I
strats und der Stadtverordnetenversammlung ange
than mit ihren Amtsketten, mit Mühe überhaupt
bis zum Dom gelangt waren, befanden sich vor
demselben in ähnlicher Lage, wie 24 Stunden vor
her die Abgeordneten, obgleich inzwischen über die
Behandlung dieser bereits öffentlich Beschwerde er
hoben war. Einer kleinen Anzahl der Herren ge
lang es, in den Dom hinein zu kommen; der großen
Mehrheit wurde die Thür vor der Nase zuge
schlagen und nach längerem Harren erklärt, jetzt sei
die Zeit für den Besuch der Kirche vorüber, sie
könnten nach Hause gehen. — Der jüngste Leut
nant, ja sogar der Kadett fand in den letzten Tagen
ohne Schwierigkeit sofort Einlaß in den Dom, Volks
vertreter und städtischen Behörden aber haben nach
vielstündigem Harren in Wind und Wetter abziehen
müssen zu einer Zeit, für welche sie besonders ein
geladen waren. Daß die Trinkgeld er wirth
schaft alle Tage hindurch in höchster Blüthe stand,
um durch Kutscher, Bediente, Lakaien, sowie durch
Connexionen jeder Art ungehindert jederzeit in den
Dom zu gelangen, sei nur beiläufig erwähnt. —
Ein Abgeordneter schreibt hierbei dazu:
„Von Kollegen, welche gestern Abend nach stunden
langem Kampfe in den Dom gelangten, wird mir mit
getheilt, daß die Situation der vor der Domthür ange
sammelten Menge, die ohne jeden Versuch der Bildung
einer Chaine von allen Seiten nach dem engen Eingänge
zustrebte, ganz besonders durch die Haltung einer Co-
lonne Kürassiere erschwert worden sei, welche sich
erheblich vor 12 Uhr, also vor Ablauf der für den Zu
tritt der Reichstagsabgeordneten festgesetzten Zeit, Bahn
nach der Thüre brach und damit eine geradezu lebens
gefährliche Zusammendrückung des übrigen Publikums
herbeiführte. Auch Offiziere, die in dem Gewühl standen,
konnten hiergegen keine Hilft schaffen. In dem Gewühl
befanden sich manche hervorragende Abgeordnete und
hohe Staatsbeamte, z. B. Minister v. Bötticher.
In beiden Parlamenten wurde heute erzählt, daß selbst
der Präsident v. W e d e l l - P i e s d o r f f mit seiner Gattin
vergeblich versucht haben, den Eintritt zu gewinnen."
— Ein höherer Offizier kommandirte nach
einem Bericht der „Nat.-Ztg." dem Militär am
Mittwoch Abenh vor dem Dom unter Hinweis auf
die Menge „durch", und so erfochten diese Mann
schaften einen Sieg, welchen man in den Annalen
der Geschichte wohl nicht verzeichnen wird.
— Sogar daS Organ des Reichskanzlers, die
„Nordd. Allg. Ztg.", hält sich über die Berliner
Polizei auf. Den Zeitungen sei keinerlei Er
leichterung zu Theil geworden, um über die allgemein
getroffenen Dispositionen auch nur belehrt zu werden.
Der Verkehr sei in überflüssiger Weise schweren
Einschränkungen unterworfen geivesen, und am meisten
und schwersten hätte jener Theil der Bevölkerung
zu tragen haben, welcher in den abgesperrten Straßen
seine Wohnung oder Geschäftslokale inne hatte.
Berlin» 17. März. Der Reichskanzler hat auf
die erste offizielle Mittheilung von der unwürdigen
Behandlung, welche die eingeladenen Abgeordneten
und Bundesrathsniitglieder Mittwoch Abend vor
dem Dom erfahren haben, sofort persönlich eine
strenge Untersuchung eingeleitet.
