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Amüsburger
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14. März.
1888.
Proclamation Kaiser Friedrichs III.
Berlin, den 12. März. Der „Reichs-Anzeiger"
publicirt heute Folgendes:
An Mein Volk!
Aus seinem glorreichen Leben schied der Kaiser.
In dem vielgeliebten Vater, den Ich beweine und
um den mit Mir Mein Königliches Hans in tief
stem Schmerze trauert, verlor Preußens treues Volk
seinen ruhmgekrönten König, die deutsche Nation
den Gründer ihrer Einigung, das wiedererstandene
Reich den ersten deutschen Kaiser!
Unzertrennlich toirb sein hehrer Name verbunden
bleiben mit aller Größe des deutschen Vaterlandes,
in dessen Neubegründnng die ausdauernde Arbeit
von Preußens Volk und Fürsten ihren schönsten
Lohn gefunden hat.
Indem König Wilhelni mit nie ermüdender lan
desväterlicher Fürsorge das preußische Heer auf die
Höhe seines ernsten Berufes erhob, legte er den
sicheren Grund zu den unter seiner Führung errun
genen Siegen der deutschen Waffen, aus denen die
nationale Einigung hervorging. Er sicherte dadurch
dem Reiche eine Machtstellung, wie sie bis dahin
jedes deutsche Herz ersehnt, aber kaum zu erhoffen
gewagt hatte. Und was er in heißem opfcrvollen
Kampfe seinem Volke errungen, das war ihm be
schieden durch lange Friedensarbcit mühevoller Re-
grerungsjahre zu befestigen und segensreich zu för
dern. ^ Sicher in seiner eigenen Kraft ruhend, steht
Deutschland geachtet im Rathe der Völker und be
gehrt nur des Gewonnenen in friedlicher Entwicke-
lung froh zu werden.
_ Daß dem so ist, verdanken wir Kaiser Wilhelm,
seiner nie wankenden Pflichttreue, seiner unablässigen
nur dem Wohle des Vaterlandes gewidmeten Thä
tigkeit, gestützt auf die von dem preußischen Volke
unwandelbar bewiesene und von allen deutschen
Stämmen getheilte opferfreudige Hingebung.
Ans Mich sind nunmehr alle Rechte und Pflich
ten übergegangen, die mir der Krone Meines Hauses
verbunden sind und welche Ich in der Zeit, die nach
-Gottes Willen Meiner Regierung beschieden sein
mag, getreulich wahrzunehmen entschlossen bin.
, Durchdrungen von der Größe Meiner Aufgabe,
wird es Mein ganze« Bestreben sein, das Werk in
dem Sinne fortzuführen, in dem es begründet wurde:
Deutschland zu einem Horte des Friedens zu machen
und in Uebereinstimmung mit den verbündeten Re
gierungen sowie mit den verfassungsmäßigen Or
ganen des Reiches wie Preußens die Wohlfahrt des
deutschen Landes zu pflegen.
Meinem getreuen Volke, das durch eine Jahr
hunderte lange Geschichte in guten wie schweren
Tagen zu Meinem Hause gestanden, bringe Ich
Mein rückhaltloses Vertrauen entgegen. Denn Ich
bin überzeugt, daß auf dem Grunde der untrenn
baren Verbindung von Fürst und Volk, welche un
abhängig von jeglicher Veränderung im Staaten
leben das unvergängliche Erb? des Hohcnzollern-
stammes bildet, Meine Krone allezeit ebenso sicher
ruht lute das Gedeihen de« Landes, zu dessen Re
gierung Ich nunmehr berufen bin und dem Ich
gelobe ein gerechter und in Freud wie Leid ein
treuer König zu sein.
, Gott wolle Mir Seinen Segen und Kraft zu
diesem Werke geben, dem fortan Mein Leben ge
weiht ist.
Berlin, den 12. März 1888.
Friedrich III.
Erlaß Sr. Majestät des Kaisers und Königs
an den Reichskanzler und Präsidenten des
Staats-Ministeriums.
Mein lieber Fürst!
