Berlin, 2. Juni. Der Kronprinz hatte vor
der gestern Abend erfolgten Abreise nach Ostpreußen
eine einstündige Unterredung mildem Reichskan z ler.
Berlin, 3. Juni. Die „Norddeutsche" er
klärt offiziös, daß an maßgebender Stelle von einer
Verfügung über die Beschränkung der Lehr
ziele der Volksschulen nicht» bekannt ist, noch
an solche gedacht wird. Anscheinend liege eine Ver
wechselung mit den Vorschriften vor, die vorüber
gehend für die überfüllten zweisprachigen Schulen
der Provinz Posen erlassen wurden.
— Der „Köln. Ztg." wird aus Paris telegra-
phirt: Infolge der deutschen Paßmaßregeln hat
die Pariser Handelskammer die Handelskammern
der Departements durch Rundschreiben aufgefordert,
den Handels- und Gewerbestand zu veranlassen,
keine Reisenden mehr nach Deutschland
auszuschicken unddie vonDeutschland ein
gehenden Angebote abzulehnen.
— Der Eindruck der letzten Abgeord
netensitzung im Charlottenburger Schloß
ist, wie der „Weserzeitung" au« Berlin nach gut
verbürgten Nachrichten mitgeteilt wird, ein wesentlich
anderer gewesen, „als man ihn in den der Re
gierung näher stehenden Blättern verzeichnet findet.
Einzelheiten entziehen sich der Andeutung, gehen hier
in politischen Kreisen aber von Mund zu Mund."
— Die nationalliberale „Magdeburgische
Zeitung" schreibt: „Wir glauben annehmen zu
dürfen, daß der Kanzler ein Ausscheiden Putt-
kamers aus dem Kabinet, sofern der Nachfolger in
den Rahmen des jetzigen Ministeriums hineinpaßt,
das ja außer Puttkamer kein aus der altkonservativen
Partei hervorgcgangcneS Mitglied zählt, mit großer
Ruhe hinnehmen würde."
— Das berliner Preßbureau verbreitet durch
seine abhängigen Zeitungen in den Provinze» jetzt über
die letzte Sitzung des Abgeordnetenhauses einen Artikel
mit der Ueberschrift: „Die neuen Pächter der
Loyaität." Die Freisinnigen,so heißt es in dem Ar
tikel, hätten die letzte Sitzung des Abgeordneten
hauses benutzt, um eine der widerwärtigsten Scenen
aufzuführen, die sich jemals in den Räumen dieses
Hauses abgespielt haben u. a. m. Es ist dann
die Rede von dem modernen „Sykophantenthum",
d. h. der „gewerbsmäßigen, böswilligen Verdächti
gung angesehener Männer", wie sie von der
„Freist Ztg." seit Wochen systematisch betrieben sei.
(Also die Herren Richard Grothe und Richard von
Schlieben sind für da« Preßbureau des Herrn von
Puttkamer auch „angesehene Männer") Das Land
werde in Folge dieser StaatSaction der Freisinnigen
mit gerechtem Unwillen gegen Leute erfüllt werden,
„welche für jeden wahren Patrioten heilige
und unantastbare Dinge in den Dienst ein
seitiger Parteiinteressen zu stellen gesucht haben."
(Die heiligen und unantastbaren Dinge kann sich
Jeder selbst ausmalen.)
— Daß das System Puttkamer, so schreibt
nunmehr auch der „Hannov. Cour." niemals von
den Nationalliberalen gebilligt worden
ist, sollte Jedermann, der sich mit Politik beschäftigt,
wissen. Herr v. Bennigsen hat im Jahr 1884 mit
eindringlichen Worten auf den „inneren selbstver
nichtenden Widerspruch" hingewiesen, der darin be
steht, auf dem Boden der ReichSgesetzgcbung in pro
duktiver und schöpferischer Weise vorzugehen, in der
inneren Verwaltung Preußen» aber „mit dem gan
zen Apparat und Personal der streng konservativen
Regierung" weiter zu wirthschaften. E» müsse
Sorge dafür getragen werden, „daß der frische Zug,
der jetzt durch die Reichspolitik hindurchweht, auch
in Preußen zur Geltung kommt, und daß so viel
fache Mißstände in Staat, Kirche und Schule be
seitigt werden".