— Aus der Zeit des Regierungsantritts des
Kaisers Wilhelm sind auch zwei Ansprachen
vorhanden. Die Ansprache an das Ministerium,
welche also nicht blos eine Ansprache an den
Ministerpräsidenten war, erfolgte am 8. November
1858 und enthielt die Sätze:
„Vor Allem warne ich vor der stereotypen
Phrase, daß die Regierung sich fort und fort
treiben lassen müsse, liberale Ideen zu ent
wickeln, weil sie sich sonst von selbst Bahn brächen.
Gerade hierauf bezieht sich, was ich vorhin Staats
weisheit nannte. Wenn in allen Regierungshandlungcn
sich Wahrheit, Gesetzlichkeit und Konsequenz ausspricht,
so ist ein Gouvernement stark, weil es ein reines Ge
wissen hat, und mit diesen hat man ein Recht, allem
Bösen kräftig zu widerstehen.
Eine der schwierigsten und zugleich zartesten Fragen,
die ins Auge gefaßt werden muß, ist die kirchliche, da
auf diesem Gebiete in der letzten Zeit viel vergriffen
worden ist. Zunächst muß zwischen beiden christlichen
Confessionen eine möglichste Parität obwalten. In
beiden Kirchen muß aber mit allem Ernste den Be
strebungen entgegengetreten werden, die dahin
abzielen, die Religion zum Deckmantel politischer Be
strebungen zu machen. In der evangelischen Kirche
wir können es nicht leugnen, ist eine Orthodoxie
eingekehrt, die mit ihrer Grundanschauung nicht ver
träglich ist und die sofort in ihrem Gefolge Heuchler
hat. Die Orthodoxie ist dem segensreichen Wirken der
evangelischen Union hinderlich in den Weg getretert,
und wir sind nahe daran gewesen, sie zerfallen zu
sehen. Die Ausrechthaltung derselben und ihre Weiter
beförderung ist mein fester Wille und Entschluß, mit
aller billigen Berücksichtigung des konfessionellen Stand-
Î unktes, wie dies die dahin einschlagenden Dekrete vor
treiben. Um diese Ausgabe lösen zu können, müssen
die Organe zu deren Durchführung sorgfältig gewählt
und theilweise gewechselt werden. Alle Heuchelei,
Schcinheiligkeit, kurzum alles Kirchenwescn
als Mittel zu egoistischen Zwecken, ist zu ent
larven, wo cs nur möglich ist. Die wahre Reli
giosität zeigt sich im ganzen Verhalten des Menschen;
dies ist immer ins Auge zu fassen und von äußerem
Gebühren und Schaustellungen zu unterscheiden.
— Die „Kölnische Zeitung" entblödet sich nicht,
an der Spitze einer Beschreibung der Beisetzung des
Kaisers Wilhelm noch zu bemerken: „Niemand weiß
zu sagen, wie lange der Engel des Todes,
der im Hohenzollernhaus soeben den Stamm und
kurz vordem ein so herrliches Reis gebrochen hat,
nunmehr fern bleiben werde." —■ Sogar
die Franzosen halten sich über das Treiben der
„Köln. Ztg." auf. Der „Temps" spricht von der
„zweifelhaften Loserhebung", welche die „Köln.
Zeitung" in dem bekannten Artikel über den Ge
sundheitszustand des Kaisers Friedrich demselben
gewidmet habe. Die „Kölnische Zeitung" erwidert
nun heuchlerisch, daß „das Vaterland schwere Schick
salsschläge zu ertragen vermag, wenn es auf Grund
wahrheitsgetreuer Berichte sich gewöhnt, dem Un
vermeidlichen inS Auge zu sehen"! Das sind die
Reptile, die nicht das von Gott eingesetzte monar
chische Princip hochhalten und vertheidigen, sondern
dem jeweiligen Willen des jeweiligen Ministers
unterthänigst zu Füßen wedeln, dabei aber sich unter
stehen, dem Liberalismus demokratische Unfugbe
strebungen in die Schuhe zu schieben. Der Libera
lismus bewährte sich gerade in dieser schweren Zeit
als treue Stütze des Thrones, die Reptilienväter
dienen nur den Intentionen der jeweiligen Minister.