Bei dem Antritt Meiner Regierung ist es Mir ein
Bedürfniß, Mich an Sie, den langjährigen ersten Diener
Meines in Gott ruhenden Herr» Vaters zu wenden.
Sie sind der treue und muthvolle Rathgeber gewesen,
der den Zielen Seiner Politik die Form gegeben und
deren erfolgreiche Durchführung gesichert hat.
Ihnen bin Ich und bleibt Mein Hans zu warmem
Dank verpflichtet.
Sie haben daher ein Recht, vor Allem zu wissen,
welches die Gesichtspunkte sind, die für die Haltung
Meiner Regierung maßgebend sein sollen.
Die BerfassnngS- und RrchtS-Ordnuugen de»
Reicher und Preußen» müssen nor Allem in der
Ehrfurcht und in de» Sitten der Nation sich be
festigen. E» find daher die Erschütterungen mög
lichst ,u vermeiden, welche häufiger Wechsel der
Staatķeiurichtungen und Gesetze veranlaßt.
Die Förderung der Aufgaben der Reichsregierung
muß die festen Grundlagen unberührt lassen, auf denen
bisher der Preußische Staat sicher geruht hat.
Im Reiche find die versaffungSmäßigru Rechte
aller verbündeten Regierungen ebenso gewissenhaft
zu achten, wie die de» Reichstag»; aber von Beiden
ist eine gleiche Achtung der Rechte deS Kaiser» zu
erheischen. Dabei ist im Auge zu behallen, daß diese
gegenseitigen Rechte nur zur Hebung der öffentlichen
Wohlfahrt dienen sollen, welche das oberste Gesetz bleibt,
und daß neu hervortretenden, unzweiselhasten natio
nalen Bedürfnissen stets in vollem Maße Genüge ge
leistet werden muß.
...Di- nothwendige und sicherste Bürgschaft für ungc-
störte Forderung dieser Aufgaben sehe Ich in der un-
geichwachtcn Erhaltung der Wehrkraft des Landes,
Meines erprobten Heeres und der aufblühenden Ma
rine, der durch Gewinnung überseeischer Besitzungen
ernste Pflichten erwachsen sind. Beide müssen jederzeit
auf der Höhe der Ausbildung und der Vollendung der
Organisation erhalten werden, ivelche deren Ruhm be
gründet hat, und welche deren fernere Leistungsfähig
keit sichert.
Ich bin entschlossen, im Reiche und in Preußen die
Regierung in gkwifienhairer Beobachtung »er Be
stimmungen vs» Reich»: x»d Lende» verfassnAg zu
führen. Dieselben sind von Meinen Vorfahren auf
dem Throne in weiser Erkenntniß der unavwersbarea
Bedürfnisse und zu lösenden schwierigen Aufgaben des
gesellschaftlichen und stanllichcn Lebens begründet wor
den und müssen allseitig geachtet werden, um ihre
Kraft unv segensreiche Wirksamkeit bethätigen zu können.
Ich will, daß der seit Jahrhunderten in Meinem
Hause heilig gehaltene Grundsatz religiöser Duldung
auch ferner alle Meine Unterthanen, welcher Re
ligionsgemeinschaft und welchem Bekenntnisse sie
auch angehören, zum Schutze gereiche. Ein Jeg
licher unter ihnen steht meinem Herzen gleich nahe
— haben doch Alle gleichmäßig in den Tagen der
Gefahr ihre volle Hingebung bewährt.
Einig mit den Anschauungen Meines Kaiserlichen
Herrn Bakers, werde Ich warm alle Bestrebungen
unterstützen, ivelche geeignet sind, das wirlhschaftliche
Gedeihen der verschiedenen Gesellschaftsklassen zu heben,
widerstreitende Interessen derselben zu versöhnen und
unvermeidliche Mißstände nach Kräften zu milder»,
ohne doch die Erwartung hervorzurufen» air ob
e» möglich sei, durch Eingreifen de» Staate» allen
Uebeln der Gesellschaft ein Ende zu machen.