— Die nationalliberale „Magdeburgische
Zeitung" schreibt: „Herrn v. Puttkamer dürfte
es schwerlich gelingen, den Kaiser davon zu über
zeugen, daß eine Beeinträchtigung der Freiheit de-
Wahlrechts niemals durch amtlichen Einfluß, jeden
falls nicht unter seiner Billigung stattgefunden habe.
Herr v. Puttkamer thäte am besten, die Freiheit
des Wahlrechts in Zukunft sorgfältiger zu achten
und hierfür Bürgschaften zu gebe», oder
die nächsten Wahlen überhaupt nichtmehr
zu leiten."
die Metamorphose eine vollständige sein. Erwarten
Sie nicht, die Zithersängerin aus dem Gärtnerhau»
wieder zu erhalten, Vaverne, sonst könnte Ihnen
der Moment eine bittere Enttäuschung bereiten, wo
„Miß Carteret" erscheint, um den Platz derselben
einzunehmen."
Mit resignirtem Aufseufzen hatte sich der Earl
endlich zufrieden gegeben, und dann war „Ahasver"
wieder auf unbestimmte Zeit aus Vaverne Castle
verschwunden, ohne seine Adresse zurückgelassen zu
haben. Auch Miß Barbara Dudley und Sobelde
befanden sich in Uukenntniß derselben. Sir Carteret
haßte es, unterwegs mit Briefen belästigt zu werden,
befand sich auch niemals lange genug an einem
und demselben Ort, um mit Sicherheit von irgend
einer Nachricht angetroffen werden zu können. _ Zur
Jahreswende beabsichtigte Sir Thomas übrigen»
wieder in London zu sein, seiner Nichte einen Be
such abzustatten, um sich von dem Fortschreiten ihrer
Ausbildung zu überzeugen, und wollte sich danach
nach Vaverne Castle begeben, da er wußte, wie sehn
süchtig sein kranker, junger Freund danach verlangte,
von Sobeïde, wenn auch nur indirect, einige Nach
richt zu erhalten.
Was Mr. Stedmann, den Obergärtner, anging,
so äußerte derselbe nicht die geringste Ungeduld, sein
Kind wieder zu sehen oder auch nur zu vernehmen,
wie es ihm in der Fremde ging.
„Sic machen eine „Lady" aus ihr! Da« will
seine Zeit haben. Und bevor sie fertig ist, darf
ihre Heimkehr nicht erfolgen!" sagte er zu der
schweigsamen Mrs. Andrews während einer ihrer
kurzen, gemeinschaftlichen Mittagsmahlzeiten. „Ich
kann es abwarten, aber ein Anderer ist weniger ge
duldig als ich! Sie werden Sobelde Stedman
bald auf einer Höhe sehen, MrS. Andrews, von
der Sie Sich niemals etwas träumen ließen, und
eben so sicher ist es, daß ich dann am längsten in
Brvwningham gewesen. Reißen Sie nur Ihre
— Im März des Jahres 1881 hatte noch Fürst
Bismarck im Reichstage sich in Bezug auf die
Wahlbeeinflussungen zu folgendem Grundsatz bekannt:
„Soviel an der Regierung und namentlich mir als
Kanzler liegt, bin ich den Einwirkungen von
Beamten stets entgegen getreten, nicht immer
mit Erfolg. Ich theile die Ansicht des Herrn Vor
redners (des freisinnigen Abg. Mendel), daß es
der Würde der Beamten nicht entspricht,
sich in die Wahlkämpfe zu mischen, nament
lich in öffentlichen Reden."
Im Gegensatz hierzu proklamirte Herr von Putt
kamer sein System nach dem stenographischen Be
richt wörtlich, wie folgt: „Die Regierung muß
erwarten, daß diejenigen Beamten, in deren
Händen wesentlich die politische Vertretung der Staats
gewalt liegt, wenn und insoweit sie überhaupt ihre
Rechte al» Staatsbürger ausüben, die Regierung
unterstützen." Indem der Minister alsdann erklärte,
die Regierung wünsche allerdings nicht eine Wahl
beeinflussung, die sich darin dokumentirt, daß das
unmittelbare Gewicht des Beamten mit in den
Wahlkampf eingeführt wird, fuhr derselbe wörtlich
fort: „DaS wiederhole ich jedoch mit großer Be
stimmtheit, damit will ich schließen, die Regierung
wünscht, daß innerhalb der Schranken des Gesetzes
ihre Beamten sie bei der Wahl nachdrück
lich unterstützen, und ich kann hinzufügen, daß
diejenigen Beamten, welche das in treuer
Hingebung beiden letztenWahlen gethan
haben, des Dankes und der Anerkennung
der Regierung sicher sind. (Hört! hört!
große Unruhe links.) Und, meine Herren, was
mehr werth ist, daß Sie auch des Dankes ihres
kaiserlichen Herrn sicher sind. (Bravo,
rechts; andauernde Unruhe links.)"