— Aul 13. d. M. ist Generalmajor Dr. Phil.
Franz Geerz in Berlin gestorben. Franz Hein
rich Geerz ist den 2. Juni 1816 in Schleswig ge
boren. Durch eigenes Selbststudium, nicht auf dem
bequemen Wege der Gymnasialbildung, welchen die
ärmlichen Verhältnisse ihm verschlossen, ist er zu der
anerkannten Höhe wissenschaftlicher Bedeutung empor
gestiegen. Als 1848 der Krieg ansbrach, wurde der
genaue Kenner des Landes zum Oberquartier
meister der schleswig-holsteinischen Armee ernannt
und ward gleichzeitig Major im Generalstab. Wäh
rend der Feldzüge lernten ihn die verschiedenen ein
ander folgenden Oberbefehlshaber kennen, was zur
Folge hatte, daß er nach Auflösung der Armee
„wegen seiner guten Eigenschaften und erlangten
Kenntniß" 1852 als Hauptmann in der topographi
schen Abtheilung des großen Gcneralstabes angestellt
ward. Hier rückte er im Laufe der Jahre in die
höheren Chargen ans und wurde 1875 Oberst und
Chef der kartographischen Abtheilung des großen
Generalstabes. Schon seit 1864 war er von einem
schweren Augenleiden heimgesucht, dennoch führte er
sein Amt noch 18 Jahre lang in nnunterbrochener
Arbeit fort, bis er sich 1882 genöthigt sah, seine
Entlassung zu suchen. Am 13. Juni erhielt erhielt
er dieselbe, indem er als Generalmajor zur Dispo
sition gestellt ward.
Grünberg i. Schl., 17. März. Bei Saab or
sind vier O d e r d a m m b r ü ch e erfolgt. Die Ge
fahr ist aufs Höchste gestiegen: die Ortschaft
Hammer ist außerordentlich gefährdet. Die Kälte
erschwert die Rettungsarbeiten. Bei T s ch i ch e r z i g
traten bedenkliche Eisversetzungen und eine gefahr
drohende Hochfluth ein.
Altenburg, 15. März. Wie die „Landesztg."
meldet, gewährt Herog Ernst sämmtlichen Mit
gliedern des HoftheaterS die in Folge der Reichs
trauer ausfallenden zwei Drittel der Monatsgage
(1500 Mark) aus seiner Privatschatulle.
Aus Sachsen, 14. März. Ein höchst bedauer
licher Nothstand ist unter den H ausarLeitern
der Strumpfwirkerbranche in Kruinmher-
mersdorf bei Flöha ausgebrochcn. Bisher verdiente
ein Arbeiter mit einem Handstuhl 2 bis 3 Mk.,
auf einem eisernen Stuhl 8 bis 9 Mk. wöchentlich.
Jetzt aber ist eine Arbeitslosigkeit eingetreten, in
große Summen, lediglich, damit er ihnen gestatte,
das köstlich frische Mädchengesicht mit dem Rahmen
von wirrem Goldhaar und den großen, schüchtern
neugierigen Augen auf ihre Leinwand zu bannen;
bis mitten aus dem Herzen des Landes kamen die
Menschen daher, einfach, um den kleinen Wildfang
anzuschauen, wenn er in seinem kurzen Röckchen
einem flüchtigen Schmetterlinge nachjagte oder
schlummernd im tiefen Grase lag. Was mußte
Sobeïde also erst werth sein, nachdem er, Mr.
Stedmann, sie zu einer wohlerzogenen, jungen Dame
gemacht?!
(Fortsetzung folgt).
Kaiser Friedrich's Heimfahrt.
