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Seitens deutscher und englischer Holzsirmen in
Rußland beträchtliche Walddistrikte zum Abholzen
angekauft worden sind und man in russischen maß
gebenden Kreisen hierdurch eine allmähliche Ver
wüstung der Forstkultur befürchtet.
— Nur zu sehr sind die Grundsätze der Wahl-
freiheit gegenwärtig in den Hintergrund gedrängt.
Es gab eine Zeit, wo alle dergleichen Versuche auch
in den höchsten Kreisen des Staates auf das
Schärfste beurtheilt wurden. So schrieb am
4. Mai 1858 der Vater der Kaiserin Vik
toria, Prinz Albert, an den verstorbenen
König Wilhelm, damaligen Prinz von Preußen,
wörtlich Folgendes:
„Die Art der Wahlumtriebe, welche das Man-
teusfel'sche Ministerium sich das letzte Mal erlaubt
hatte, indem es alle Regierungsbehörden zu Wahl
agenten für seine Parte: herabwürdigte und miß
brauchte, hat bei allen patriotisch und rechtlich
Denkenden einen so tiefen und gerechten Abscheu
erregt, daß Du sowohl die Berechtigung als die
heilige Pflicht besitzest, eine Wiederholung dieser
Schmach unter Deinem Namen zu verbieten und zu
verhindern. Daß man aus der Popularität Deines
Namens bei der Gelegenheit auch politisch Kapital
wird schlagen wollen, muß erwartet werden. Die
Rettung desselben und Restitution an das Volk der
unbehinderten Ausübung des politischen Rechts,
welches der König in der Verfassung feierlich ver
liehen hat, wird aber ein Schatz reichen Segens für
Dich und für Preußen werden."
— Vom Prinzen Wilhelm. Als durchans
verbürgt kann die „Nat.-Ztg." die nachfolgende
kleine Geschichte erzählen: Aus den ersten Trauer-
tagen nach dem Tode des Kaisers wird folgender
echt kindlicher und zugleich echt hohenzollernscher Zug
von dem ältesten Sohne des Kronprinzen, dem
kleinen Prinzen Wilhelm, berichtet. Als n:an dem
selben mittheilte, daß der Urgroßvater todt wäre,
fragte er, was das heiße und was nun aus dem
Urgroßvater würde. Man sagte ihm, daß sein Leib
im Sarge ruhe und dann in die Gruft nach
Charlottenburg gebracht würde, und daß seine Seele
in den Himmel zu Gott ginge und er dort einen
neuen Leib bekäme. Ohne Besinnen fragte der
kleine Prinz: „Aber nicht wahr, seinen Säbel
nimmt der Urgroßvater doch mit in den Himmel?"
— Eine Reihe von Gnadenakten in Form
von Standeserhöhungen ist nächstens zu erwarten.
Man nennt bereits Persönlichkeiten, die in den
Fürsten- und Grafenstand erhoben zu werden
bestimmt sind.
Lauenburg, 21. März. Große Eisspren
gungen sind dieser Tage bei Geesthacht von
Pionieren auS Rendsburg vorgenommen. Die
Sprengung begann 200 Meter unterhalb der Hafen
mündung. Anfangs konnten die Arbeiten allerdings
nur langsam fortschreiten und der Laie wird dieselben
wohl nutzlos genannt haben. Es handelte sich aber
darum, durch das Eis, welches sich bis auf den
Grund festgesetzt, in der Richtung des Stromes
eine Rinne zu sprengen, durch welche der Stroni
in seine natürliche Richtung, von der er abgelenkt
war, geleitet wird. Es ist diese Riesenarbeit vor
züglich gelungen und schreiten die Arbeiten jetzt sehr
schnell..vorwärts. Es ist jetzt durch die theilweise
5 bis 6 Meter dicke Eisdecke eine 50 Meter breite
Rinne geschaffen und zwar von der genannten Stelle
mit Ueberspringnng zweier Blinken (Blößen, eisfreie
Stellen) bis Krömmel. Die ganze gesprengte
Strecke beträgt 3000 Meter. Die Arbeiten wurden
im Anfang noch besonders dadurch erschwert, daß
wenig Fahrzeuge vorhanden waren. Es sind im
Ganzen 27 Centner Pulver versprengt.
