Full text: Newspaper volume (1888, Bd. 1)

betr. die unter Ausschluß der Oesfentlichkeit statt 
findenden Gerichtsverhandlungen statt, in welcher, 
wie bei der ersten Berathung, die Vertreter de» 
Centrum« und der freisinnigen Partei ihren Wider 
spruch gegen die beabsichtigte Aenderung des Ver 
fahrens als einen Verstoß gegen Einrichtungen, die 
man früher für die unerläßliche Forderung eincS 
Rechtsstaats betrachtet hat, zur Geltung brachten. 
Die Vertreter der Kartellparteien schloffen sich da 
gegen der Auffassung der Regierung an. Als es 
zur Abstimmung über den ersten Paragraphen kom 
men sollte, zweifelte Abg. Dr. Meyer (Halle) die 
Beschlußfähigkeit deS Hauses an, das nach 
erfolgter Auszählung die Anwesenheit von nur 
145 Mitgliedern, also die Beschlußunfähigkeit, 
ergab. 
— Der Reichstag war am DienStagwiederum 
beschlußunfähig. Zu Beginn der Sitzung entstand 
eine lebhafte Debatte über die Seitens des Reichs 
kanzlers nachgesuchte Ermächtigung des Reichstags 
zur Verfolgung des Redakteurs Dürholt vom „Boten 
a. d. Riesengebirge" in Hirschberg wegen Beleidi 
gung des Reichstags. Die Kommission hatte ihrer 
alten Praxis getreu beschlossen, die Ermächtigung zur 
Verfolgung nicht zu ertheilen. Der Abg. Barth 
nahm Veranlassung, auf das eigenthümliche Verfah 
ren des Staatsanwalt- Heim hinzuweisen, der selbst 
wenigen Jahren vorher eine grobe Beleidignng gegen 
den Reichstag ausgesprochen hat und nun Veranlassung 
nehme eine verhältnismäßig milde Kritik an den 
Beschlüssen des gegenwärtigen Reichstages zu ver 
folgen. 
Berlin, 23. Febr. Ehemalige Militäröko- 
no mich and werk er, die jetzt ganz ungewöhnlichcr- 
weise auf 8 Wochen als Reservisten eingezogen 
worden sind, — eine Maßregel, die unseres Wissens 
noch nicht vorgekommen ist, — haben sich um Auf 
klärung an den Abg. Sa bor gewendet. Diesem 
hat der Kriegsminister v. Bronsart heute in einer 
Unterredung die erklärende Mittheilung gemacht, daß 
die Militärverwaltung allerdings wegen dringender 
Arbeiten zu dieser Maßregel gegriffen und insge 
sammt 5000 ehemalige Oekonomiehandwerker als 
Reservisten eingezogen habe. Er habe angeordnet, 
daß diese Leute besonders gut entschädigt würden. 
Sie sollen außer den üblichen militärischen Compe- 
tenzen einen Extraverdienft von monatlich etwa 
14—15 Mk. haben, während sich sonst der Extra 
verdienst eines OekonomiehandwerkerS täglich auf 
etwa 20 Pfennig beläuft. 
— Erhöhung des Tabackzolles. Die 
Deutsch-Conservativen unter Führung des Abg. 
Menzer von Neckar-Gemünd haben im Reichstag 
den Antrag eingebracht, die Regierungen zu ersuchen, 
angesichts der schweren Nothlage, in der sich die 
deutschen Tabaksbauer befinden, thunlichst bald eine 
Erhöhung des Eingangszolles auf ausländische, ev. 
eine Ermäßigung der Steuer auf inländische Tabake 
herbeizuführen." — Der Antrag dürfte schwerlich 
noch in dieser Session zur Verhandlung gelangen. 