(Aus der „Nation".)
Was lauscht das Volk und flüstert bang?
Es rollt ein Zug am Felsenhang,
An dem die Wogen branden.
Die Kunde ging durch alle Welt:
Darinnen fährt ein kranker Held "
Nach seinen fernen Landen.
Doch wo der Weg nach Norden geht,
Des fremden Volkes König steht
Und blickt mit ernstem Angesicht
Dem wehenden Rauche nach und spricht:
Gott schütze den deutschen Kaiser!
Durchs weite Blachfeld eilt der Zug,
Wo einst ein tausendfacher Fluch
Verwünscht den deutschen Namen,
Wo deutsche Kaiser die Städte verbrannt,
Mit Blut gedüngt das reiche Land,
Zertreten der Freiheit Samen.
Da läuft am Weg das Volk zu Haus,
Vom Acker schaut der Bauer auf,
Und wie er den Wagen des Fürsten erkannt,
Erhebt er zum Gruße die braune Hand:
Gott schütze den deutschen Kaiser!
In Felsenengen kommt die Nacht,
Das Dampfroß keucht durch bleiche Pracht
Beeister Bergeswände.
Doch abwärts donnert Räderschlaa
Und froh erhellt der junge Tag
Ein breites Fruchtgelände.
Doch ruft der Held, die Wange bleich,
Doch hellen Aug's: „Mein Volk, mein Reich!" —
Und neben ihm die treue Frau
Spricht leis, den Blick im Himmelblau:
Gott schütze den deutschen Kaiser!
O Deutschland, dem ich mich verlobt.
Du Land, des Treue wir erprobt
Im Leid, das uns betroffen!
Es kommt dein Fürst mit hohem Muth,
Wahrheit und Recht sein höchstes Gut,
O Deutschland, hilf mir hoffen!" —
Und wo ein deutsches Herze schlägt
Und Dankbarkeit und Liebe hegt
Aus jeder Brust zum Himmel fleht
An diesem Tag nur ein Gebet:
Gott schütze den deutschen Kaiser!
Und weiter und weiter das Dampfroß saust,
Auf öder Fläche der Schneesturm braust,
Die Nacht umhüllet die Wagen.
Und angstvoll fragt es im weiten Reich
Und schaut ins Dunkel sorgenbleich:
Wie mag er das Wetter ertragen?
In Aengsten harret die Kaiserstadt,
Doch wie er die Heimath gefunden hat,
Da schlägt gewaltig Deutschlands Herz,
Ein einziger Ruf dringt himmelwärts:
Gott schütze den deutschen Kaiser!
C. Aldenhoven.
Der Winter.
Wenn die Schneeflocken lustig in Menge
Durch die Lüfte vollführen den Tanz,
So bedeutet dies Milde, nicht Strenge
Von der höchsten Verwaltungsinstanz.
Ob das Harteis den Fluß auch befestigt,
Kommt der Frühling, so löst es sich auf:
Wird die Freiheit mit Fesseln belästigt,
Nimmt sie doch den natürlichen Lauf.
Schon der „Reif" bringt uns „frei" auf Gedanken,
Sie ertragen unmöglich den Zoll;
Wer sich reif fühlt, hält selbst seine Schranken,
Denn er weiß, was er will — was er soll!
Louis Schwartz.
Folge deren von den 2400 Einwohnern jener Ort
schaft nicht weniger als 600 der öffentlichen Unter
stützung bedürfen. Unter letzteren befinden sich, wie
wir einem amtlichen Berichte des „Flöhaer Anz."
entnehmen, 166 Familienväter und 4 arbeitsun
fähige ledige Personen. In einer am 10. d. M.