Aus Dömitz wird vom Freitag gemeldet: Das
Elend wird immer größer; neun Dörfer stehen unter
Wasser; für die Bewohner von Klein Schmölen
fürchtet man das Schlimmste. Häuser sind mehr
fach eingestürzt und Menschen getödtet worden. —
Einen großartigen, aber traurigen Anblick gewährt
Lenzen und seine Umgegend. Am 18. d. Mts. machte
sich langsam ein Steigen des Wasserstandes in der
Elbe, wie in der Löcknitz bemerkbar, welches in Folge
des Feststehens des Eises bei Dömitz plötzlich zu ei
nem gewaltigen Steigen überging. Die Löcknitz
strömte mit einem Male mit einer Schnelligkeit rück
wärts, wie man sie nur an Gebirgsströmcn bemer
ken kann. Am 19. begann die Löcknitz auS ihren
Ufern zu treten und die Fluren immer mehr mit
Wasser zu decken. Die niedrigen, außerhalb der
Stadt gelegenen Häuser wurden mit Wasser umge
ben und gefüllt. Ein reges Leben begann überall,
namentlich auf den Deichen der immer mehr wach
senden Elbe. Die Deichwachen zogen auf und suchten
den Damm zu schützen. Alles vergeblich! Am 20.
brach der Deich bei Kietz und Garz, am 21. bei
Kl. Wootz. Gewaltig dehnten sich die Fluthen über
die ganze Gegend aus, in einer Unfallsstelle sechs
Gehöfte mit sich fortreißend, lebendes und todtes
Inventar begrabend. In dem nrit am meisten be
drängten, unter Wasser stehenden Seedorf ging plötz
lich mitten in der Nacht zum 21. Feuer auf; man
mußte dies ohne Hilfe bringen zu können, ansehen.
Glücklicherweise brannte nur ein Gehöft ab. Sicht
bar stieg das Wasser zu einer Höhe tvie sie hier
noch nicht gesehen wordeu. Lenzen, Dömitz, Hitz-
acker und alle dazwischen liegenden Dörfer 50—60
an der Zahl, stehen theils mehr, theils weniger unter
Wasser. Menschen und Vieh sind auf die Böden
gebracht; vie Menschen sitzen auf Dachfirsten, Schorn
steinen und Bäumen, viele sind bereits ertrunken
und nnendlich ist der Jammer wo man hinblickt.
Menschen, Vieh und Inventar müssen in Kühnen
gerettet und nach höher gelegenen Stellen gebracht
werden. Nahrungsmittel fangen an zu fehlen und
zu der Wassersnoth tritt so stellenweis noch Hun
gersnoth.
Wittenberge» 25. März. Die Verheerungen,
welche die Ueberschwemmung in Lenzen und dem
fruchtbaren Marschland am rechten Elbufer an
gerichtet haben, sind ungeheuer. Das Jnundations-
gebiet wird auf zwei Quadratmeilen geschätzt.
Lenzen, ein Städchen von 3000 Seelen, ist zu
einer Hälfte überschwemmt, die auf den Höhen
gelegene andere Hälfte blieb unversehrt. Die um
liegenden Dörfer sind vollständig unter Wasser
gesetzt und haben furchtbar gelitten, namentlich
Wootz, wo der erste Deichbruch erfolgte, ferner
Rosendorf und Kietz. Zwischen Kietz und Unbesanden
erfolgte ein zweiter Dammbruch. Die unterhalb
liegenden Dörfer Befanden, Baartz und Gaartz
sind vollständig von Eis- und Schneemassen ein
gepackt und schwer erreichbar. Gestern versuchten
Pioniere mittelst Planken die bedrängten, von
Nahrung entblößten Bewohner der drei Dörfer zu
erreichen. Einige Personen wurden gerettet. Die
ärmeren Leute haben Alles verloren. Große Mengen
von Vieh sind umgekommen. Die Noth ist um so
entsetzlicher, als voraussichtlich Wochen vergehen
werden, bis das Wasser sich verlaufen hat. Aus
giebige Hilfe durch milde Spenden ist dringend
geboten.