. Mit den socialen Fragen enge verbunden erachte Ich
die der E r z i e h u n g d e r h e r a n w a ch s c n d c n I u g e n d
zugewandte Pflege. Muß einerseits eine höhere Bil
dung immer weiteren Kreisen zugänglich gemacht wer
den, so ist doch zu vermeiden, daß durch Halbbildung
ernste Gefahren geschaffen, daß Lcbensansprüche ge
weckt werden, denen die ivirthschastlichen Kräfte der
Nation nicht genügen können, oder daß durch einseitige
Erstrebuvg vermehrten Wissens die erziehliche Aufgabe
unberücksichtigt bleibe. M
Die Aufbahrung des Kaisers im Dom.
Ueber die Paradeausstellnng in der
Domkirche berichten die Berliner Blätter von
gestern:
Kaiserin Victoria kam heute sofort in den Dom
Um iov e Tu” i l ! M,ti 3 cn Kranz am Sarge nieder.
Um 1) / 2 Uhr Bonn, erschien Kronprinz Wilbelm
Ş mSfSFZ
«"mV" - m>d dm,» d„
Kaisers, ,ow,e von emer Deputation der
Garde du Corps und der Garde-Kürassiere
und still schritt der Enkel an den Sara des tobta
şi-n und verharrt- längere Z-it, in? Anblick des
Verblichenen versunken, neben dem Katafalk Erst
nach geraumer Zeit verließ der Prinz den' Dom
Auch die Prinzessinnen des kaiserlichen Hauses
weilten geraume Zeit am Sarge ihres kaiserlichen
Großvaters, ferner kamen uni 12 Uhr der Erbgroß-
herzog von Oldenburg nebst Gemahlin, sowie der
Kronprinz von Schweden. Inzwischen kamen eine
ganze Reihe von Hofgepäckwagen, Leibdienern und
Gärtnern, welche die herrlichsten Riesenkränzc,
Palmengruppen und die kostbarsten Blninengewinde
brachten. Hohe Staatsbeamte, Abgeordnete, Bot
schafter und Gesandte, Vertreter der Stadt, Offi
ziere, Künstler und Schriftsteller in schier unüber
sehbarer Zahl strömten zur Kathredalc.
Ņ /P 1 llchv wurde der Dom für das große
frsll i mt 9 c cö i" ct - Der Dom bildete heute Morgen
L°" von « Uhr den Zielpunkt der Berliner,
n^gdoch das Gotteshaus seit dem Beginn des
Tages die sterbliche Hülle des dahingeschiedenen
theuren Kaisers. An dm Eingängen der Kirche
standen vier Doppelposten Wache. Bor den Säulen
des Hauptportals waren vier prächtige Lorbeerbäume
aufgestellt. Die dahinter liegende Fayade schmückten
Palmen und andere Blattpflanzen, lvährend das
Jmniergrün von Lebensbäumen sich darüber rankte.
Um 9 Uhr erschienen drei Hauptmannschaften der
Schutzleute, von denen zwei aber wieder nach Ver
lauf einer halben Stunde abrückten, wahrend die
dritte Abtheilung die Umgebung des Domes vom
Campo santo bis zur Kaiser Wilhelm-Brücke sperrte.
Eine immer zahlreicher werdende Menge bildete auf
dem gegenüberliegenden Trottoir Spalier und er
wartete in Folge eines Gerüchts, das sich ver
breitet hatte, in gespannter Erwartung die Ankunft
Kaiser Friedrichs. Gegen 12 Uhr Mittags hatte
sich eine schier unendliche Menschenmasse, die das
Quarrs zwischen Museum, Schloß, der Spree und
dem Dome bedeckte, daselbst zusammengeballt.