stattgehabten außerordentlichen Sitzung des Bezirks
ausschusses der Amtshauptmannschaft Flöha ist des
halb die Errichtnng einer Suppenanstalt auf Rech
nung des Bezirksverbandes beschlossen worden, ivelche
allwöchentlich einen Aufwand von 270 Mk. erfor
dern wird, auch wurden aus dem Bezirksvermögen
2000 Mk. zur Linderung des Nothstandes bewilligt.
Obgleich dies Alles durchaus unzureichend ist, er
klärte doch der Kreishauptmann Freiherr v. Hausen
in jener Sitzung des Bezirksausschüsse«, daß der
Staat in diesem Falle nicht eingreifen werde,
weil er bei ähnlichen Nothständen schlimme Erfah
rungen gemacht habe. Diese Erklärung erscheint uns
um so seltsamer, als man der „nothleidcnden Land-
wirthschaft" wiederholt auf dem Wege der Gesetz
gebung Hilfe hat angedeihen lassen.
Lübeck, 15. März. Ueber das Vermögen des
flüchtig gewordenen Tabakfabrikanten Thören derg
ist der Konkurs eröffnet worden. Der Unter
bilanz beträgt gegen 200,000 Mark.
Schleswig-Holstein, 16. März. Die Königl. Re
gierung hat folgende Entscheidung getroffen, die auch
in Rendsburg weitere Kreise interessiren dürste:
„Einfache Prolongationen, d. h. Versicherungen des
selben Gegenstandes ans neue Zeit sind nicht be
sonder« polizeilich zu genehmigen. Auch Nachversi
cherungen auf einzelne Gegenstände, wenn die
selben nicht von erheblichen oder überwiegendem
Werthe in Verhältniß zur übrigen Versicherung sind,
bedürfen keinerlei polizeilichen Genehmigung".
= Eckernförde, 17. März. Zn dem dies
jährigen 2. Lehrerexamen, welches am 15. d. M.
begann und heute Mittag geschlossen wurde, hatten
sich 30 Lehrer eingcfnnden. Für die schriftlichen
Arbeiten wurde diese Zahl in 2 Abtheilungen ge
theilt. Die erste Abtheilung mußte die Themen:
„Der dritte Schöpfungstag" für die Unterstufe und
„Der Sperber" für die Mittelstufe bearbeiten; und
die zweite Abtheilung: „Der sechste SchöpfungS-
tag" für die Unterstufe, „Der Kukuk" für die Mittel
stufe bearbeiten. Das Thema für die große Päda
gogische Arbeit lautet: „Die Nebenbeschäftigungen
der Lehrer". Während des Begräbnisses Sr. Maj.
weil. Kaiser Wilhelrn I. am Freitag wurde die
Prüstmg von 12 bis 4 Uhr Nachmittags ausgesetzt.
Folgende Herren haben bestanden: Ahsbaas-Altona,
Andrescn-Haby, Gosch-Fockbek, Hahn-Altona, Hansen-
Rimmelsberg, Harbeck-Eckernförde, Harms-Altona
(Ratzeburger Seminarist), Hass-Altona, Heinemann-
Altona (Israelit), Jacobsen-Riesebye, Jensen-Hassec,
Jensen-Sörup, Laufen-Flensburg, Liidwigsen-Schulau,
Lundt-Loose, Lüthje-Ellmgstedt, Meeves-Ottensen,
Möller-Kiel, Möller-Altona (Tonderaner), Muus-
Kahleby, Pahl-Kiel, Reimers-Nuscheln, Schurbohm-
Horstedt, Stapelfeldt-Altona, Stolley-Neumünster,
Tams-Kiel, Vosgerau-Kiel. Die Berechtigung zuni
Unterrichten an den Unterstufen der Mittelschule
erhielten die Herren: Harbeck, Harms, Möller,
Pahl und VoSgerau.
Insel Föhr, 11. März. Ein trauriges Ereigniß
versetzte heute Morgen die Einwohner von Midlum
in nicht geringe Aufregung, indem man die unver
ehelichte Christine Matzen aus einem Brunnen her
vorzog, in welchem sie, wahrscheinlich in einem An
fall von Geistesschwäche, den Tod gesucht-!