— Bekanntlich ist von Seiten der Agrarier in 
Petitionen und Zeitungsartikeln im vorigen Herbst 
Klage darüber geführt worden, daß an der Ber 
liner Getreidebörse ausländisches Getreide, 
welches nicht lieferbar ist, gleichwohl für lieferbar 
erklärt und dadurch ein Preisdruck für das inländi 
sche Getreide herbeigeführt werde. Von sachver 
ständiger Seite ist dies bestritten worden. — Die 
Mitglieder der Sachverständigen-Commission an der 
Getreidebörse hatten in Folge der Angriffe in der 
Preffe ihr Mandat niedergelegt, wurden aber als 
dann wiedergewählt und für das Jahr 1888 auch 
aufs Neue gewählt. 
Berlin, 27. Febr. Graf Herbert Bismarck 
reiste heute auf acht Tage zum Besuch in Privat 
angelegenheiten nach England. — General von 
Rauch, Chef der Gendarmerie, hat heute einen 
Schlaganfall gehabt. — Prinz Hohenlohe in 
Petersburg lebt noch. Er soll den Selbstmordversuch 
im Fieberanfall verübt haben wegen einer unheil 
baren Krankheit. 
Freiburg, 23. Febr. Prinz Ludwig war 
Mitte voriger Woche von Karlsruhe zurückgekehrt, 
wo er sich 8 Tage aufgehalten. Er fühlte sich, 
wahrscheinlich in Folge einer Erkältung, die er sich 
in Karlsruhe zugezogen, so unwohl, daß er sich zu 
Bette legen mußte. Im Anfang war der Verlauf 
der Krankheit ein normaler, das Leiden verschlim 
merte sich jedoch am Tage der Krisis und hatte 
einen tödtlichen Ausgang. 
Karlsruhe, 23. Febr. Nach ärztlicher Erklärung 
begann beim Prinzen Ludwig der gestrige Tag 
mit hohem Fieber, welches am Mittag unter Schweiß 
ausbruch eine geringe Abnahme erfuhr, während 
gleichzeitig Delirien auftraten. Ein entscheidender 
Fieberrückgang kam aber nicht zu Stande, vielmehr 
steigerten sich die Zunahme der Temperatur Nach 
mittags und die Delirien des Abends und Nachts 
zu so hochgradiger Aufregung, daß nach Mitternacht 
ein schlimmer Ausgang unabwendbar erschien. Erst 
gegen Morgen wurde der Prinz ruhiger und ent 
schlief sanft um 6 Uhr 5 Minuten. 
Karlsruhe, 28. Febr. (H. N.) Der Groß 
herzog empfing heute siebzehn Specialgesandte 
auswärtiger Fürstlichkeiten. Zur Beisetzungsfeier 
sind allein aus Heidelberg 600 Studenten ange 
meldet. Prinz Wilhelm von Preußen trifft heute 
Nacht 2 Uhr ein. 
Chemnitz, 26. Febr. Die Zahl der TyPhuS- 
erkrankungen hat leider auch hier in der letzten 
Zeit sich ganz erheblich vermehrt. Nach einzelnen 
Behauptungen sollen in der Civilbevölkerung sich 
gegenwärtig nicht weniger als 1800 Typhuskranke 
befinden, dagegen wurden von amtlicher Seite nur 
653 Fälle festgestellt. 
Hamburg, 27. Febr. In der am Pferdemarkt 
belegenen Kellerwirthschaft von Warnholz wurden 
vorgestern in der Nacht acht Arbeiter ver 
haftet, welche verdächtig erscheinen, einer geheimen 
Verbindung anzugehören, welche sozialistische Zwecke 
verfolgt. Bei einer Durchsuchung des Kellers wurden 
zahlreiche verbotene sozialistische Schriften gefunden 
und beschlagnahmt. Der Wirth wurde ebenfalls 
verhaftet. 
Altona, 25. Febr. Die Eisenbahndirektion 
hat mit verschiedenen Sparkassen Verträge abge 
schlossen, wonach diese Sparkasseneinlagen von jedem 
Minimalbetrag die von den Beamten gemacht 
werden, entgegennehmen. Die Einrichtung ist der 
artig getroffen, daß den Beamten die Beträge bei 
Auszahlung de» Gehaltes monatlich abgezogen 
werden, welches Geld dann der Kassirer in einer 
Summe an den Einnehmer der Sparkasse abliefert. 
