens gnädige Gönneriu
ed wünsche, sofort das Zimmer verlassen werde.
»Ich bin ein einfacher Landmann, ein ehrlicher,
gerader Bursche, das müssen Ew. Ladyschaft be-
enken," sagte er mit seiner scheinheiligen Miene,
»ss war niir ein bedrückendes Gefühl, mit meinem
scmd eine Nacht unter einem Dach zu schlafen,
>ne chaß sie wissen sollte, wie ich gesonnen bin.
in? ^ìll nun gehen und wünsche Ew. Lady-
şoioft eine geruhsame Nacht."
Sab!) Blanche antwortete nichts. Sie verab
schiedete den Obergärtner nur mit einem nachlässigen
Kopfnicken und verriegelte dann eilig die Thür, durch
welche er sich entfernt. „Nun sollst Du nicht
wieder gestört werden, dafür sorge ich, Beauty!
Aber wie Deine Wangen glühen, wie wild Du
blickst! Ich bin in der That eine gewissenlose
Krankenwärterin, daß ich Dich nicht vor dieser
Aufregung bewahrte! Fühlst Du Dich sehr elend,
mein Liebling?"
„Nur sehr müde, todmüde, wie nach meilenweitem
Gehen. Und durstig! Aber lege Dich nur nieder,
ich werde gewiß bald einschlafen. Du bist sehr
gut und treu, Blanche, aber Du kannst mir nicht
helfen. Mein „Schicksal" ist über mich gekommen.
Es nimmt seinen Lauf."
„Wir bezwingen es, Beauty! Eine innere Stimme
sagt es mir. Gute Nacht Liebling!"
Unterdessen fand im Schloß zu Baverne eine
ernsthafte Unterredung zwischen dem Earl und Sir
Thomas Carteret statt. Ersterer befand sich in
ungeduldiger, gereizter Stimmung, da man es ihm
nicht gestattet hatte, Sobeïde noch diesen Abend zu
schm. „Ihr behandelt mich, als sei ich ein Knabe!"
sagte er, auf seinen Krückstock gestützt im Zimmer
auf- und niedergehend. „Und so, als hätte ich
nicht das geringste Recht ans das Mädchen. Wenn
Sre mein Freund sein wollen, Carteret, so müssen
Sie anders handeln!"
„Ich glaube nicht, Baverne," lautete Sir Car-
terets niilde Erwiderung. „Sie thun mir unrecht
Nicht ich, sondern die Verhältnisse entfremdeten
3000 Personen besuchten Meeting ans der Promenade
von Santiago wurden heftige Reden gegen Capital
und Eigenthum abgehalten und zum Schluß 25
Wagen der Pferdebahn gestürmt, umge
worfen und durch Petroleum in Brand
gesteckt, so daß die ganze Promenade mit einigen
angrenzende Straßen durch brennende Waggons er
leuchtet war. Die Wuth des Pöbels richtete sich
gegen die Pferdebahn-Gesellschaft, weil derselbe in
dem Preise 3 Centavos (6 Pfennig), welcher für
eine Fahrt auf dem Verdeck der Pferdebahnwagen
gezahlt wird, eine Ausbeutung der Armen durch das
Capital entdeckte. Sämmtliche Anstifter des Put
sches sitzen jetzt hinter Schloß und Riegel, und cs
wurde vergebens versucht, ein zweites Meeting zu
Gunsten der Freilassung dieser Herren zu Stande
zn bringen. Immerhin hat diese Begebenheit große
Anfregnug im Lande hervorgerufen, und die Furcht
vor einein erneuten ernsteren Putsche ist noch nicht
ganz gewichen.
Berlin, 22. Juni. Der Kaiser soll bei dem
Empfange der Generäle am Dienstag die sichere
Hossmliig auf Erhaltung des Friedens ausgesprochen
und hinzugefügt haben, er hoffe, wenn ja einmal
in Zukunft die Verhältnisse sich ändern sollten, daß
die Generäle trotz seiner Jugend zu seiner Führung
Vertrauen haben werden.
Berlin, 25. Juni. Für die heutige besonders
feierliche Eröffnung des Reichstags wurde
Folgendes angeordnet: Der Kaiser begiebt sich nach
dem Weißen Saale unter großem Vortritt wie folgt:
Schloßgarde-Compagnie, Hoffouriere, königliche
Pagen, Oberceremonienmeister, Oberhofchargen paar
weise, Oberstmarschall mit großem Stabe. An der
Spitze der obersten Hofchargen General von Hüllesem
nnt aufrecht getragenem entblößten Rcichsschwert,
General von Strubberg mit Reichsapfel auf drap
ck'argsut-Kissen, General von Stichle mit dem
Scepter auf drap d'or-Kisscn, Oberstkämmerer Graf
L-tolberg mit der Krone auf drap d'or-Kissen,
General-Feldmarschall Blumenthal mit dem Reichs-
Panier, begleitet von den Generälen v. Schlichting
und v. Alten. Sämmtliche Insignien werden zu
beiden Seiten von GardeducorPs-Offizieren begleitet.