40 Gtapelhalm, 17. März. Das Landschafts
kollegium der hiesigen Landschaft hat auf Anregung
der Oberfeuerwehr und der Telegraphendirektion sich
bereit erklärt, die Kosten behufs Anschaffung von
vier e l e k t r i s ch c n W c ck n h r e n bei den Telegraphen
stationen in Süderstapel, Seeth, Wohlde und Erste
zn übernehmen und hat vorläufig 200 Mk. dafür
bewilligt. Diese Weckuhren haben den Zweck, bei
eintretenden Brandfällen die freiwilligen Feuerwehren
der Landschaft recht schnell davon in Kenntniß zn
setzen. Diese Art Uhren machen ein derartiges
Geräusch, daß dasselbe in den entferntesten Winkeln
eines Gebäudes deutlich vernommen wird.
—nn. Vom Äanol, 18. März. Gestern fand
in Gettorf bereits die Konfirmation der Knaben
durch Herrn Hauptpastor Heynsen statt. Die
Mädchen werden dort Palmarum durch Herrn
Pastor Stoltenberg konfirmirt. In den übrigen
Nachbarkirchspielen wird morgen die Prüfung der
Konfirmanden vorgenommen. — Der neuerwählte
Organist in Flemhude, Herr Lähndorff-Eckern-
förde, tritt zu Ostern sein neues Amt an. Zu der
Zeit geht der in Flemhude angestellte Jnterimslchrer,
Herr Koch, der für eine Lehrerstelle in Husum
gewählt ist, fort. — Bei dem strengen Winter geht
an vielen Stellen die Feuerung auf die Neige und
sind Kartoffeln massenhaft erfroren.
SS Kirchspiel Nortorf, 17. Mürz. Am gestri
gen Abend fand in unserem erleuchteten Gottes
hause der von Seiten der Kampfgenossen-Vcreine
von 48—51 und 70—71 angeregte Trauergottes
dienst anläßlich des Heimgang unseres allverehrten
Heldenkaisers Wilhelm statt. — In Folge der seit
geraumer Zeit in hiesiger Gegend grassirenden M a-
s e r n e p i d e m i e wurden nach Anordnung des Land-
rathsamteS zu Rendsburg die Schulen zu Timm-
aöpe, Homfeld, Böken, Bünzen, Brammcr und Lang
wedel bis auf Weiteres geschlossen. — Bekanntlich
sind bei Beförderung von nach Nordseehäfen be
stimmten Wiederkäuern und Schweinen auf den Ei
senbahnen Bescheinigungen darüber vorzulegen, daß
die Thiere untersucht und für gesund befunden sind.
Mit der Vornahme solcher Untersuchungen und Aus
stellung der betr. Bescheinigungen ist für die Bahn
höfe Nortorf und Bokelholm Herr Thierarzt Sin dt
in Nortorf betraut.
Sfc Rendsburg, 16. März. Gleichwie auS fast
sämmtlichen Städten unserer Monarchie haben auch
in unserer Stadt die städtischen Collegicn den Be
schluß gefaßt, zur Besetzung deS hochscligen Kaisers
und Königs Wilhelm Namens der Stadt einen
Lorbeerkranz auf den Sarg des Verewigten nieder
zulegen. Derselbe trug auf dem Trauerschleifen die
Worte: „Ihrem allgeliebten Kaiser Wilhelm die
städtischen Cvllegien Rendsburg»." — Gleichfalls
wurde seitens der städtischen Cvllegien dem König
Friedrich III. eine Beileid«- und Huldigungsadresse
übersandt, welche den folgenden Wortlaut trägt:
Allerdurchlauchtigstcr, Großmächtigster Kaiser!
Allergnädigster Kaiser, König und Herr!