Ottensen, 27. Febr. In Folge der bevorstehenden 
Einverleibung Hamburgs in den Zollverein sollen 
bereits 72 Geschäfte sich zur Rückkehr nach 
Hamburg entschlossen haben, da nach Vollziehung 
des Zollanschlusses der Geschäftsbetrieb keine Filialen 
mehr erforderlich macht. Ein großer Schaden für 
unsere Stadt. 
Glückstadt, 28. Febr. Fünfzehn hiesige selbst 
ständige Bäcker haben sich in einer Petition an 
den Prov.-Landtag gewandt, derselbe wolle den 
provinzialständischen Beamten an der Korrections- 
anstalt zu Glückstadt verbieten, das zu ihrem Haus 
halt nöthige Brot zum Selbstkostenpreise aus der 
provinzialständischen Dampfbäckerei in Bvckelholm 
zu beziehen. Der Petitionsausschuß sah keine Ver 
anlassung auf dieses Gesuch einzugehen und bean 
tragte daher den Berichterstatter, Graf Brockdorf- 
Kletkamp über diese Petition zur Tagesordnung über 
zugehen, was geschah. 
i- Neumünster, 28. Febr. Nach dem soeben 
veröffentlichten Jahresbericht des hiesigen Credit 
vereins (e. G.) hat derselbe in 1887 einen Ge- 
sammtumsatz von 3097 256,94 Mk. gehabt, woraus 
ein Reingewinn von 7967 Mk. erzielt ist. Der 
selbe soll wie folgt vertheilt werden: Dividende 
6 Prozent, an den Vorstand 12 Prozent deS Rein 
gewinns als Gratifikation, gleich 956 Mk., an den 
Frauen-Verein 100 Mark, an den Verband der 
Creditvereine 120 Mk., zum Reservefond 1052 Mk. 
und an den Spezialreservefond 2000 Mk. Diese 
beiden Fonds haben am Schluß des Jahres eine 
Höhe von 12693,99 Mk. resp. 5000 Mk. Die 
Zahl der Mitglieder deS Vereins betrügt 504, ihr 
Guthaben 67682,61 Mark. Daß trotz größeren 
Umsatzes der Reingewinn ca. 600 Mark geringer 
war als im Vorjahre, hat seinen Grund darin, daß 
der Zinsfuß für Darlehen um 1 Prozent, für An- 
lehrn aber nur um '/r Prozent beim Beginn de« 
vorigen Jahres herabgesetzt ist. — Die hiesige Leder 
fabrik von H. W. Brüning wird- auf der dies 
jährigen Weltausstellung in Melbourne (Australien) 
ausstellen. — Dem hiesigen Sattler H. Saggau 
ist die Anfertigung einer größern Partie Tornister- 
für das Holst. Jnf.-Reg. Nr. 85 (Garnison Rends 
burg, Neumünster, Kiel) in Auftrag gegeben. — In 
der nächsten Sitzung wird die hiesige Polizeibehörde 
den städtischen Collegien ein neues Regulativ 
fühlte sich wie von einem geheimnißvollen Kerker 
umschlossen, dessen einengende Mauern sie nicht zu 
nennen und nicht zu bezeichnen wußte. Er gestal 
tete sich für sie zu einem Räthsel, und die Unmög 
lichkeit der Lösung peinigte ihre Seele. Mehrmals 
war sie mit dem Vorsatz an ihn herangetreten, eine 
Erklärung zu fordern, aber dann lag schon in seinem 
Blick eine so herbe und kalte Zurückweisung, daß sie, 
wie zu Eis erstarrt, verstunimtc. Sie war sich in 
diesem Augenblick gewiß, daß sie ihn bitter haßte, 
und als jetzt Abdul Hassan nach langer Zeit wieder 
einmal sich ihr näherte, war es ihr willkommen, 
einigermaßen ihrer Bedrängniß durch Worte Lust 
zu machen. 
(Forts, folgt.) 
Zur Kritik des heutigen Theaters. 