Krefeld, 27, März. Wie die Kref. Ztg." mit
theilt, wurde am 20. ds., morgens, kurz nach 9 Uhr
im südwestlichen Theil der Stadt ein ziemlich heftiger
Erdstoß wahrgenommen, der die Fensterscheiben er
klirren ließ. Die Erschütterung wurde von mehreren
Seiten gleichzeitig konstatirt. Im Mittelpunkt der
Stadt wurde die Erscheinung nicht bemerkt. — In
Dortmund sind in der Nacht von Sonnabend
auf Sonntag gleichfalls Erdstöße wahrgenommen
worden.
Bonn, 23. März. Der Schaden, den der heutige
Brand der Minoritenkirche angerichtet hat,
wird in der „Köln. Ztg." wie folgt geschildert:
„Die Kirche ist bis an daS Dachgewölbe abgebrannt,
der Thurnl, der, wie es scheint, nahezu zerstört ist,
stürzte in den Dachstuhl der Kirche und bohrte durch
die Gewalt des Sturzes ein Loch in das Gewölbe.
Die Fenster der Kirche sind durch die Hitze stark
beschädigt. Bon dem angrenzenden Pfarrhaus ist
nur das obere Stockwerk zerstört, das Schulgebäude
ist fast ganz unverletzt geblieben. Am meisten ge
litten hat die Stallung und das Hintergebäude des
Gasthauses „Zum goldenen Stern".
Hahnau, 27. März. Unsere Stadt hat in dem
projektirten Regulativ über die Erhebung der Luxns-
und Vergnügungssteuer unter andern: auch eine
Steuer gelegt auf Kirmeß-, Wild-, Geflügel- und
Fischessen in Höhe von 1 Mark und eine Steuer
auf Schweineschlachten und Wurst essen
in Höhe von 50 Pfennigen. Bei der Diskussion
in der Stadtverordneten-Versammlung befürwortete
ländliche Gemälde herab, dort aber erwartet uns
eine Fülle von Licht, ein sicherlich nicht zu verach
tendes Diner, endlich ein superber Cyperwcin, nach
dessen Bekanntschaft es mich verteufelt gelüstet!"
(Fortsetzung folgt.)
Vermischtes.
— Einem großartigen Betrüge» der seit
9 Jahren an der Stadtgemeinde in Posen verübt
wurde, ist Letztere vor einigen Tagen durch einen
Zufall auf die Spur gekommen. Eine Fabrik,
welche viel Wasser verbraucht, hatte sich, um die
hohen Kosten für das nothwendige Wasser zu
verringern, heimlich außer dem Rohre, dessen
Verbrauch durch den Wassermesser angegeben wird,
noch ein zweites ziehen lassen und daraus während
des ganzen Zeitraumes so viel Wasser entnommen,
daß sich der Schaden für die Stadtgemeinde auf,
wie erzählt wird, 70,000 Mark beläuft. Der
Betrug soll durch den Arbeiter herausgekommen
sein, welcher damals das Rohr eingezogen hatte,
ohne eine Ahnung von dem Unrechtmäßigen seines
Thuns zu haben.
— Unsere Dienstboten. Nach einem großen
Diner ist die Frau vom Hause damit beschäftigt,
die Silbergeräthe und kostbaren Kristallgläser unter
Assistenz des Kammerdieners wieder in den Schrank
zu stellen. „Ach, diese großen Gesellschaften sind
doch zu traurig", bemerkt die Gnädige, „man findet
gar kein Ende, bis man wieder Alles an seinen
richtigen Platz gestellt hat." — Gnädige Frau haben
ganz Recht", erwidert „Jean", „es ist doch am ge
müthlichsten, wenn wir ganz unter uns sind."
— Eine Riesenarbeit haben die Berliner Tele-
graphenbeamten in den Tagen nach dem Hinscheiden
des Kaisers zu bewältigen gehabt. Schon in den
Nachmittagsstunden des 8. war der Andrang zum
Haupt-Telegraphenamt ein ganz ungewöhnlicher.