— Um nur einen kleinen Begriff davon zu
geben, was die Kartellpresse augenblicklich an Schimpf-
reden auf die Freisinnigen leistet, greifen wir als
erstbestes die „Westfälische Post" heraus; darin
wird Hagen eine Stadt genannt, die „dem Lügen
heulenden, nur noch concentrirte Fort
schrittsgalle verspritzenden Parlaments
wüt h e r i ch Richter" ein Unterkommen im
Reichstage verschafft habe. — Daß es ein sehr bös
artiges Wespennest war, in das Herr Richter mit
seiner bcmerkenswerthen Rede in der letzten Sitzung
des Abgeordnetenhauses seine derbe Hand steckte, wußte
man längst und davon zeugen auch obige Worte.
Alles aber vereinigt sich, was noch eine Spur von
Wahrheitsliebe im Herzen trägt, ihm zu bezeugen,
daß er fest und deshalb erfolgreich zugegriffen hat.
In Berlin hörte man am Tage nach jener Rede
auf Schritt und Tritt, auch von Leuten, die nicht zu
den Verehrern des Herrn Richter, dieses allzu wuchtigen
und rücksichtslosen Parlamentariers, zählen: Das war
das Richtige, so mußte es endlich einmal gesagt
werden. — ES ist nun gesagt worden und wir
hoffen, zur Ehre des Reiches.
Krone a. d vrohe» 31. Mai. Gestern Abend
10 Uhr stürzte daS Dach des Schlafsaales in der
bei Krone gelegenen Strafanstalt ein. Verluste
an Menschenleben sind nicht zu beklagen. Ein
Neubau des Schlafsaales war seit langer Zeit
geplant.
Straßburg, 1. Juni. Ueber den Grenz verkehr
wird aus Noveant dem „Elsässer Journal" geschrie
ben: „Auf das lebhafte Treiben, welches sonst in
unserem Bahnhöfe herrschte, ist eine erschreckende
Stille gefolgt. Die aus Frankreich kommenden
Züge sind sozusagen vollständig leer. Der
gestern in Noveant um 4 Uhr 27 Min. Morgen«
eintreffende Paris-Frankfurter Schnellzug enthielt
nur zwei Fremde, einen Russen und einen Franzo
sen, beide im Besitz von regelrechten Pässen. Der
Personenzug von 8 Uhr 13 Min. enthielt nur
einen Fremden, einen nach Mainz reisenden Spanier,
welcher trotz aller seiner Protestation nach Pagny
zurückkehren mußte, um von da über ConflanS,
Luxemburg, Trier ,'unb Koblenz zu fahren. Mit
dem Elfuhrzuge erschienen mehrere Danien aus
Frankreich ohne Paß und mußten zurückfahren; eine
derselben sandte durch den Spezialpolizeikommissar
auf dem Bahnhof ein Telegramm an den Bezirks-
Präsidenten von Lothringen, um ausnahmsweise die
Erlaubniß zur Fortsetzung der Reise zu erhalten,
Augen nicht so auf, es ist die lautere Wahrheit.
Gesegnete Mahlzeit, Mrs. Andrews!"
(Fortsetzung folgt.)
— Von Goldschmidt'S Kursbuch (Verlag von Albert
Goldschmidt in Berlin) ist mit dem Inkrafttreten
des Sommer-Fahrplans der Eisenbahnen wieder pünkt
lich die neue Ausgabe für Juui-Lktober erschienen.