Die ungeheure Menge, welche nunniehr den halben
«traßendamm einnahm, wurde durch die Nach
rangenden von allen Seiten dermaßen eingekeilt
à daß diese Lage nach der
'(tu'-i' namentlich für die zahlreichen und zuin
-theil auch alten Damen absolut unerträglich
war; es gab denn auch eine ganze Reihe von
Ohnmachten und anderer kleiner Unfälle. Man
rückte immer nur 1—2 Schritte vor und die Meisten
brauchten 2—3 Stunden, ehe sie in das Gottes
haus gelangten. Das Gedränge >uar dermaßen,
Nur ein ans der gesunden Grundlage von Gottes
furcht in einfacher Sitte aufwachsendes Geschlecht wird
hinreichend Widerstandskraft besitzen, die Gefahren zu
überwinden, welche in einer Zeit rascher wirthschaft-
licher Bewegung, durch die Beispiele hochgesteigerter
Lebensführung Einzelner, für die Gesammtheit er
wachsen. Es ist Mein Wille, daß keine Gelegenheit
versäumt werde, in dem öffentlichen Dienste dahin ein.
zuwirken, daß der Versuchung zu unverhältnißmäßigem
Auswande entgegengetreten werde.
Jedem Vorschlage finanzieller Reformen ist Meine
vorurlheilsfreie Erwägung im Voraus gesichert, wenn
nicht die in Preußen alt bewährte Sparsam
keit die Auflegung neuer Lasten umgehen und eine
Erleichterung bisheriger Anforderungen herbeiführen
läßt.
Die größeren und kleineren Verbänden im Staate
verliehene Selbstverwaltung halte Ich für ersprießlich.
Dagegen stelle Ich es zur Prüfung: ob nicht das diesen
Verbänden gewährte Recht der Steuer-Auflagen, welches
von ihnen ohne hinreichende Rücksicht ans die gleich
zeitig von Reich und Staat ausgehende Belastung ge
übt wird, den Einzelnen unvcrhältnißmäßig beschweren
kann.
In gleicher Weise wird zu erwägen sein, ob nicht
in der Gliederung der Behörden eine vereinfachende
Aenderung zulässig erscheint, in welcher die Verminde
rung der Zahl der Angestellten eine Erhöhung ihrer
Bezüge ermöglichen würde.
Gelingt es, die Grundlagen des staatlichen und ge
sellschaftlichen Lebens kräftig zu erhalten, so wird es
Mir zu besonderer Genugthuniig gereichen, die Blüthe,
welche Deutsche Kunst und Wissenschaft in so reichem
Maße zeigt, zu voller Entfaltung zu bringen.
Zur Verwirklichung dieser Meiner Absichten rechne
Ich auf Ihre so oft bewiesene Hingebung und auf die
Unterstützung Ihrer bewährten Erfahrung.
Möge es Mir beschieden sein, dergestalt unter ein-
müthigcm Zusammenwirken der Reichsorgane, der hin
gebenden Thätigkeit der Volksvertretung, wie aller Be
hörden, und durch vertrauensvolle Mitarbeit sämmt
licher Klassen der Bevölkerung Deutschland und Preußen
zu neuen Ehren in friedlicher Entwickelung zu führen.
Unbekümmert um den Glanz ruhmbringcnder Groß
thaten, werde Ich zufrieden sein, wenn dereinst von
Meiner Regierung gesagt werden kann, sie sei Meinem
Volke wohlthätig, Meinem Lande nützlich und dem
Reiche ein Segen gewesen.
Berlin, den 12. März 1888.
Ihr wohlgeneigter
Friedrich III.
Der letzte Wille des Kaisers Wilhelm
lautet: „Äch will beigesetzt werden mit meiner
Feldmütze ohne Schirm, im grauen Militärmantel,
mit den drei Eisernen Kreuzen, den preußischen
Kriegsmcdaillen (1814, 1864, 1866, 1870/71),
meinem selbsterworbenen St. Georgskreuz, dem Or
den pour le merits und dein Schwarzen Adlerordcn."
Wien, 13. März. Kronprinz Rudolf reist
morgen Abend zur Beisetzung des Kaisers nach
Berlin. Auch Prinz R eu ß bcgiebt sich nach Berlin.
Kopenhagen, 13. März. Kronprinz Friedrich
lutrb König Christian bei den Beisetzungsfeierlich-
keitcn in Berlin repräsentiren.
Petersburg, 13. März. Der „Regierungsbote"
meldet: Der Kaiser hat den Großfürsten Thron
folger mit seiner Vertretung bei der Trauerfeier
und Beisetzung des Kaisers Wilhelm beauftragt.