Als sich um etwa 5 Uhr die irrige Nachricht von
dem Dahinscheiden des Kaisers verbreitet hatte,
wurden in kürzester Frist mehrere Hunderte von Tele
grammen bezüglichen Inhalts aufgegeben, aber auf
Befehl des Chefs angehalten, da keinerlei amtliche
Bestätigung der Nachricht vorlag. Der Gesammt-
verkehr am 8. belief sich auf 29 878 Telegramme
mit 799 926 Worteu. Am 9. März erreichte der
selbe die in Berlin noch nie dagewesene Zahl von
35 615 Telegrammen mit 1115 551 Worten in
den verschiedensten Sprachen und nach allen Welt
theilen. Sämmtliche irgend verfügbare Beamte
waren herangezogen, alle Apparate, auch die des
an diesem Tage geschlossenen Börsenamts, waren
zur Bewältigung dieser Massen in Thätigkeit. Die
Zahl der in den schlimmsten Stunden im großen
Betriebssaal gleichzeitig beschäftigten Beamten belief
sich auf 346 Köpfe, die der Apparate auf 230
Stück. Daß es rastlosen und schnellsten Arbeitens
bei Tag und Nacht bedurfte, um den Andrang zu
bewältigen, ist selbstverständlich. Jeder setzte die
letzte Kraft ein. Am Abend des zweiten Tages,
als die Hauptmassen im Wesentlichen abgewickelt
waren, ließ Staatssekretär Dr. von Stephan,
welcher zu verschiedenen Malen im Apparatensaale
anwesend war, für einen Moment das Wartezeichen
geben und hielt folgende Ansprache: „ Meine Herren!
Die Sekunden sind kostbar an dieser Stätte. Ich
will daher nur in kurzen, aber deshalb nicht minder-
warm empfundenen Worten dem Dank und der
Anerkennung Ausdruck geben, welche Ihren unge
wöhnlichen Anstrengungen in diesen schweren Tagen
gebühren. Wir haben schon manchen schweren Tag
gesehen — einen schwereren nicht. Daß Sie der
außerordentlichen Anforderungen Herr werden
würden, wußte ich. Die Art aber, in der es ge
schehen ist, kann nur zu dem Ruhm deutschen
BeamtenthumS beitragen. Durch solche Pflicht
erfüllung ehren wir das Andenken des großen
Todten am besten: wir folgen dem erhabenen
Beispiel, das er stets im Leben gegeben hat. Mögen
solche Gesinnungen nie ansstcrben an dieser Stätte!"
Ratmann Pole ganz besonders die Steuer auf
Schweineschlachten, da wöchentlich oft 3 bis 4
Wnrstpikniks stattfänden, wodurch sich geradezu eine
Unsitte herausgebildet habe. Der Magistrat hatte
für Schweineschlachten und Wurstessen 1 Mark
Steuer beantragt. Für derartige Essen, die allgemein
als „Bergnügungs-Effen" bezeichnet wurden, wird
die Steuer erhoben, gleichviel ob die Bekanntmachung
durch das Blatt erfolgt oder ob hierzu durch Cirkular
eingeladen wird. Unseres Erachtens geht eine
derartige Besteuerung zu weit. Die Gemeinden
haben überhaupt nur das Recht, öffentliche
Lustbarkeiten einer Besteuerung zu unterwerfen.
Wohlhabende Personen können sich in engen Privat
zirkeln jeden Luxus und jedes Vergnügen steuerfrei
erlauben. Uni so mehr sollte man sich hüten,
erlaubte und unschuldige Genüsse in minder wohl
habenden Kreisen mit Kommunalabgaben zu belasten.
Das führt zu sehr bedenklichen Consequenzen!
Hamburg, 20 März. Der Anschluß unserer
Stadt an das deutsche Zollgebiet und die dadurch
bedingte Umgestaltung der Wasserstraßen
in der inneren Stadt legen dem Senate die
Pflicht auf, dafür zu sorgen, daß diese Wasserwege
auch in jeder Jahreszeit dem Verkehr der See- resp.
Flußschiffe zugänglich sind. Die strenge Kälte der
letzten Wochen hat nun aber durch die enorme Eis
bildung den Schifffahrtsverkehr auf den Kanälen
oder sogenannten Fleethen, welche von der Elbe zur
Alster und an den Lagerspeichcrn unserer Kaufmann-
schaft vorbeiführen, vollständig lahmgelegt, so daß
ein Aufnehmen oder Absetzen von Waaren zu Wasser-
unmöglich gewesen ist. Eine derartige Beschränkung
des Verkehrs muß nach dem Vollzüge des Zollan
schlusses mit allen Mitteln vernneden werden, da
eine große Anzahl von Speichern in dem neuen
Freihafengebiete ahne unerschwingliche Spesen zu
Land überhaupt nicht zu erreichen ist, so daß die
Inhaber solcher Speicherräume ihren günstiger situirten
Konkurrenten gegenüber zur Unthätigkeit verurtheilt
wären. Der hambnrgischc Staat besitzt nun aller
dings zwei „Eisbrecher", das heißt zwei Dampfer,
die kräftig genug gebaut und mit einer ausreichend
starken Maschine ausgerüstet sind, um die Fahrrinne
im Elbstronl selbst bei stärkstem Froste offenhalten
zu können. Diese Dampfer sind aber zur Offen
haltung der Fleethe und Kanäle in der inneren Stadt
nicht zu verwenden, weil ihre hohe Konstruktion ein
Fahren unter den Brücken hindurch nicht gestattet.