In einem ernsten, feierlichen Augenblicke nahen
dem Throne Ew. Kaiserlichen und Königlichen
Majestät in höchster Ehrfurcht die Vertreter der
Stadt Rendsburg, um ihrem tiefen Schmerz über
das Hinscheiden des Vielgeliebten, Hochverehrten
Heldenkaisers Wilhelm, des Begründers und Meh
rers des Reiches warmen und dauernden Ausdruck
zu verleihen, und um Seinem Erhabenen Sohne
und Nachfolger, Kaiser Friedrich III., das Gelübde
unerschütterlicher Liebe und Treue und unwandel
barer Anhänglichkeit für die von ihnen vertretene
Stadt auszusprechen. Mit allen Bewohnern des
Reiches erheben auch wir die flehentliche Bitte, der
Allgütige Gott wolle die leidende Gesundheit Ew.
Kaiserlichen und Königlichen Majestät kräftigen und
stärken, dem Vaterlande seinen Ritterlichen Kaiser,
den Hort des Friedens, noch lange erhalten und
Allerhöchstdemsclbcn eine glückliche und gesegnete
Regierung verleihen.
Rendsburg, den 12. März 1888.
Ew. Kaiserlichen und Königlichen Majestät
treugehorsamste allerunterthänigste
Magistrat und Stadtverordneten-Collegium.
Rühle von Lilienstern. W. E. Wiggers.
32 Rendsburg, 18. März. Au« dem Reiner
trag der schleswig-holsteinischen Landes-Jndustrie-
Lotterie hat der Herr Obcrpräsident zur Anschaffung
von Lehrmitteln und Utensilien für die gewerbliche
Fortbildungsschule den hiesigen Arbeiter-Verein
500 Mk. bewilligt. Eine gleiche Sumnie wurde
den Fortbildungsschulen in Heide, Neumünster und
Oldenburg gegeben, während die Fortbildungsschulen
zu Lütjenburg und Itzehoe je 300 Mk. und die zu
Preetz 150 Mark bekamen. Es kommen aus dem
Reinertrag der Landes-Jndustrie-Lotterie jährlich ca.
8000 Mark für gewerbliche Zwecke zur Vertheilung.
Durch die unserer gewerblichen Fortbildungsschule
wiederholt gewordenen Zuwendungen ist dieselbe in
den Stand gesetzt, die für einen fruchtbringenden
Unterricht erforderlichen Lehrmittel sich nach und nach
anzuschaffen und somit allen Anforderungen, welche
das Gewerbe an derartige Lehranstalten zu stellen
berechtigt ist, vollkommen zu genügen.
ÜD Rendsburg, 18. März. Der Voranschlag
unseres Haushaltungsplanes für das Etatsjahr
1888/89, welcher zur Ansicht im Magistratsbureau
ausliegt, balancirt in der Einnahme und Ausgabe
mit 282,500 Mk. Gegen das Vorjahr hat eine
Erhöhung um 18,500 Mk. stattgefunden. Die
Rechnungen vertheilen sich auf die einzelnen Titel,
wie folgt: Titel I. Allgemeine Verwaltung
Einnahme: 50 Mark, «»«gäbe: Voranschlag
29.200 Mk. gegen 28,700 Mk. im Vorjahr.
Titel II. Stadtvermögen. Einnahme: 58,686
Mark. Dieselbe stellt sich zusammen aus den städti
schen Ländereien (ca. 42,000 Mk.), den Gebäuden
(reicht. 4000 Mk.), den Forsten und sonstigen Ge
rechtsamen (ca. 4000 Mk.) und den Zinsen der
Kapitalien. Der Rathhausbausonds, welcher Zins
auf Zins belegt ist, hat bereits eine Höhe von ca.