Es ist eine traurige Thatsache, daß von Jahr zu 
Jahr der Sinn für das classische Repertoir immer 
mehr an Boden verliert und dafür die Posse in 
ihrer zunehmenden Bornirtheit und Oede die „Bret 
ter, die die Welt bedeuten," beherrscht. Beim classi 
schen Stücke muß man nachdenken. Aber das 
Nachdenken ist nicht jedermanns Sache. Zündende 
Couplets, mehr oder weniger gepfeffert, ernten fre 
netischen Beifall, erschütternde Lachsalven. Nicht, 
daß wir denl feinen Lustspiel ein Wort des Nach 
theils sagen wollten, — bewahre! Nicht daß wir 
die Posse gänzlich vom Repertoir verwiesen wissen 
wollten, — die Posse hat einmal ein Recht auf 
Tollheit. — Sie darf grotesk fein, sie darf sich 
jede Hyperbel gestatten, sie darf ungebunden in der 
Kritik sein, aber — sie muß doch Methode haben, 
^uch im Zerrbild müssen menschliche Züge wieder 
gegeben werden, sie muß doch schließlich etwas be 
deuten. Wer wollte nicht lachen, wenn die Lustig 
keit echt ist, wer wollte sich nicht herzlich freuen, 
wenn der Humor, dieses neckische Kind menschlichen 
Geistes heiteren Angesichts seine Locken schüttelt. 
Aber dieser Humor, der mit dem einen Fuße auf 
der Bühne steht und, mit dem andern die Straßen- 
pfützc betritt, gehört nicht auf das deutsche Theater, 
er gehört in den Tingeltangel. Eine solche Posse 
ist u. A. die Mannstädt'sche „Himmelsleiter". 
Sie ist eine von den vielen, und weil sie eine von 
den neueren ist, greifen wir sie heraus. „Der 
Trank, der einem in der „Himmelsleiter" geboten 
wird", sagt die „Freis. Ztg." „ist schal, wie ab 
gestandenes Dünnbier" und sie hat Recht. Von 
der Posse, die nobel einhergeht, wenn auch leicht 
geschürzt, ist keine Ahnung. Und dabei haben die 
Mannstädtschen Possen in Deutschland Erfolg über 
Erfolg erzielt. Was beweist dies für den Werth 
derselben? Es beweist gar nichts, als daß ein 
Theil des Theaterpublikums sich jeder selbsteigenen 
Denkanstrengung willig cntschlägt und, gleichsam in 
einer Hypnose befindlich, sich Bilder ohne Sinn und 
Zusammenhang vorgaukeln läßt. Jeglichen inhalt 
lichen und musikalischen Werthes bar, charakterlose 
Massenwaare, nicht kindliche Lust, sondern höchstens 
ein Zerrbild derselben, so bieten sie die geistige 
Speise für unser blasirtes Großstädterthum! 
Kleine Gedankensplitter. 
Frage Dich: Was kann ich leisten? 
Vieles Fragen trügt am Meisten; 
Auf die eignen Kräfte merk! 
Und dann gehe still ans Werk. 
wegen Erhebung städtischer Tanzabgaben in Neu- 
münster vorlegen. Es wird jetzt auch schon eine 
recht erhebliche Tanz- resp. Maskeradensteuer hier 
erhoben. 
Plön, 28. Febr. Herr Rob. M. Sloman 
in Hamburg hat in Lanunershagen ein Gebäude 
mit allen Einrichtungen für die Aufnahme von 
40 Kindern hergestellt, welche dort während deS 
Sommers sich erholen und kräftigen sollen. Die 
Aufnahme von je 40 Kindern findet statt vom 
1. Juni bis 15. Juli und vom 16. Juli bis 1. Sept. 
Wohlerzogene Mädchen im Alter von 6—12 Jahren, 
Kinder respektabler aber unbemittelter Eltern werden 
berücksichtigt. 