Der Senat beantragt deßhalb bei der Bürgerschaft,
ihm die Mittel für den Bau zweier kleinerer Eis
brecher zum Dienst auf den Kanälen bewilligen zu
wollen. Bei dieser Gelegenheit möge erwähnt sein,
daß unsere beiden bisherigen großen Eisbrecher für
den Dienst auf dem Elbstrome auch kaum mehr aus
reichen, und daß man in nautischen Kreisen der An
schaffung eines dritten großen Eisbrechers bereits
erörternd näher getreten ist, man hat jedoch diese
Erörterung abgebrochen, weil die Bürgerschaft in der
Berathung des erwähnten Senatsantrages voraus
sichtlich auch der Osfenhaltnng unserer Stromrinne
für die Secdampfer näher treten wird.
Hamburg, 21. März. Ein historisch-denkwürdiges
Haus besitzt Hamburg in dem Hause am Hopsen
markt Nr. 2. Am 24. d. sind, wie die „H. N."
mittheilen, 40 Jahre verflossen, daß der verstorbene
Kaiser Wilhelm, damals noch Prinz von Preußen,
auf seiner Reise von Berlin nach London, in ge
nanntem Hause, welches zu jener Zeit von dem
königlich-preußischen General-Consul O'Swald das
Diner einnahm und Nachts vom Hinterhause aus
seine Einschiffung bewerkstelligte, in einen: Boote die
Elbe hinabfuhr und bei Dockenhuden an Bord eines
englischen Dampfers ging, um seine Weiterreise nach
London fortzusetzen.
Hamburg, 26. März. Die anhaltende Arbeits
losigkeit hat hier wieder::::: einen argen Nothstand
hervorgerufen. Allein bei den kleineren Leih
ämtern sind so viele Gegenstände in Versatz ge
bracht, daß sic keinen Raum mehr haben, dieselben
unterzubringen und beziffert sich der Werth derselben,
welche allein im letzten Monat untergebracht wur
den, auf 200,000 Mk.; an den großen staatlichen
Lcihinstituten ist dabei noch gar nicht die Rede. In
Folge dessen rüstet sich wieder die Privatwohlthätig-
keit zur Unterstützung der Noth. Daß dieselbe aber
bei wirklich dringender Nothlage, die eine ernstere
Gestalt annimmt und länger anhält, sich durch
greifend bewährt, ist kaum zu erhoffen.
Wilster, 21. März. Die kafferliche Kanal-Com
mission in Brunsbüttel will die Ausführung und
den Betrieb einer Ziegeleianlage, welche monatlich
mindestens 800,000 gute Mauersteine zu liefern
vermag, auf den seitens der Canal-Commission zu
überweisenden Grundstücken an der Elbmündung des
Nord - Ostsee - Canals bei Brunsbüttel, unter Be
nutzung der beim Canalbau gewonnenen Ziegelerde
an einen Unternehmer übergeben und ist Termin
für den 17. Mai festgesetzt. Wie uns aus guter
Quelle versichert wird, ist der auf Canal-Terrain
gegrabene Thon vorzüglich geeignet für Ziegel-
Fabrikation. (S. N.)
Kiel, 25. März. Wie das „Kiel. Tgbl." ver
nimmt, ist Herrn Dr. N cub er in Kiel die Ehre
zu Theil geworden, daß der Reichskanzler Fürst
Bismarck als Taufpathe für seinen im Laufe der
letzten Woche getauften Sohn fungirt und sich bei
der Taufe durch Herrn Dr. Neuber hat vertreten
lassen. Diese Auszeichnung ist von um so größerer
Bedeutung, als der Fürst-Reichskanzler es bisher
stets abgelehnt hat, außerhalb des Kreises seiner
Familie eine Taufpathenschaft zu übernehmen. (Herr
Dr. Neuber hatte kürzlich an einem Enkel des
Fürsten Bismarck eine glückliche Operation vorge
nommen, so daß die übernommene Pathenschaft als
eine Dankesbezeugung aufzufassen ist.)
