Full text: Newspaper volume (1888, Bd. 1)

Melchior fragte nicht wieder und sprach überhaupt 
kein Wort auf der langen Fahrt. Zuweilen fühlte er 
wie einen Schwindel eine rasende Wuth, verbunden 
mit der kaum zu beherrschenden Lust, in der That 
das ganze Geführt in einen Abgrund stürzen zu 
lassen. Die Kraft des ManneSbewußiseins einem 
plötzlich aufgetauchten schweren Verhängnis gegen 
über war jedoch mächtiger in ihm, als die Leiden 
schaft. Er hatte wie ein glaubensseliges Kind ge 
handelt, sagte er sich in seiner Selbstbetrachtung, 
unbekannt mit den schrecklichen Möglichkeiten der 
Verhältnisse und noch unbekannter mit den Ver 
zerrungen, zu welchen menschliche Charaktere durch 
eben diese Verhältnisse gebracht werden. War er 
aber in eine Mausefalle gerathen, so tvollte er doch 
nicht sterben wie eine Maus. 
Er versuchte, sich zu vergegenwärtigen, von welcher 
Art die Empfindungen Jsidora's in diesem Augen 
blicke sein mochten. O lügenhafte Welt — jammerte 
es in ihm —, wie sollte ein Blaun, schlicht und 
einfach, eine Ahnung davon gewinnen, daß ein 
junges Weib, schön und gottgefällig, wie ein ordi 
närer Krämer, listig und verschlagen, seine Existenz 
zu bestmöglichem Preise verhandelt! Ich habe nicht 
verlangt, daß sie mich wie eine Romanheldin auf 
den ersten Blick liebe, ich wollte ihr Zeit gewähren, 
ich wollte mich nach und nach in ihr Herz ein- 
wurzcln. Daß aber dieses Herz frei sei, das 
durfte ich glauben, tveil sie mir das Schalten und 
Walten darüber einräumte, weil sic mir ihre Hand 
gab. Mit Schweigen und Gewährenlassen hat ne 
mich höllischer betrogen, als eine Dirne, die mit 
erlogenen Schwüren täuscht. 
Ja, sie ist schuldbeladen — fuhr er in seinen 
Gedanken fort —, aber sie hat es auch zu büßen. 
Sie hat nicht ein Opfer gebracht, wie einer, der 
sein Leben hingiebt, und mit einem einzigen Schlag 
ist es abgethan. Ihr Opfer wiederholt sich von 
Tag zu Tag durch die lange Zeit einer unglücklichen 
Ehe hindurch bis zur Erlösung durch den späten Tod. 
Plötzlich fiel ihm ein, wie es bei der Bertrags- 
schließnng zugegangen war. Hat nicht der alte 
Schuft, der sein Kind verhandelte, mit Händen und 
Füßen an die Möglichkeit der Scheidung sich ge 
klammert? Um keinen Preis wollte er davon ab 
gehen. Ich ahnte nicht, ivas es bedeuten soll. 
Darauf also hat man hingearbeitet? Das war der 
verruchte Plan? Man wird sich täuschen, das 
schwöre ich! 
Er lachte höhnisch auf, mit einem Klang, daß 
selbst Abdul Hassan davor erschrak. 
Einen Augenblick versank der junge Mann in 
gedankenloses Hinbrüten. Noch zuckten die Blitze, 
noch scheuten die Pferde, noch bedurfte die Führung 
der größten Aufmerksamkeit. Untvillkürlich und un 
bewußt gab sich Melchior dieser Art von Erholung 
hin, wenn durch Anspannung der Sinne und der 
körperlichen Kraft das Wogen und das Brausen 
des Gemüthes weniger empfunden tvird. Zugleich 
dröhnte das Heulen des Sturmes, als ob es die 
Natur übernommen hätte, die Schmerzcnsrufe seines 
Herzens laut tverden zu lassen. Der innere Sturm 
aber wollte wieder sein Recht, und bald war Mel 
chior wieder im Entwerfen der düsteren Bilder, nach 
welchen sich die Zukunft gestalten sollte. 