Kiel, 26. Febr. (Fk. Z.) Die Rückkehr der 
Kreuzerkorvette „Luise" gibt aufs Neue zu ernst 
haften Betrachtungen über unsere Kolonie Kamerun 
Veranlassung. Die Mannschaften waren zum großen 
Theil wieder fieberkrank gewesen und sind dermaßen 
erschöpft in ihre Heimath zurückgekehrt, daß ihnen 
ein dreimonatlicher Urlaub zur Erholung gewährt 
werden mußte. Die Stimmung in Marinekreisen 
geht mit Bezug auf Kamerun übereinstimmend dahin, 
daß es nichts Schlimmeres geben kann, als in diese 
Fieberhölle gehen zu müssen. Als erschwerendcr 
Umstand kommt hinzu, daß die Verpflegung daselbst 
eine erbärmliche ist, da cs an den nothwendigsten 
Lebensmitteln fehlt. 
Kiel, 28. Febr. Chrakteristisch ist der Inhalt 
einiger Briefe, welche der des Ranbmordes ange 
klagte Dunkelmann am Tage seiner Abreise nach 
London seinen Verwandten in Altona zur Besor 
gung zurückgelassen und in denen sich die Seclen- 
angst und das böse Gewissen, welches ihn gefoltert, 
wiederspiegelt. Der erste Brief lautet: 
Liebe Ludwig und Frida. 
Ihr habt ja so viel'Gutes an mir gethan, geht nach 
diesem Plan. Ihr habt genug zu leben, vergeht Frau 
Müller und Lina nicht. Lebt wohl ich werde Alles ein 
Ende machen. Vergeht auch meine Blatter nicht die mir 
immer so viel Gutes gethan hat. Betet zu Gott, dah 
ihr auch nicht einmal den Pfad des Verbrechens betretet. 
Euer unglücklicher Hanni. 
Ein zweiter Brief war überschrieben: 
An meine Mama! 
Daß Du den einzigen Sohn fallen liehest, verzeihe 
Dir Gott rc. Ich kann nicht mehr schreiben, bete für 
Deinen Sohn. Hanni. 
Aus der Beweisaufnahme ging hervor, daß die 
Mutter bis in die letzte Zeit ihren Sohn unter 
stützt hatte, um ihn auf bessere Wege zu führen, 
daß aber alles umsonst war. 
Ein dritter Brief ivar an die Großmutter ge 
richtet, er enthielt: 
Gute Mama! 
Verzeihe mir, was ich that. Du weißt was ich für 
eine Erziehung genossen rc. Lebe wohl und bete für 
mich, ich will versuchen, ob ich es auch noch kann. 
Dein Hanni. 
In Dunkelmanns Notizbuch, welches er als 
Tagebuch vom 18. Juli an geführt hatte, war 
eingeschrieben: 
18. Juli. Seit Abends 5 Uhr habe ich keine Ruhe 
hier und im Jenseits. Ich muß eingestehen, Gott weiß, 
wie ich gelitten habe. Es giebt einen Gott und auch 
ein Gewissen. O, wäre ich ein Kind, wie schön hätte 
ich es dann. Hanni. 
chp Heide, 27. Febr. In den Tagen vom 25. bis 27. 
d. M. wurde in unserer Stadt der VII. Schleswig-hol 
steinische Provinzial-Malerverb a nd tag abgehalten; 
es waren ca. 100 Herren erschienen. Nachdem der Vor 
sitzende, Herr Carstens-Kiel den Jahresbericht erstattet 
hatte, erfolgte die Vorlage des Kassenberichts und die 
Wahl der Revisoren. Auf Antrag der Kieler Maler 
innung wurde beschlossen, neben der Prämiirung von 
Fachschulen, auch noch besonders befähigte Lehrlinge aus 
denselben zu prämiiren. Zu diesem Antrag war von der 
Heider Innung die Zusatzfrage gestellt: „Empfiehlt sich 
in unserer Provinz auf den Malertagen eine Prämiirung 
von Meisterarbeiten?" Die Versammlung gab ihre Zu 
stimmung dazu. Der vorgelegte Entwurf eines llnter- 
verbandsstatuts wurde berathen und nach dessen Annahme 
der Vorstand gewählt, der demgemäß aus den Herren 
C a r st e n s -Kiel (1. Vorsitzender), T a n ck (2. Vorsitzender), 
Hem pel (Kaffirer), Schüler (1. Schriftführer), Holm 
(2. Schriftführer), Petersen und Horst (Beisitzer) be 
stehen wird. Sodann erfolgte die Feststellung des Haus 
haltungsetats und ferner der Beschluß, Verhaltungsregeln 
für die Lehrlinge des Unterverbandes einzuführen, ähnlich 
wie solche bereits in der Kieler Malerinnung bestehen. 