Bei der allgemeinen Verbreitung dieses bereits seit
21 Jahren erscheinenden, nach officiellen Quellen be
arbeiteten Fahrplanbuches verdient die in demselben
durchgeführte praktische und übersichtliche Zu
sammenstellung der Fahrpläne und Anschlüsse
besonders hervorgehoben zu werden, welche auch dem
Ungeübtesten das Auffinden der gewünschten Ressewege
und Reiseziele mit Leichtigkeit und in kürzester Frist er
möglicht. Ein weiterer Vorzug von Goldschmidts Kurs
buch besteht darin, daß man die Reiserouten nicht bald
von oben nach unten, bald von unten nach oben in dem
Buche zu suchen hat, sondern daß auch für die Rückreise
ebenso wie für die Hinreise von jeder Linie ein besonderer
f ahrplan angegeben ist. Ferner enthält Goldschmidts
ursbuch außer den neuesten Eisenbahn-Fahrplänen und
wichtigsten Poftkursen eine Uebersicht der zur Ausgabe
gelangenden Retour-Abonnements-, Saison- und Rund
reisebillets, einen Nachweis der Reiseverbindung nach den
wichtigsten Badeorten und eine große Reisekarte. Gold
schmidts Kursbuch bietet somit nicht allein den besten
Ersatz für die zahlreichen kleinen Taschen-Fahrpläne ein
zelner Bezirke, sondern es verdient auch vor allen
größeren Kursbüchern, die durch ihre Unförmlichkeit aus
der Reise oft recht unbequem werden den Vorzug durch
sein kleines, handliches Format und seinen verhältniß-
mäßigen sehr geringen Preis (1 Mark), so daß es für
die Reise wie zum Comptoir-Gebrauch gern einpfählen wird.
In demselben Verlage erschien zugleich „GoldschmtvtS
Fahrplanbuch", enthalten die wichtigsten Eiscnbahn-
sahrpläne, mit einer UebersichtSkarte. Preis 50 Pfennige.
Es kann dies Fahrplanbuch bei seinem Umfange und
Preise wohl mit Recht das billigste Kursbuch in Deutsch
land genannt werden und wird dasselbe sich für kleinere
Reisen ans den Haupt-Eisenbahnlinien als ganz besonders
praktisch bewähren.
Der öffentlichen Meinung zollst Du Lob;
Doch mußt Du Dich an Eins dabei nicht stoßen:
Die Kleinen zeigt sie gern durchs Mikroskop,
Durch umgekehrte» Opernglas die Großen. L. Fulda.
wurde aber von demselben dahin beschieden, der
Ministerialerlaß müsse streng durchgeführt werden.
Straßdur» i. <S.» 2. Juni. Wie die „Landes
zeitung für Elsaß-Lothringen" hört, ist sür den
Orient-Expreßzug eine Erleichterung der Paßcontrole
eingeführt, indem Reisende mit directen Billets von
Paris bis wenigstens nach München von dem Paß
zwange befreit sind, lvenn sie innerhalb des Reichs-
landeS den Zug nicht verlassen.
Altenburg, 2. Juni. In vergangener Nacht sind,
in dieser Woche zum zweiten Male, dicFeld-
und Gartengewächse (Kartoffeln, Gurken,
Kürbisse, Bohnen), erfroren.
In Kottenburg a. Neckar (Württemberg) hatte
ein Arbeiter, Joseph Hauer, in der Hammerschmiede
daselbst daS Ungsück, ans Unvorsichtigkeit in den
mit dem Werk verbundenen Cementofen zu
fallen. An Hülfe war nicht zu denken; mit
rasender Eile verzehrte die Gluth ihr armes Opfer,
von dem bald auch nicht eine Spur mehr zu ent
decken war.
— In der jüngst in Stettin abgehaltenen
Werbe Versammlung für die Spiritusbank
waren ein gegnerischer Landbrenner und ein Korn
brenner leicht im Stande, den ca. 30 Anwesenden
die allgemeinen und speziellen Mängel des Bank-
projects derartig klar darzulegen und den Vertrag
mit den Brennern so zu zerpflücken, daß Niemand
sich zum Beitritt meldete. Nicht unerwähnt lassen
wir die in der gestrigen Versammlnng gefallenenen
Aeußerungen angesehener, bereits angeschlossener
Brennereibesitzer, daß sie keine nF alls dem Ringe
angehören wollten, wenn nur ca. 80 pCt. des Con-
tingent-Quantnms zustimmte. Die allein schon ca.