Ihre Buße — sagte er sich — muß sie durch 
machen, muß sie aushalten bis zum letzten Moment. 
Scheidung? Soll ich mit Fingern auf mich zeigen 
lassen: Der dumme Bauer hat es mit all seinem 
Latein nicht verstanden, das vornehm erzogene 
Mädchen an sich zu fesseln!? Sollen die adeligen 
Gesponsen der bürgerlichen Sattlerstochter mit hoch- 
müthiger Verachtung mich verhöhnen und bedauernd 
sagen: Sie war wie zu uns gehörig und Paßte 
nicht für einen Mann aus dem gemeinen Volk!? 
Lieber will ich Euch den rothen Hahn auf das 
Dach setzen. Scheidung? Nicht für alle Güter 
dieser Erde. Sie muß die Buße tragen bis an's 
Ende. Ich Preise das Gesetz, das dem Weibe nicht 
gestattet, ohne Einwilligung des Mannes sich von 
ihm zu trennen. 
(Forts, folgt.) 
Vermischtes. 
— Der Hase aus dem Eise. Die Mannschaft 
eines Dampfers gewahrte am Montag unterhalb 
Stade einen Hasen, welcher auf einem dünnen 
Eisstück hockend, dem Meere zutrieb. Das Thier 
saß ruhig und schien sich in sein unabänderliches 
Schicksal zu fügen. ■ Der Dampfer machte nunmehr 
Jagd auf das Thierchen und es gelang denn anch, 
dasselbe an Bord zu holen. Es hatte mehrere 
Wunden am Halse und man nimmt an, daß ihm 
diese durch Bisse von einem anderen Thiere zuge 
fügt worden sind und daß es sich aus Angst auf 
das Eis geflüchtet hatte. Da man den zweinml 
aus Lebensgefahr geretteten Hasen nicht tödten wollte, 
uni ihn später der Bratpfanne zu übermitteln, so 
wurde das Thier einem aufgehenden Lootsen mit 
der Weisung übergeben, dasselbe an's Land zu 
bringen. 
— Ein empfindsames Mißgeschick, allerdings 
durch eigene Unvorsichtigkeit verschuldet, hat einen 
jungen Dresdener Kaufmann, welcher dieser Tage 
Hochzeit gemacht, betroffen. Er hatte die Mitgift 
seiner jungen Frau im Betrage von 10000 Mark 
in Reichsbankscheinen in die Hosentasche gesteckt, aus 
welcher sie nach Schluß der Hochzeitsfeierlichseiten 
spurlos verschwunden war. Das Geld ist auch noch 
nicht wieder aufgetrieben. 
Bayerische i pEt. 100 Thlr.-Loose. Die nächste 
Ziehung findet am 1. März statt. Gegen den 
CourSverlust von ca. 115 Mark Pro Stück bei der 
Ausloosung übernimmt das Bankhaus Carl Neu 
burger, Berlin, Französische Straße 13, die Ver 
sicherung für eine Prämie von 5,50 Mark pro 
Stück. Die Rendsburger Creditbank vermittelt die 
Versicherung. 
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Nachahmungen oder geringwerthig," wird vielfach auch 
von anderer Seite versucht, Zwiebelbonbons in den Han 
del zu bringen. Ich erkläre hiermit, daß mein Fabrikat 
schon seit Jahren fast ist ganz Deutschland eingeführt ist 
und vor anderen ähnlichen, jetzt auftauchenden Bonbons 
stets den Vorzug erhält; ein Beweis, daß dasselbe an 
Güte und Wirkung nichts zu wünschen übrig läßt. Ich 
bitte daher das verehrte Publikum beim Einkauf darauf 
genau zu achten, daß meine Firma auf den Beuteln steht 
und sich nicht durch Reclame, welche der liebe Brotneid 
bedingt, irre führen zu lassen. 
Oscar Tietzc. 
Druck und Verlag von demtzverantwörtlichen Herausgeber H> Möller (H. Gütlein Nachfolger).
	        
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