Sc. kaiserliche Hoheit trifft zum ersten Male die
Pflicht, als Vertreter seines Vaters in das Aus
land zu reisen. Außer betn Wunsche des Kaisers,
dem Gedächtniß des verstorbenen Monarchen die ge
bührende Achtung zu erlvcisen, bezeugt auch die
bevorstehende Reise des Großfürste>i Thronfolgers
nach Berlin, da die Bande enger Freundschaft und
gegenseitigen Vertrauens, welche beide regierenden
Häuser längst verknüpfen und welchen Kaiser Wil
daß man selbst die Arme nicht bewegen, und lvenn
man des argen Treibens müde war, sich selbst
mit Anwendung von Gewalt nicht entfernen
konnte. Der Zugang zum Dome erfolgt vom Denk
mal Friedrich Wilhelm III. aus, nur ein kleines
Thor des Eisengitters vor dem Hauptportale und
von diesem selbst nur ein Flügel ist geöffnet.
Einige Schritte vor den Stufen des Portales nehmen
Polizeiofficiere und Schutzleute die Abtheilung der
andrängenden Massen vor. Ungefähr 30—40 Per
sonen werden von der Hauptmasse abgetheilt und zu
zweien geordnet. Während diese langsam, aber ohne
sich aufhalten zu dürfen, durch den Dom zu Füßen
des Paradebettes über eine improvisirte schwarz ver
hängte Laufbrücke vorbeidefiliren, so daß sie das
Paradebett zur Rechten haben, werden draußen neue
Abtheilungen geordnet, so daß große Schaaren in
kurzer Zeit zu dem heiß ersehnten Anblick des theuren
Verstorbenen gelangen. In der Stunde defiliren
7500 Menschen an dem Sarge vorüber.
Vor dem Dome war das Menschengewoge am
Dienstag wo möglich noch größer als am Montag.
Schon in den frühesten Morgenstunden zogen die
Leute nach den Linden und dem Dome hin. Man
bemerkte unter ihnen besonders viele Landleute und
sehr zahlreiche Offiziere auswärtiger Garnisonen.
Gegen 11 Uhr war dichtes Schneegestöber einge
treten. An der Schloßbrücke staute sich der Ver
kehr. Hier war ein weiteres Vordringen nicht
möglich, die Polizei hatte den Platz abgesperrt.
Die Menge theilte sich nun nach rechts und links.
Helm bis zum letzten Athemzuge treu blieb, nicht
minder fest bleiben werden bei seinem Nachfolger.
Diese Bande sollen wie früher ein Unterpfand sein
der dauerhaften und friedlichen Beziehungen zwischen
Rußland und Deutschland, welche so nothwendig
sind für ihre beiderseitige Wohlfahrt und zur Ab
wendung jeglicher internationaler Komplikationen.
Sofia, 14. März. Ueber die Lage in Bulgarien
hatte die offiziöse Pariser „Agence Havas" am
Sonnabend die Nachricht verbreitet, daß Fürst
Ferdinand in ctlva 14 Tagen seine Mutter nach
Wien begleiten werde. In offiziösen Wiener Mit
theilungen wird diese Behauptung mit dem Bemerken
bestritten, daß dieselbe von interessirten französisch
russischen Kreisen ausgehe. Es sei kaum anzunehmen,
daß die Prinzessin Clementine nur um deswillen
die Kosten für die neuen Gewehre bestritten hat,
damit die durch sie neu ausgerüsteten bulgarischen
Truppen daraus dem scheidenden Fürsten einen Äb-
schiedssalut widmen können.
Aus Egypten übermittelt ein Brüsseler Blatt die
bisher unverbürgte Nachricht, daß sudanesische Schnü
ren die Stadt Suakim angezündet und den dortigen
Gouverneur massakrirt haben sollen. Zwei italieni
sche Kriegsschiffe seien nach dem Schauplatz der
Unruhen abgegangen.