Diese Verhaltungsregeln sollen gedruckt und in genügen 
der Anzahl an die einzelnen Jnnngen vertheilt werden. 
Aus der hierauf beschlossenen Aenderung der Lehrcon- 
trakte heben wir hervor, daß in letztere die Pflichten und 
Rechte des Lehrherrn genau präcisirt werden, sowie daß 
Eltern oder Vormünder der Lehrlinge den Lehrcontrakt 
mit unterschreiben sollen unter gleichzeitiger Feststellung 
von Strafen für etwaigen Contraktbruch. Ein weiterer 
Punkt der Tagesordnung betraf eine anzustrebende be 
sondere Unfallversicherung für den Deutschen Ma 
lerbund. Vom Kieler Malertage ist diese bereits empfoh 
len. Auch der schleswig-holsteinische Provinzialmalertag 
entschied in diesem Sinne, wird jedoch vorläufig noch ein 
Jahr an der bestehenden gemeinschaftlichen Unfallversi 
cherung (für Maurer, Zimmerer, Maler, Schieferdecker) 
festhalten, hofft jedoch, daß er später geringere Beitrags- 
procente zu zahlen hat. Wie mit dem Malertage eine 
Fachausstellung verbunden war, so versäumte man auch 
nicht über Erfindungen und Erfahrungen, die das Ge 
werbe betreffen, das Neueste niitzutheilen, so z. B. über 
Kalkolith u. s. w. Im Laufe der Verhandlungen wurde 
später der Vortheil des § 100 e der Gewerbeordnung 
für die Innungen dargelegt und beschlossen, daß die dem 
Verbands angehörige» Innungen die im K 100 e aus 
gesprochene Berechtigung (Ausbildung von Lehrlingen 
allein durch Jnnungsmeister) für sich in Anspruch neh 
men. Dies ist bis jetzt in Schleswig-Holstein in wenigen 
Orten geschehen, z. B. in Rendsburg und in Neumünster. 
Um das Malerfachblatt zu heben und seine Existenz zu 
sichern, wurden die Innungen aufgefordert, demselben 
Berichte über ihre Versammlungen und besondere Vor 
kommnisse, sowie die Jahresberichte zum Abdruck zur 
Verfügung zu stellen. Schließlich wurde als Vorort Hu 
sum gewählt, wo der nächstjährige schleswig-holsteinische 
Provinzialnmlerverbandstag statutengeniätz Bütte Februar 
oder spätestens Anfang März 1889 abgehalten werden 
wird. 
Brux, 25. Febr. Gestern Abend gegen Mitter 
nacht passirte hier ein sehr bedauernswerther und 
schrecklicher Unglücksfall. — Außer vielen anderen 
Gästen war zum Fastnachtsball bei Herrn Dittmann, 
unserm neuen Wirth, auch der frühere Besitzer, 
Herr F. Prinz, von seinem jetzigen Wohnorte 
Westensee herübergekommen. Beim Rüsten zur 
Nachhausefahrt besteigt nun Herr Prinz vor dem 
Fuhrmann, der noch drinnen ist, den Wagen, um 
sich gut einzupacken. Leider wurde der Knecht ver 
anlaßt, auf einen Augenblick seinen Stand vor den 
Pferden zu verlassen. Die Pferde jedoch, nicht an 
gebunden, gehen mit dem Wagen durch und werfen 
nicht weit außerhalb des Dorfes das Fuhrwerk um. 
Als die Leute nachgelaufen kommen, finden sie Herrn 
Prinz in seinem Blute liegen. Kurze Zeit darauf 
haucht er in den Armen seiner Nachbarn sein Leben 
aus. Der jähe Tod des weit bekannten und all 
gemein beliebten Herrn Prinz wird gewiß allseitige 
Theilnahme erregen. (N. Z.) 