14 pCt. betragende Gemeinschaft der Kornbrenner
blieb, wie schon früher berichtet, entschiedene Geg
nerin des Ringes. Um einige über die Bestrebungen
des Ringes angeblich verbreitete Irrthümer zu be
richtigen, wurde in der Versammlung erzählt, daß
die Bank ja garnichtS an den bestehenden Verhält
nissen ändern wolle, es solle Alles beim Alten
bleiben (?), nur die Verwaltung, für welche erste
Kräfte aus den betheiligten Gruppen gesichert seien,
werde zum „Vortheil für Alle" centralists. Es sei
zunächst garnicht einmal beabsichtigt, die Preise zu
treiben, denn daS würde die Anlage von Concurrenz-
brennereien fördern und die nachträglich erhoffte
Heranziehung der schmollenden alten erschweren.
Um gläubigen und naiven Gemüthern einen letzten
Trumpf vorzuspielen, ließen sich in ihrem Eifer die
Herren in der gestrigen Versammlung so weit fort
reißen, das neueste Geheimniß der Eingeweihten aus
zuplaudern, nämlich daS von dem Project eines
Internationalen CartellS zur Aufbesserung
der Preise von Export-SpirituS, für dessen Zu
standekommen bereits die höchste Diplomatie in
Action getreten sein sollte. Es ist kaum zu glauben,
bis zu welchen Märchen sich die Phantasie begeisterter
Bankmänner emporzuschwingen vermochte, um für den
Ring Reclame zu machen, allerdings auch ein
schlagender Beweis dafür, daß die Sache, für die
mit solchen Mitteln Propaganda gemacht wird,
stets so gut wie v erl or en betrachtet werden muß.
Neumünster, 1. Juni. (Zur Lohnbewegung
der Textil-Arbeiter). Gestern Abend fand
eine von 500—600 in den Fabriken entlassenen
Lohnarbeitern besuchte Versammlung statt, zur Ver
handlung der Frage: „Wie erhalten wir Arbeit
und Brot?" In der Zusammenkunft, die im
klebrigen sehr ruhig und sachlich verlief, wurde die
nachstehende Resolution angenommen: „Die Ver
sammlung beschließt: 1. Da wir Arbeiter durch die
Schließung der Fabriken ohne unsere Schuld unsere
Arbeit verloren haben und somit auch zugleich brot
los geworden sind, sehen wir uns genöthigt, weil
andere lohnende Arbeit nicht zu haben ist, uns an
die Stadt zu wenden, um Brot für Frau und
Kinder zu erhalten; 2. erklären wir, die städtischen
Abgaben für dieses Quartal nicht entrichten zu
können." Des Weiteren wurde eine aus fünf Per
sonen bestehende Kommission gewählt, welche den
Auftrag erhielt, sich mit den maßgebenden Behörden
(Magistrat, Stadtvertretung) in Verbindung zu setzen
und diesen die Lage, die Verhältnisse der Lohnarbeiter
zu unterbreiten mit der Bitte, nach Kräften mit
einzutreten zur baldigen Abhülfe der jetzt bestehenden
Verhältnisse. Aus den Aeußerungen der Redner
wie überhaupt aus dem ganzen Verhalten der Ver
sammlung darf man wohl den Schluß ziehen, daß
auch die Mehrzahl der Lohnarbeiter das Vorgehen
der strikcnden Weber billigt. (K. B.)
Leck, 30. Mai. Durch Vermittelung deS Herrn
Pastors E. Ewers-Berlin (derselbe stand früher in
Tetenbüll) ist sämmtlichen Lehrern der Unigegend
ein Exemplar des vom genannten Herrn heraus
gegebenen „Sonntagsfreundes" zugestellt worden. Das
Blatt steht im Dienste der Berliner Stadtmission
des Hofpredigcrs Stöcker. Ein beifolgender Auf
ruf des Herausgebers fordert zur Unterstützung der
Stadtmission und zur Verbreitung des Blattes auf.
Es scheint aber, als wenn die Sache hier nicht viel
Anklang findet. Da« uiag zum Theil daher komnien,
daß die Person Stöckers seiner politischen Thätig
keit halber nicht populär ist. (F. N.)
52 Bon der Eider, 3. Juni Bekanntlich unter
blieb im vorigen Sommer die beabsichtigte Ponton
übung des Rendsburger Pionierbataillons auf der
Eider bei Friedrichstadt, weil hier die Diphtheritis
epidemisch herrschte. Wie wir erfahren, wird diese
Uebung in diesem Sommer dort zur Ausführung
kommen. Es wird zu dem Ende das Pionier-
Bataillon in den Tagen vom 14. bis zum 29. k.