Paris, 11. März. Die Pariser Presse füllt
ihre Spalten fast ausschließlich mit Meldungen von
der Reise Kaiser Friedrichs und mit Berliner Nach
richten. Enthusiastische Artikel erscheinen über die
muthige Kaiserin Viktoria. Eine weibliche Mitar
beiterin des „Figaro" schreibt: „Eines bewirkt bei
uns Frauen eine eigenthümliche Sympathie für den
neuen Kaiser: daSistdie Anhänglichkeit seiner
Gemahlin an seine Person. Sie hat ihn
nach San Remo begleitet und ihn dort mit unbe-
zwinglicher Energie gegen sein Leiden, gegen die
Aerzte und gegen politische Intriguen (?)
vertheidigt. Das ist der Sieg einer Frau, auf
welche unser Geschlecht stolz sein muß.. Die neue
Kaiserin verdient schon einen Platz in der Galerie
jener Frauen, die zur die Politik jene Männlichen
Eigenschaften besitzen, welche man uns zu bestreiten
pflegt. Ņ Mit Bewunderung sieht inan hier die Ein-
müthigkeit des deutschen Schmerzes um
den Verlust des Kaisers und steht, wie in der An
hänglichkeit an den neuen Kaiser alle noch eben sich
äußernden Gelüste der partei-egoistischen Hetzereien
verstummen. Man erkennt an, daß die Macht des
deutschen Volkes auf dieser Einigkeit bei allen großen
Ereignissen beruht."
Pari», 12. März. Heute Nachmittag wird zum
ersten Male das boulangistische Organ „Co car de"
erscheinen. Große Plakate sind auf den Straßen
angeschlagen und werden herumgetragen, die das
Erscheinen verkündigen und mit dem Portrait
Boulanger'S geziert sind. — Bei der gestrigen
Wahl im Departement Bauches du Rhone (Mar
seille) erhielt der Revolutionär Pyat 17345,
Lagnel (Sozialist) 14464 Stimmen. Es ist
Stichwahl nöthig. — Bei den gestrigen Stichwahlen
in den Departements Cote d'or und Haute-Marne
wurden die radikalen Kandidaten Cernesson und
Roret gewählt. Für Boulanger wurden im
ersteren Wahlkreise 613 Stimmen abgegeben.
London» 13. März. Die englische Presse begrüßt
die Proklamation des Kaisers Friedrich und be
sonders den Erlaß an den Reichskanzler als einen
Beweis dafür, daß der Kaiser entschlossen sei, den
Die Meisten wählen den Weg über den Schinkel
platz beim Rothen Schloß vorbei nach dem Schloß
platz zu. Hierher kamen die Scharen auch von
der Brüder- und der Breiten Straße her. Der
Schloßplatz selbst wurde freigehalten, indem man
von ihm aus wohl über die Lange Brücke nach der
Königstraße, nicht aber von letzterer bezw. der Burg
straße über die Lange Brücke nach dem Schloßplätze
gelangen konnte. Der Weg zum Dome führte über
die Schloßfreiheit. Der Andrang war ein so ge
waltiger, daß ein Vorwärtskommen nicht wahrzu
nehmen war, ein Vordringen vollkommen unmöglich
schien. Wer erst in dem Menschenknäucl sich be
fand, für den war ein Herauskommen bezw. Zurück
gehen schier eine Unmöglichkeit. Mancher war froh,
daß es ihm nach stundenlangem vergeblichen Harren
nach vieler Mühe wieder gelungen >var, auf einen
freien Platz zu gelangen. — In den Abendstunden
am Montag hatten sich in der Stadt Gerüchte ver
breitet, es seien mehrere Personen vor dem Dome
im Gedränge zu Tode gedrückt worden. Glücklicher
Weise lag hier eine arge Uebertreibung vor. Wie
der „Nordd. Allg. Ztg." Dienstagmittag« auf ihre
Erkundigung auf dem Polizeipräsidium mitgetheilt
wurde, ist dort außer einigen vorübergehenden Ohn
machtsanfällen, von denen mehrere Damen in Folge
des stundenlangen Stehens befallen wurden, irgend
welcher Unfall nicht bekannt geworden. — Schlimme
Zwischenfälle sind indeß doch genug vorgekommen.