X BüdelSSorf, 24. Febr. Der beliebte Recitator 
aus plattdeutschen Werken, Herr Carl Rethwisch, 
wird am 11. März im „Neuen Kruge" hiesclbst 
einen Vortrag halten. Freunden Fritz Reuter'S 
wird dieser Vortrag sicher sehr willkommen sein. 
ID Rendsburg, 28. Febr. Heute fand im Neu- 
werkcr Mädchenschulhau« die Wahl einer Lehrerin 
statt, zu welcher Frl. Tinnesen-Büdelsdorf, Frl. 
Ein atz-Horst und Frl. Eitzen-Heide präsentirt 
waren. Nachdem jede derselben eine Lehrprobe in Bibl. 
Geschichte, Anschauungsunterricht und im Rechnen 
abgehalten hatte, wurde Frl. Eitzen gewählt 
<35 Rendsburg, 27. Febr. An der heutigen 
Versammlung des Ausschusses des Haide-Cultur- 
Vereins für Schleswig-Holstein in Bergmann's 
Hotel hier nahm von Seiten der Königlichen Re 
gierung Sr. Excellenz Herr Oberpräsident Stein 
mann, die Herren Reg.-Rath Petersen, Ober 
forstmeister Hahn und Reg.-Assessor Scheiff theil. 
Der Landesdirector v. Ahlefeld in Kiel als Ver 
treter der Provinz hatte einer Reise wegen nicht 
erscheinen können. Von dem Vercinsvorstande fehlte 
ein Mitglied, während von den Ausschußmitgliedern 
nur 7 anwesend waren. — Laut Jahresbericht sind 
im Jahre 1887 von den Privaten 110 ha aufge 
forstet. 40 verschiedene Pflanzungen sind durch 
Baarmittel oder Vorarbeiten direct unterstützt, wo 
gegen eine bedeutende Anzahl Pflanzungen durch 
Rath und Anweisung wie Pflanzmaterial gefördert 
worden sind. 16 Vereine der Schutz- und Knick 
pflanzung mit 800 Mitgliedern haben sich dem 
Haidekultur-Verein unterstellt. Die Resultate der 
Arbeit derselben ergeben 57 Schutzpflanzungen von 
650 Ar, 3500 Meter Straßenpflanzung mit Allee- 
bäumen, 137,000 bepflanzte Wälle und 6700 
Meter lebende Hecken in den Dörfern und Gärten. 
Auch hier in diesen Arbeiten sieht man die Nütz 
lichkeit de» Haidekultur-Bereins, da eS doch allein 
sein Verdienst ist, ans dem öden Boden in der freiesten 
Lage diese Pflanzungen hervorzurufen. Die meisten 
Pflanzungen dieser Art liegen nämlich auf dem 
Mittelrücken der Provinz Schleswig. — Die Ab 
gabe an Pflanzen aus den eigenen Baumschulen des 
Vereins beläuft sich auf 2 Millionen Stück und 
muß dabei der Ankauf von Pflanzen noch ein be 
deutender sein, da allein ein Zuschuß zu den Preisen 
von 1018 Mk. gezahlt ist. Auch auf die Leistungs 
fähigkeit des Provinzialforst Langenberg fiel ein Licht 
streif, indem der Verein ans derselben allein 140,000 
ältere Fichtenpflanzcn beziehen konnte. -— Die Kassen 
verhältnisse des Vereins sind durch die Opferwillig 
keit der Geldinstitute der Provinz beim Jahresab 
schlüsse günstig gewesen. Die vor Jahren von dem 
Kaufmann Lembke in Kiel dem Haidekultur-Verein 
gemachte Stiftung von 1000 Mk. für eine An 
pflanzung, wird nach Beschluß der Versammlung 
ihre Verwendung vermuthlich auf der Insel Föhr 
finden. Die Spar- und Leihkasse zu Wyk a. Föhr 
hat sich erboten, daS für einen Lembke-Hain erfor 
derliche Land anzukaufen, auch darin eingewilligt, 
dasselbe event, als Sicherung für die fortdauernde 
Erhaltung dem Flecken Wyk zu überweisen, welcher 
seinerseits für die Erhaltung jährlich eine Summe bis 
zu 300 Mk. zahlen will. Das Legat selbst ist durch 
Zuschüsse von dem Verein und den Zinsen bereits 
auf reichlich 2450 Mk. gestiegen. 