Kiel, 22. März. Unter den 31 Reichstags-
Abgeordneten, welche untern: 19. März den Antrag
bettn Reichstage einbrachten, den Reichskanzler zu
ersuchen, eine Vorlage behufs Errichtung eines Denk
mals für den hochseligen Kaiser Wilhelm, den
Gründer des deutschen Reiches, zu machen, befindet
sich auch der Vertreter unseres hiesigen Wahlkreises,
Professor Dr. Hänel.
Flensburg, 20. März. Der scharfe anhaltende
Frost der letzten Wochen hat unter dem Wildstand
der hiesigen Gegend gewaltig aufgeräumt. So sind
in den fiskalischen Hölzungen bei Glücksburg in den
letzten Wochen nicht weniger als 6 Rehe verendet
vorgefunden. Merkwürdigerweise sind in diesen Höl
zungen keine Futterungsplätze für das Wild ein
gerichtet.
FlenSdurg, 24. März. Am 19. d. Mts. ent
rollte eine Gerichtsverhandlung vor der Strafkammer
des Königlichen Landgerichts hieselbst ein Bild
grenzenloser sittlicher Verworfenheit.
Die Frau des Arbeiters Jensen in Kjelstrupholz
bei Gravenstein hatte ein uneheliches Kind, einen
hübschen, kräftigen Knaben, in die Ehe gebracht.
Dieser jetzt 3jährige Knabe war offenbar den Eltern
im Wege und sie vernachlässigten denselben daher
auf jede denkbare Weise. Nicht allein, daß die Er
nährung eine durchaus unzulängliche war, auch die
nothwendige Reinlichkeit wurde dem Kinde nicht zu
Theil. Dahingegen wurde der bedauernswerthe
Knabe täglich auf das Unbarmherzigste gezüchtigt.
Schließlich schritten die Nachbarn ein und meldeten
den Thatbestand dem Hardesvogt in Gravenstein,
auf dessen Veranlassung der Arzt Dr. Jahn sich
über den Zustand des Knaben informiren mußte.
Derselbe fand ein völlig entkräftetes, verkommenes
und verschüchtertes Kind vor, dessen Arme nicht dicker
wie ein Mannesfinger waren, während dasselbe sich
früher offenbar in einem guten Ernährungszustände
befunden hatte. Am Kopf, an den Füßen und an:
Rücken waren tiefe Löcher, welche augenscheinlich von
Schlägen herrührten. Das Kind wurde zur Hei
lung nach der Diakonissen-Anstalt in Flensburg ge
schickt, wo dasselbe jetzt nach dreimonatlicher Behand
lung sich sichtlich erholt hat; eine Zehe hat ihm
allerdings abgenommen werden müssen. Ob das
Kind jemals wieder seine frühere Gesundheit erlangt,
konnte der Anstaltsarzt nicht mit Zuversicht behaupten.
Die unnatürlichen Eltern wurden zu je 3 Jahren
Gefängniß verurtheilt.
-f- Neumünster, 22. März. Die heute stattge
habte Gedächtnißfeier für unsern verstorbenen Kaiser
Wilhelm in der Kirche war so stark besucht, daß
gar nicht alle Besucher Platz fanden und verschiedene
Personen wieder umkehren mußten. Auch der Aktns
im Progymnasium hatte guten Besuch gefunden und
verlief sehr würdig. Ebenfalls war in allen Schulen
eine angemessene Schulfeier veranstaltet. — Die
hiesige städtische Fortbildungsschule ist im letzten
Sommer von 93 Erwachsenen und 91 Knaben, im
letzten Winter von resp. 146 und 94 besucht. &
ist dies der höchste Besuch seit Bestehen der Anstalt.