Mts. in Friedrichstadt und dem umliegenden Ort
schaften einquartiert werden. — Die Ernteaussichten
gestalten sich bis jetzt wenig günstig. Der Roggen
hat einen so schlechten Stand, wie seit Jahren nicht.
Der Weizen steht leidlich. Das Sommergetreide
ist in der Entwickelung noch sehr zurück, leidet aber
namentlich auf niedrigem Boden empfindlich unter
der Kälte. Das GraS ist knapp.
Albersdorf. 31. Mai. Herr Schindler, welcher
seit 14 Jahren in dem Ludwigsbad in Kiel thätig
war, wird vom 1. Juni ab das Stahlbad Albers
dorf bewirthschaften. Dieser Bad, welches besonders
von an Blutarmuth, Rheumatis rc. Leidenden mit
Erfolg frequentirt worden ist, hat sich in den letzten
Jahren eines guten Rufes zu erfreuen. Es werden
in der Anstalt medizinische, römische, Douche- tc.
Bäder verabfolgt und Brunnen- und Kaltwasser-
Kuren veranstaltet.
şD Stapelholm, 2. Juni. Obgleich das neue
„Schleswig - Holsteinische Gesangbuch"
schon seit ca. 3 Jahren in den Schulen des Kirch
spiels Süderstapel im Gebrauch ist, wurde die Ein
führung desselben zum kirchlichen Gebrauche bei der
letzten Sitzung des Kirchenkollegii dennoch mit 8
gegen 4 Stimmen abgelehnt.
Hanerau» 1. Juni. (Nord-Ostsee-Kanal).
Den „Hamb. Nachr." schreibt man von hier: An
statt des für die Dörfer Lütjen- und Großenborn-
holt bereits angeordneten Expropriationsverfahrens
hat nun doch ein freihändiger Erwerb der Lände
reien für den Bau des Nord-Ostsee-Kanals stattge
funden, indem die betreffenden Grundbesitzer sich noch
in elfter Stunde eines Besseren besonnen haben.
Unter Verzicht seitens der Grundbesitzer auf Errich
tung einer Fähre zwischen den beiden genannten
Dörfern hat die Kanal-Baukommission auch dieje
nigen Ländereien angekauft, die nördlich von der
Kanallinie liegen und dafür unseres Erachtens nach
sehr hohe Preise gezahlt. Die an Lütjen- und
Großenbornholt zu zahlende Kaufsumme bezifferte
sich auf 700,000 Mk., einzelne Besitzer partizipiren
daran mit 60—70,000 M.
Hanerau, 31. Mai. Der Käthner und Höker
I. Rohwedder in Oersdorf hat seine Stelle
zum Parzelliren an den bekannten Herrn Kasch,
Hohenwestedt, verkauft. (Ldp.)
# tzaale, 2. Juni. Da der Bau des Nord-
Ostsee-Kanals in den Bewässerungsverhältnissen
der benachbarten Gieselau Niederung eine Aenderung
herbeiführen wird, so ist die Bildung einer Genossen
schaft für die Ent- und Bewässerung dieser Niederung
angestrebt. Die einleitenden Schritte sind auch
bereits schon vorgenommen und war in dieser Woche
Herr Baurath Runde in dieser Angelegenheit dort
anwesend. Die betreffenden Interessenten sind dem
Projekt nicht abgeneigt, eine Kommission aus deren
Mitte wird dieser Sache nähertreten und die nöthigen
Vorarbeiten übernehmen, zu deren Fertigstellung die
Kanalbankommission bereitwilligst ihre Mitwirkung
zugesagt hat.
X Hauerau, 2. Juni. Für die benachbarten
Orte Tensbüttcl und Röst ist jetzt auch die Anlage
einer Genossenschaftsmeierei geplant, 200 Kühe sind
bereits angemeldet und wird man demnächst mit
dem Bau beginnen. — In dieser Woche sind fast
täglich kleinere und größere Mengen Stroh mit
unserer Bahn aus der Marsch befördert; namentlich
Roggenstroh ist ein gesuchter Artikel und tvird pro
100 Pfd. mit 1,70 Mk. bezahlt.
< Hoheuwestrdt» 2. Juni. (L ehrerfeu er-
Versicherungs-Verein.) Die diesjährige Jo
hannisversammlung für den Rendsburger
Distrikt wird am 27. Juni in Kellinghusen ab
gehalten werden. Der Versicherungsbestand für
genannten Distrikt beträgt 237 Mitglieder mit
7874,50 Mk. Das verflossene Jahr ist als ein
recht günstiges .zu bezeichnen, da nur 2 Schaden
beiträge von ca. 376 Mk. und 261 Mk. zu be
gleichen gewesen sind.
