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lLtt.
M in.
Sonnabend den 10. April.
1847.
Verantwortlicher Herausgeber: F. M. Wenvell. Redacteur: C. VsuVit».
Tagesgeschichte.
—0—
Deutschland. ' AuS Berlin wird berichtet:
Daß unsere preußischen Preßvcrhältnisse bald in ein
ganz neues Entwickln,,gSstadium treten werden, unter,
liegt durchaus keinem Zweifel hier, denn die Unhalt,
barkeit der bestehenden Ccnsurvorschriften ist bereits in
unseren höchsten Regierungskreisen, wie man wissen will,
selbst von Prinzen des königlichen Hauses, anerkannt
worden. Damit stimmt diş Nachricht vollkommen
überein, daß der preußische Bundestagsgesandte, Graf
v. Dönhoff, in der Bnndestagssttznng vom II. d. den
Antrag auf Erlaß eines Paßgesetzes, resp. auf Preß.
srciheil, eingebracht habe. Es ist in der Ordnung,
daß Preußen hier nicht für sich, sondern in Ueberein»
stimmuiig mit ganz Deutschland handelt; daß aber die
Bestimmungen cineS etwaigen PreßgesctzeS nicht allzu
gelinde ausfalle» werden, daß sie namentlich die Eri.
stkuz unserer kleinen politischen Journalistik stören und
die journalistische Macht in die Hände der größeren
journalistischen Centralinstitute überliefern werden, dieses
kann nach dem, waS man hier in Berlin über diesen
Gegenstand vernimmt, mit großer Gewißheit voraus,
gesagt werde». Dem sei übrigens, >vie ihm wolle, wir
werden einen neue» wichtige» Fortschritt auf den Bah.
»eu unsers öffentlichen LebenS zu erwarten haben.
Wie», de» 22. März. Die ArbeitS- unb Nah.
rungSlosigkeit nimmt auch bei uns auf eine erschreckende
Weise überhand. In dem Orte Füiifhaiis, unmittelbar
vor der Mariahilfer Linie gelegen, de», eigentliche» Ab-
lagerungsvrte unserer Proletarier, bildeten sich vorgestern
ruhestörerische Gruppe», welche Bäckerläden und das
Derkanfslokal eines „FleischselgerS" (so nennt man die.
jenigen, die mit geräucherten Fleischwaarcn Handel
treiben) aufsnchken und daselbst, ohne weitere Excesse
zu begehen, einen Theil der Vorräthe wegnahmen. Es
wurde Kavallerie dahin gesandt, um bie Ordnung wie.
der herzustellen. Die Regierung hat beschlossen, den
Brodsuchcndcn soviel Hülfe als möglich zu gewähren.
Es ist deshalb den Fabrikanten der Umgegend bedeu.
tei worden, vorzüglich nur Familienväter in Arbeit zu
behalten; für unverehelichte Geselle» und Arbeiter werde
durch Veranstaltung öffentlicher Arbeiten Sorge getra.
gen werden. Ohne Uebertreibung kann man annehmen,
daß derzeit ein Driktheil der Fabrikarbeiter sich brovlos
befindet. Unter solche» Umständen sind natürlich die
Spitäler, die Arbcils-, Armen- und Slrathäuscr über
füllt. Auch die Preise der Lebensmittel sind noch
immer im Steigen.
Hannover, den 25. März. Der Vortrag, womit
die L-tände de» Entwurf einer Criminalproceßordnung
erbitten, steltr die Mängel unseres wie des gemeinen
deutlchen Criminalprocesses überhaupt übersichtlich zu«
tamnien, erinnert an die vorausgegangene» Verhand
lungen, die sich Jett 1830 bis auf den heukigen Tag
mehr oder minder durch alle Landtage fortgezoge»
haben und motivirl das Bedürfniß „gründlicher Refor.
nie»' ausführlich und beredt. Da die Verhandlungen
dieser letzte» Zeit, welche die Grundlage des in Rede
stehenden Schreibens bilden, noch nicht vergessen sein
werden, der Antrag aber bekannt ist, so glauben wir
Mit der Hervorhebung nachstehenden Satzes zu genügen:
-I» der That diese (im Vorhergehenden ausgezählten)
Gebreche» liegen so sehr in dem ganzen Wesen des
jetzigen Verfahrens, sie sind so vollständig und vielfach
wissenschaftlich und praktisch erörtert, daß es einer
weitern Ausführung hier nicht bedürfen kan». Und
wenn die Klagen über Mißbrauch der richterlichen Ge.
walt, wovon leider! auffallende Beispiele bei dieser Ge-
"genheit zur Sprache gekommen, nicht allgemein geführt
werden, so muß solches wesentlich aus Rechnung der
Gewissenhaftigkeit und Rechtlichkeit unsers Beamten-
standes gesetzt werden. Wo es sich aber, wie hier. um -
^cben, Freiheit, Ehre und Vermöge» der Staatsbürger
Garantie des verfassungsmäßigen Schutzes
wo so tiefe Schäden der ersten
und wichtigsten Staatsanstalk in Frage sind und wo
zugleich mit dem wahren Ansehn des Richterstandes
das Vertrauen und der Glaube deS Volks an die Rich,
tigkeil der Rechtspflege auf dem Spiele stehn, — da
wird mit gründlichen und „mfaffenden Gegenmaaß.