Die Anstalt wird vom Hauptlehrer W. Tanck gc-
leitet und unterrichten an derselben fünf Lehrer und
ein Zimrnermeister. In: letzten Winter ist die Zahl
der Klassen der Schule um eine Fachklasse für Ban-
Handwerker vermehrt. Zu den Unterhaltnngskoste»
der Schule zahlt die Stadt 1500 Mk., der Staai
1308 Mk., Zuschüsse geben die Sparkasse und der
Bolksbildungsverein, auch aus dem Ueberschusse de»
Landes-Jndustrie-Lotterie hat die Schule im letztes
Jahre 500 Mk. erhalten. Das Schulgeld betrüg!
für Erwachsene 5 Mk., für Knaben 4 Mk. p>»
Semester.
Linder», 21. März. Auch am hiesigen O'ck
beabsichtigt man eine Aktienbrauerei zu gründen.
Gestern Abend fand eine konstituirende Versamm
lung dafür in Stadt Han:b::rg hiersclbst statt. Dir
Ausführung deS Baues ist auf 250,000 Mark ver
anschlagt, wovon 100,000 Mk. als hypothekarisch^
Darlehn zu 3 '/ 2 pCt. Pro Jahr angeboten worden
sind. 19 Mitglieder zeichneten gleich 48,000 Tsiķ.
und stellten eine weitere Unterbringung von Actic»
von 1000 Mk. in Aussicht. Die Eintragung iR
Handelsregister tvurde gleich bewirkt. Der Ba»
wird seinen Platz in der Nähe des neuen Bahnhoff
erhalten und beginnen, sobald die Actien an de»
Mann gebracht sind.
HD Stapelholm, 22. März. Zur Zeit schwebe»
wieder Verhandlungen mit der Oberpostdirection i»
Kiel über die zweckmäßigste Postverbindung zwische»
den einzelnen Dörfern der hiesigen Landschaft unter
einander und mit den benachbarten Städten Fried
richstadt, Schleswig und Rendsburg. Wenngleff
man dieselbe schon öfter verändert hat, so trete»
bei dem bestehenden Postverkehr doch immer wirk»'
Mängel'hervor, sowie auch von Seiten des Pud
likunis neue Projekte laut werden. So wird şş
auch wiederum der Plan in Erwägung gezogen, eim
direkte Postverbindung von Süderstapel nach Schlş
wig und Rendsburg einzurichten, dessen Verwirk
lichnng sehr im Interesse des Publikums tväre.
—n. Jevenstedt, 25. März. Heute wurden 'ļļ
hiesiger Kirche durch Herrn Pastor Schmidt a»(
Haludorf 86 Kinder confirmirt, 53 Knaben u»°
33 Mädchen. — Am Charfreitage, sowie am erst^
Ostertage wird der Gottesdienst hieselbst durch ^ 1 '
vor Kurzen: in Breklun: examinirten Missions;^'
ling, Herrn Gloyer, abgehalten werden, dagess"
an: zweiten Ostertage Herr Pastor Kröger a»-'
Hohn die Predigt halten.
Osterrönfeld, 26. März. Gestern Mittag eItf ,
stand in der Käthe des Tischlers N e w e Feuer u».
wurde das Gebäude völlig zerstört. Das ķch,
wurde ausschließlich gerettet und auch zum großes
Theile das todte Inventar. Die Entstehungsurs»'
des Feuers konnte noch nicht festgestellt werden.
ş tzauera«, 24. Mürz. Mit dem heutig
Nachmittagszugc unserer West-Holst. Effnşş,
wurden wieder 8 Wagenladungen gemästeter O^s
nach Han:burg befördert und wurde der Zug deķ,
auch von 2 Locomotiven geführt. In der gaķ
Woche ist jeden Tag fast mit den Nachmittags;!'^
Vieh befördert worden. Die GenossenschaftsMffch,.
im benachbarten Thaden gedenkt noch im Ansi^
Juni ihren Betrieb eröffnen zu können. Desm
soll von einer fachmännisch gebildeten Persönlich,,
geleitet werden. Der Betrieb ist ein beschrank' ,
als Centrifuge ist die große dänische gewş
150 Kühe sind bereits angemeldet.
<I> Torenbüttel. 23. März. Die Kon«'",
des benachbarten Haale hat beschlossen, die 3 l ’ļļ ;
Nutzung auf ihrer Feldmark 1000 ha. groß, Li
1. Mai d. I. auf niehrere Jahre zu verpaß
und zu dem Zwecke einen Termin auf den 5.
in der Holm'schen Gastwirthschaft anberaumt.