Sodann der Kaiser, mngeben von den anwesenden
regierenden deutschen Fürsten, gefolgt von den Prinzen
des königlichen Hauses, den Mitgliedern der regie
renden deutschen Fürstenhäuser, sowie den Erbprinzen.
Der Kaiser nimmt auf dem Throne Platz, die re
gierenden Fürsten treten auf das Haut-pas zur
Rechten des Thrones vor den Tribünen, die Kaiserin,
dann die königlichen Prinzen und andere deutsche
Prinzen auf das Haut-pas links. Der Kaiser wird
vorher dem Gottesdienste in der Schloßkapelle bei
wohnen, ebenso die Kaiserin, welche sich nachher auf
die Tribüne rechts vom Throne begiebt.
Berlin, 21. Juni. Der Centralverein für Uebung
der Fluß- und Canalschifffahrt hat bei dem Reichs
kanzler beantragt, dem Nordostseekanal den
Namen Kaiser WiHelmskanal zu verleihen.
Nach einem jetzt angelangten Bescheide des Reichs
kanzlers hat der Kaiser zur Zeit davon Abstand
genommen, dem Vorschlag des Vereins zu ent
sprechen, weil im Hinblick darauf, daß die Arbeiten
zur Herstellung des Nordostseekanals erst vor Kurzem
begonnen haben und Vollendung des Baues erst
nach einer Reihe von Jahren zu erwarten ist, die
Ihnen das Mädchen. Wie ich schon sagte: Sobeïde
Stedman schlägt nicht ein. Sie taugt nicht zur
tady und wird in unserer Sphäre niemals glück
lich werden. Mir geht mit dieser Wahrnehmung,
welche. wahrhaftig nicht auf Täuschung beruht, ja
auch eine schöne, liebe Hoffnung schlafen: die letzte
meines Lebens!"
„Ich verstehe Sie nicht ganz, Sir Thomas!
Was thut es uns, daß Sobeïde sich in dem Pen
sionat der Mrs. Dudley nicht glücklich fühlte? daß
sie infolge von Ueberarbeitnng und Heimweh er
krankte ? Meine wilde Rose wird genesen und dann
werde ich sie niemals wieder von mir lassen!
„So wirst Du die Schuld daran tragen, tvenn
sie stirbt und verdirbt! hätte Sir Thomals Car
teret entgegnen mögen. Aber er vermochte cs nicht.
Er vermochte nicht durch ein hartes Wort den
blassen Freudenglanz zu verscheuchen, welcher jetzt
verklärend ans dem träumerischen Antlitz des Earl
von Baverne lag. . „Armer Freund," dachte er,
„Dein Verlust in dieser Sache überwiegt den mei-
nigen bei weitem." Dann erhob er sich und been
dete das Gespräch mit den in möglichst leichtem
Ton gesprochenen Worten: „Wir müssen eben Alles
dem Himmel anheimstellen, Baverne! Morgen werden
Sie ja Sobeide sehen und danach am besten selbst
beurtheilen, was ihr noth thut. Vermuthlich machen
Sie bei dieser Gelegenheit die Bekanntschaft der
Nichte Lord Dudgeon's, von welcher ich Ihnen
bereits sprach. Lady Blanche ist ein vortreffliches,
eben so geist- als gemüthvolles Mädchen, deren
kleine Excentricitäten sämmtlich von ihrem edlen,
warmen Herzen ausgehen und sie deshalb nur noch
Beilegung eines anderen Namens an den Kanal
gcgenivärtig noch für verfrüht zu erachten sei.
Eine der letzten Regierungshandlimgen des
Kaisers Friedrich war, wie der „Voss. Ztg."
mitgetheilt wird, die Zuweisung einer Jahres
pension von dreitausend Mark an die in Ham
burg lebende Frau Luise Fröbel, die Wittwe
des berühmten Pädagogen Friedrich Fröbel.
— Zur U c bersch wemmungsnoth. Seitens
des Reichskanzlers sind die ihm für die Ueber-
schwemmten als Ertrag eines Bazars der Deutschen
Kolonie in Buenos Aires übermittelten fünfzig
tausend Mark dein Oberbürgermeister von Forcken-
beck als Vorsitzenden des geschttftsführenden Aus
schusses des Komitees für die Ueberschwemmtcn in
den deutschen Stromgebieten übersandt worden.