regeln nicht gezögert werden dürfen, und wenn Stände,
ihrem Beruf gemäß, dies Bedürfniß beS Landes zur
Abhülfe bei k. Regierung zur Sprache bringen, so
zweifeln sie überall nicht, daß die k. Regierung, die
ihr hohes Interesse an einer festen Begründung einer
guten Rechtspflege noch in neuerer Zeit mehrfach
gegen Stände erklärt hat, ihre Hand gern dazu bieten
wird
Frankreich. Paris. Ende März. Aus Nancy
meldel man abermals den Tod eines Veteranen aus
der Kaiscrzeit, den des Generals Drouot, der daselbst
m seinem 73sten Jahre gestorben ist. — Das Jo,,™,
des Dèb. erzählte neulich auS Lyon folgende merkwür.
lge DiebeSgelchichte, die Epoche machen wird. Seither
begnügten sich die Diebe aller Art, Schlösser zu fpren.
e 1 3 “ "brechen, Mastern zu erstürmen. Die.
ssS Mal sind ge weiter gegangen; sie haben von einem
Siel aus, das unter der Stadt durchläuft und dieselbe
in zwei Theile theilt, sich eine» unterirdische» Gang
gegraben bis zur Wohnung eines Geldwechslers, den
sie zu plündern gedachten. Die Vereitelung dieteS Vor
habens ist dem Zufalle z„ danken. Das Siel gerieth
i» Stockung, und,alS man „ach der Ursache sorschie,
fand man ein vollständiges Akelier, eine regelmäßige
Bergarbeit mit unterirdischem Haiiptgangc und Ver.
zweigungk», die direct zur Wohnung des Geldwechslers
führten Es wäre demnach im eigentlichsten Sinne
der in Frankreich fdjon so weit getriebenen Diebes-
mdustrie eine neue Bah» gebrochen. — Die Münchener
Vorgänge haben hier, wo Mad. Lola Mvniez gar viele
Bekannte hat, unendliche Heiterkeit erweckt. Was
giebt's Neues aus Baiern? ist die erste Frage in allen
-Eaft'ö und Restaurationen. Und wunderbar, während
es sich in München darum handelt, die ,chöne Spanierin
zu dotiren, wurde ihr hier in Paris ein Proceß wegen
einer unbezahlten Wäsche-Rechnung gemacht. Sie sollte
600 Franken für Bettwäsche zahlen, ja sechshundert
Franken für Bettlaken! Dortchen Lakenreißer selbst
hätte in einem Jahre nicht mehr gebrauchen können!
Schon werden die Münchener Vorgänge für ein Vorstadt-
theater dramatisirt und es ist sogar Aussicht vorhanden,
daß Heinrich Heine de» köstliche» Stoff in spanischen
Assonanzen besingt.
bttglaird. Aus London. Ein Correspondent
der Weserzeiiung berichtet: Wik sich überhaupl die Ge
werbe hier mehr als auf dem Continente vervielfacht
haben, so hat der gelehrte Stand in neuerer Zeit da-
durch eine weitere Ausbildung erhalte», daß Literaten
Bücher für Andere, welche gern Schriftsteller sein moch
ten, anoarbeitcn. Sv erbietet sich z. B. Seite I der
„Morning-Post" vom 8. Febr. ein Literat, Werke über
eme beliebige Materie für Andere zu verfassen, oder
ihre Manuscripte zu verbessern. Er beschreibt sich als
einen Reeensenlk» (reviewer) und als einen Gelehrten,
welcher mit der clafsifche» Literatur wohl vertraut ist
(classical scholar) und beruft sich aufvo» ihm her.
ausgegebene Werke, von denen mehrere für Andere aus.
gearbeitet seien, daher ihren Namen trügen. Er ver
sichert dabei, niaii könne sich auf seine Verschwiegenheit
verlassen und nennt — einen Schuster Philp, bèi wel
chem man Briefe zur Beförderung an ihn abgeben
könne. Wie sehr die Wissenschaft ferner gemißbraucht
wird, zeigt folgender Fall. Der königliche Leibarzt
Sir Henry Halford war hier ein sehr beliebter Arzt
und hatte in seiner medicinischcn Praxis viel Glück.