Kleine Mittheilungen aus der Provinz rc. 
In Hohenfelde ließ sich kürzlich ein 30j äh rig er 
Mann, der seme Knabenjahre in Amerika zugebracht 
hatte, nachträglich konfirmiren. — Am 4. März d. I. 
feiert das Ehepaar I Nöttelmann und Frau in Valer- 
moor seine goldene Hochzeit. — Der schlesw.-holst. 
Hauptverem zur Fürsorge für die aus der Blindenanstalt 
zu Kiel entlassenen Zöglinge verausgabte im Vorjahre 
2211,64 Mk. an Unterstützungen. — Die Tönninger 
DarlehnSbank hatte im letzten Jahre einen Umsatz von 
rund 30'/, Millionen Mark gegen 19'/, Millionen Mark 
ini Vorjahre. Der Reingewinn beträgt 28528 Mk., an 
Dividende sind 15 Proz. vorgeschlagen. 
Mittheilungen aus dem Publikum. 
Die Redaction stellt die Benutzung dieser Rubrik, soweit ti 
der Raunt gestattet, dem Publikum zur Besprechung von Anae- 
legenheiteu allgemeinen Interesses zur Verfügung, verwahrt sich 
aber ausdrücklich dagegen, init dem Inhalt identificirt zu werden 
und übernimmt dafür keinerlei Verantwortung. 
(Eingesandt.) 
Geehrter Herr Redacteur! In Nr. 20 Ihre« 
geschätzten Blattes ist ein Referat Ihres Hj-Corre- 
spondenten über Nordostseekanal-Verhältnisse ver 
öffentlicht, welches nach mancher Richtung hin an 
Ungenauigkeit leidet. Zunächst ist, kurz gesagt, bei 
der streitigen Wasscraffaire die Nennung von Namen 
und Angabe der örtlichen Verhandlung zu tadeln. 
Sodann sind einige andere, auch mit der „Kieler 
Zeitung" conforme Aufstellungen seitens des Herrn 
Regierungsrath Locwe unzutreffend genannt. * Die 
„Nord-Ostsee-Zeitnng", welche ihrerseits in Nr. 48 
replicirt und dabei aus guter Quell- zu schöpfen scheint, 
sagt, daß die Kanalkommissivn wegen der für zN 
hoch angesehenen Anforderungen der Stadt Rends 
burg, sowie in Berücksichtigung weiteret 
U m st ä n d e, die Kanallinie derart verlegen wird, 
daß sie das Stadtgebiet nicht durchschneidet- 
— Ihrem ^Correspondenten in Nr. 25 des Wochen 
blattes ist der verzeihliche Fehler passirt, daß er dik 
Längendifferenz der ins Auge gefaßten neuen, gegen 
über der bisher geplanten Linie auf 6 hm angiebt 
(er hat wohl 600 Mir. sagen wollen*). Dik 
Summe der Kostenersparung soll „einige Millionen" 
ausmachen, was ohne weitere Aufklärung auch ni# 
geglaubt werden kann. 
Falls da« neue Project, die Kanallinie südlich 
bei Rendsburg vorbei nach Schülp zu führen, ver 
wirklicht werden sollte, so weiß die Kanalkommissio" 
sehr gut, daß die Wasser- und Hafcnderhältnķ 
für Rendsburg genau dieselben sein werden, a/s 
wenn der Kanal unmittelbar an der nördlichen Seit* 
oder durch die Stadt gebaut würde. Sie kaN» 
daher auch auf eine Herabmindcrung der Anforde 
rungen der Stadt nicht zählen und thut eS auch 
nicht. Die etwa erzielte Ersparniß würde auch 
gegenüber dem großen nationalen Werk verschwindend 
*) War ein Schreibfehler, wie wir nachher ersahen. D-
	        
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