Ein in Granton angekommener dänischer
Dampfer überbringt die Nachricht, daß während der
jüngsten heftigen Stürme in Island mehr als
30 Fischerboote zu Grunde gingen und 300 bis
400 Fischer ihr Grab in den Wellen fanden.
Wie die „Hess. Blätter" als verbürgt mit
theilen, hat Kaiser Friedrich s. Z. seine Thron
besteigung sowohl dem Herzog von Nassau
als auch dem Herzog von Cumberland ganz
in derselben Form wie den übrigen deutschen Für
sten anzeigen lassen.
— In Berlin häufen sich die Selbstmorde
m, geradezu furchtbarer und unheimlicher Weise.
Dieses schlimme _ Zeugniß unserer neu-heidnischen
Cultur preßte dieser Tage einem dortigen Blatt,
den „Neuesten Nachrichten", folgendes Geständniß
ab. „Es scheint fast, als ob gegenwärtig eine förm
liche Selbstmord-Manie in Berlin grassirt; kaunl
je sind derlei traurige Fülle hier in so reicher Rafit
vorgekommen als in den letzten Tagen und ein
referirendes Tagcs-Journal ist nahezu vor die Alter
native gestellt worden, entweder eine eigene Rubrik
für dieses düstere Thema zn errichten, oder — von
diesen unglücklichen Vorkommnissen überhaupt nicht
mehr zu berichten, wenn cs nicht ganz zur Unheils-
Chronik werden will!"
— Der „Rheinisch-Westfälischen Zeitung" und
ebenso dem „Hamb. Korresp." wird offiziös aus
Berlin geschrieben: „Jetzt tritt das schon in früheren
Zeiten wiederholt verbreitete Gerücht wieder in den
Vordergrund, daß Fürst Hohenlohe-Schillingsfürst,
der seit längerer Zeit wegen angegriffener Gesund
heit von der Statthalterschaft in Elsaß-Lothringen
zurückzutreten den Wunsch haben soll, möglicher
Weise durch Herrn v. Putt kam er ersetzt werden
würde." Diese Gerüchte fünden in sonst gut unter
richteten Kreisen Verbreitung und Glauben.
Die Ansicht, daß Herr von Boetticher
bereits znm Nachfolger des Herrn v. Puttkamcr
ausersehen, gewinnt nach einer offiziösen Korre
spondenz des „Hamb. Korresp." an Wahrscheinlichkeit
Es sei daher nicht wahrscheinlich, daß es nöthig
werden würde, auf die Kandidatur Zedlitz zurück
zugreifen; thatsächlich aber sei die Ablehnung des
Grafen keineswegs eine endgültige. Graf Zedlitz
habe zwar seine Gründe für die Ablehnung des
Portefeuilles dargelegt, indeß als pflichttreuer Be
amter sich bereit erklärt, tvenn die anderweitige Neu
besetzung des Ministerpostens auf Schwierigkeit
stoßen sollte, die Berufung doch anzunehmen.
m
m
liebenswerther machen."
, »So?" erwiderte Francis Baverne in gleich-
giltigcm Ton, um dann lebhafter hinzuzufügen:
„Entbehrt Sobeide auch drüben nichts, Carteret?
Sind Sie dessen gewiß?"
„Sie können Sich morgen selbst davon über
zeugen. Ein weiser Mann Want nur seinen eigenen
Augen. Die meinigen fallen bereits zu. Gute
Nacht, Baverne!"
Am folgenden Morgen lag die „Schönheit von
Browningham" bereits wieder im heftigsten Fieber-
Schön während der Nacht hatten sich die alten'
wirren Phantasiecn wieder eingestellt und Blanche
genöthigt, vor Morgengrauen ein an Sir Thomas
Carteret gerichtetes Billet nach Baverne Castle hin
über zu senden. Infolge dessen telegraphirte Sir
-rhomas sofort an den Arzt des Earl, ohne indessen
seinen leidenden jungen Freund deshalb vorschnell
zn^ wecken. . Francis Baverne erfuhr erst zu der
späten Vormittagsstunde, wo er sich für gewöhnlich
von seinem Lager erhob, die beunruhigende Kunde.
„Nun soll uiich nichts mehr davon zurückhalten,
das Gärtnerhaus aufzusuchen," sagte er zu dem
Maler, welcher nachdenklich und sorgenvoll im
Morgenzimmer saß. „Ich gehe sofort. Thue mir
den Gefallen, Lovedalc, und halte ein Auge auf den
Colonel, daß er mir nicht folgt."
„Ich will es, obschon die Aufgabe keine ange
nehme ist. Sir Marcus befindet sich in sehr un
gnädiger Laune."
„Es ist, als stehe ganz Baverne Castle auf dem
Kopf, Lovedalc! Wo blieb der Frieden, die schöne