Nach seinen, vor etwa -1 Jahren erfolgten Tode suchte
nun ein Speculant die noch vorhandene» Recepte des
selben, an sich zu bringen, um nach ihnen Mediraniente
bereite» zu lassen und zu verkauft», als ob die Recepte
nicht für iiidividuelleZFälle geschrieben wären, sondern
für^ alle Kranke paßte». Er ließ in die öffentlichen
Blätter Annoncen einrücken, nach welchen er für solche
Recepte ein gutes Honorar zu gebe» versprach „n,S
fcslbfi sich deê Vorwaiidks bediente, die Recepte zum
Nutzen einer mildthätigen Aiistalt gebrauchen zu wollen
Einer meiner Bekannten hatte ein Recept von Sii
Henry gegen »inen Husten, welcher dadurch in kurze,
Zeit gehoben war; der Husten war aber bloß durch di,
nebelige Lust Londons entstanden und ein Recept füi
>h» paßte nicht ans alle Arten dieser Beschwerde. El
war bereit, es für 1 Pf. Sterl. zu verkauftn, indem
er iclbst für die. Consultation und das Recept Si>
Henry's so viel bezahlt hatte. Er erhielt dies auch
von dem Speculanten und nachdem Letzterer eine ziem.
liche Anzahl solcher Recepte erhandelt hatte, ließ er sich
von einem der vorhin beschriebenen Buchmacher ein,
Broschüre aufsetzen unter dem Titel: „Sir Henry Hal.
ford's Rathgeber in den wichtigsten Krankheiten"; dies,
Schrift sollte unter Sir Henry's nachgelassenen Papieren
gesunden sein. Er verband sich hiernächst mit einem
Apotheker, welcher hiernach Medicamente bereiten und
sie nebst jener Broschüre verkaufen sollte. Anfangs
glückte die Speculation; vann erschien aber eine Recen-
sion jenes „Rathgebers", in welcher der Verfasser des.
selben mit seiner Behauptung, daß sie von Sir Henry
herrühre, ,sür einen Lügner (mendacious fellow) er.
Härt wurde. Dies machte dem Unternehmen ein bal.
diges Ende. ES kam hinzu, daß in vielen Fällen aus
dem Recept nicht zu ersehen war, welche Krankheit da.
durch gehoben werden sollte; man hakte dann gerathen
und oft gefährliche KrankheitSzufälle veranlaßt — ES
wurde im Parlament angeführt, daß i„ diesem harten
Winken im Monat Januar in der irischen Grafschaft
Mayo allein 4000 Ausweisungen stattgefunden hätten,
und daß die Käthner, wenn sie nicht gutwillig Haus
und Hof verließen, mit Gewalt fortgetrieben wurde».
So ist es aber immer in Irland gewesen. l)r Taylor
sagt i",seiner Geschichte Georg »I., .Irland und Schott,
land verloren JT73 durch die grausame Habsucht der
Gutsherren einen großen Theil ihrer Bauern; diese
gingen nach Amerika, und füllten ein Land, welches
gerade setne Unabhängigkeit erkämpfen wollte, mit einen,
arbeit,amen abgehärkeke» Volke, welches einen bittern
Groll über feine gezwungene Auswanderung empfand."
I» Beziehung auf einen Fall dieser Art schrieb Gold.
smith sein schönes Gedicht: „Ille deserted village
das verlassene Dorf."
Italien. Rom, vom 13. März. Der Cardi.
rial Amat hat als Legat von Bologna angeordnet, daß
jedermann in dieser Legation seinen Vorrath von Korn
genau anzugeben hat, unter Androhung, im Unter.
lassungstaUe die Vorräthe unter die Armen vertheilen
z» lassen. Es werden nun bewegliche Colonnen in den
Provinzen errichtet, um den Verkauf und die Versen
dung des Korns im Jnlande zu beschützen. Damit
das Milikair in den Städten nicht z„ f f()r vermindert
wird, sind die truppe ausiliarie, eine Art Landwebr
einberufen,— Durch den Generalpräfecien der Straßen,
und Wasserbauten, Cardinal Massimo, ist „u L
Einführung der Gasbeleuchtung von
Ron. ausgeschrieben worüber die Beding.,„gen in seinem
Bureau e,»zu,ehe» ,„,d. Dagegen ist über die Eisen
bahnen noch immer nichts entschieden, da alle vorge.
Plane mit den schönsten Versprechungen ohne
wirkliche Mittel sind, und die Unternehmer erst Geld
suchen wollen, wenn ste die Eoncesston erhalten haben. —
Arapel, vom 17. März. Eine ganz kürzlich «ufS
freundlichste wiederholte Einladung des Kaisers von
Rußland an de» König von Neapel, ihn -in Peiersburq
zu beiuche», giebt aufs neue Veranlass,i»g vo„ einer
größer,. Reise des Königs und der Königin nach Wien
und so weiter zu reden. Da man jedoch weiß, wie
gern der König seine Neisepläne geheim hält, und damit
seine nächsten Umgebungen zu Überraschen pflegt, so
begnügt man sich vorderhand nur von einer Reise nach
Rom gleich nach Ostern als von einer bereits be
schlossenen Sache zu sprechen. — Man redet hier aufs
neue von eine», Besuch bcö Jnfanten Don Enrique in
Neapel und bringt Heirathsprojecie damit in 'Verbin
dung, welche keineswegs den Beifall des jungen Für
sten zu haben scheinen.
Norwegen. Von daher wird berichtet, daß