17,000 Mk. erreicht. Ausgabe: 31,820 Mk.
unter diesen der Abtrag von l‘/ 4 pCt. der ur
sprünglichen Gesammtschuld von 650,000 Mk. und
Zinsen für die noch vorhandene Restschuld von
512,000 Mk. (Die Stadtschuld ist von 4 auf 3'/,
pCt. convertirt worden). Titel III. Kommunal
steuern. Einnahme: 100,110 Mk. Zur He
bung gelangen 200 pCt. Zuschlag zur Klassen-
und klassificirten Einkommensteuer (72,200 Mk.),
150 pCt. Zuschlag zur Staatsgebäudesteuer (24,500
Mark). An sonstigen Steuern, als Abgaben für
Tanzlustbarkeiten, Hundesteuer, Wanderlaqerstcuet
(80 Mk.), Abgabe für Gesangvorträge, sind zu
sammen 3410 Mk. in Einnahme gestellt. Die
Auķgaien dieses Titels sind unwesentliche. Titel IV-
Armenverwaltung. Einnahme: 5,040 Mb
und zwar aus der Armenpflege 3,300 Mk. und
durch das Armenhaus 1,730 Mk. Ausgabe:
34,600 Mk. Hiervon erfordert die Armenpflege
26.200 Mk. und das Armenhaus 8,400 Mk. (A»
Almosen und Unterstützungen für die Armen der
Stadt sind 11,500 Mk. in Voranschlag gebracht
und zwar für Neuwerk 9,000 Mk. und für die
Altstadt 2,500 Mk.). Titel V Krankenhaus
Einnahme: 12,350 Mk. Ausgabe: 15,800 Mk. gegen
12,400 Mk. im Vorjahre. Die Mehrkosten werde»
theilweise durch die größere Frequenz, theilweise durch
eine größere Ausgabe für die Unterhaltung der
Gebäude bedingt. Titel VI Schulwesen. Ein
nahme: 4553 Mk. Hierunter 913 Mk. Zu
schuß zweier Lehrer zur Pension ihrer Amtsvarqängcu
Ausgabe: 50,000 Mk. gegen 47,450 Mk. im Vor
jahre. Titel VII G a s a n st a l t. Einnahme: 76 806
Mark. Ausgabe 49,400 Mk. Der Ueberschüß isi
somit auf 27,400 Mk. veranschlagt, dürfte sich in
deß in Wirklichkeit noch erheblich höher stellen. Titel
VIII. Sonstige Anstalten und Einrichtun
gen. Einnahme: 3728 Mk. Ausgabe: 28,93*
Mark. Darunter für Unterhaltung der Straße"
u. s. w. ca. 13,000 Mk. und für Reinigung uN^
Beleuchtung ca. 15,000 Mk. Da allein für StraßeN-
pflasterung 8600 Mk. mehr eingestellt sind, ist die
Ausgabe dieses Titels um ca. 9000 Mk. erhöht
worden. TitelIX Polizeiwaltung. Einnah«^
2180 Mk., hierunter an Geldstrafen ca. 1500 2^
Ausgabe: 20,832 Mk. Auch in diesem Titel habe"
die Ausgaben um ca. 1500 Mk. erhöht werde"
müssen, was hauptsächlich in der Neuregulirung ^
Nachtwachtdienstes begründet ist. TitelX Staats-'
Provinzial- und Kreisbedürfnisse. E>"'
nähme: ca. 2000 Mk. «»«gäbe: 19,456 0
gegen 15,516 Mk. im Vorjahre. (Die Erhöht
der Kreislasten beträgt allein 4000 Mk.) Titfl
XI Verschiedene Ausgaben. Einnäht)
16,621 Mk. Auķgabe: 2207 Mk. — Da d"
Gesammt-Einnahme um reichlich 14,000 Mk. hin"''
der voraussichtlichen Ausgabe zurückbleibt und »"J
einer Erhöhung der Kommunalsteuern abgesetzt
worden ist, sind zur Balancirung des Etats 14,şş
Mk. aus den Ueberschüssen früherer Rechnungsjş
in Titel XI eingestellt worden.