Kleine Mittheilungen aus der Provinz rc.
In Flensburg ist neuerdings die Diphtheritis in
verstärktem Maße aufgetreten und äußert sich zugleich
so bösartig, daß die meisten der davon befallenen Kinder
dieser gefährlichen Krankheit erliegen. — Das seltene
Fest der diamantenen Hochzeit feierten am Pfingstdienstag
in Wandsbeck der Pastor Dr. Johann Sigismund
Strodtmann und dessen Gattin, geb. Wulf. — Der
Maschinenschlosser O. Kirchner, in I tz e h o e bei der Marsch
bahn als Lokomotivführer angestellt, war gerade bey»
Putzen der Locomotive beschäftigt, als dieselbe sich,")
Bewegung setzte. K. wollte schnell aufspringen, dieS
gelang ihm aber nicht, er gerieth zwischen Thür und
Maschine, wobei ihm buchstäblich der Leib aufgerissen
und er sofort getödtet wurde. — Nachdem in Brasilien
die Sklaverei aufgehoben, wird man erst recht versuchen»
aus Europa resp. Deutschland billiges Menschenmateriol
dorthin zu ziehen. Es wird deshalb ganz besonders vor
einer Allswanderung nach Brasilien gewarnt. Wer erst
einmal als Arbeiter oder gar Erwerber *von billigen
Landstrecken angenommen, dort angelangt ist, ist gani
unrettbar verloren, denn die gesetzlichen Zustände sind
leider recht ungesetzlich in Brasilien. — Ein traurige»
Ereigniß spielte sich am Pfingstfeiertag auf Helgoland
ab. Ein mit dem Dampfer „Freia" dort angekommenes
ca. 20jähr. junges Mädchen wurde plötzlich von Irrsinn
befallen, riß sich die Kleider vom Leibe und wollte sieh
absolut ins Meer stürzen. Nur mit vieler Mühe gelang
es, die Rasende so weit zu beruhigen, daß man sie vor
läufig in einem Privathause unterbringen konnte.
sich aber ihr Zustand nicht besserte, sondern eher ver
schlimmerte, wurde die Unglückliche, die allein, ohire jeg
liche Begleitung nach Helgoland gereist war und deren
Personalien wegen ihres Zustandes bisher nicht festge
stellt werden konnten, auf Veranlassung des englische"
Gouverneurs unter sicherer Bedeckung nach Hamburg
zurücktransportirt und vorläufig im dortigen Kurhaķ
untergebracht.
Q Rendsburg, 3. Juni. In der am Freitag
stattgefundenen Sitzung der beiden Stadtkollegre"
sprach zunächst der Stadtverordnetenvorsteher He/
Justizrath Wiggers denselben seinen Dank şş
die ihm zu Theil gewordenen Ehrenbezeugungen ""
Anerkennungen aus. — Außer einigen Naş'
williguugen und Beschlußfassungen über Straßes
Pflasterung gelangte dann zur Mittheilung, daß d"
Ortsstatut über die Abgaben für Tanzbelustigmş
die Genehmigung der königlichen Regierung nunntty
erhalten habe und mit dem 1. Juli in Kraft trete
werde. Ueber die Höhe dieser Abgaben sind W,
früher Mittheilungen gemacht worden. — Die tu" >
von fast allen Städten von über 10,000 Einwoh"
und auch von Rendsburg an das Abgeordnetem)«'^
eingereichte Petition, um die Gewährung
Staatszuschusses zu den Polizeilasten ist wegen 3
frühen Schluffe« des Abgeordnetenhauses zurückgesa"
worden. u ,ri
□ Rendsburg, 4. Juni. Die Wahl des Lehre .
PeterS aus Lindhöft zum Küster und Lehrer hm'? ,
Stadt ist von der königlichen Regierung
worden. Wie wir indeß erfahren ist durch/'" .
hiesigen Lehrer Beschwerde beim Unterrichts»«"
erhoben. «n 0 á<
^ Rendsburg, 4. Juni. Am Freitag vor. "> „
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