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Beilage
jum Nendsburger königlich - privilegirten Wochenblatte.
'W Sonnabend den 3. April.
J[i 14.
1847
Die Brieftauben.
(Rach dem Französischen des vöi»»xer-l
Ihr Tauben, die der Griechen Dichtung
Einst an der Liebe Wagen band.
Jbr fliegt na» Belgien hin die Richtung,
Und meldet, wie die Rente stand!
Sv braucht zum schnöben Geldgewinnen
Jetzt Alles des Jahrhundert- Sohn;
Ihr seid jetzt Börsenmäcklerinnen,
Einst flogt ibr uni der Venus Thron.
Umsonst ward unsrem armen Leben
Die Lieb' und Poesie gewähre.
Das Gold erweckt ein fiebrisch Streben,
Das selbst am Reiz der Schönheit zehrt.
Drum flieget heim, zu unsrer Sckande,
Euch rettend vor der Geier Wuth,
Und tragt mir fort zum Götterlande
Der Lieb' und Dichtkunst heil'ge Glutb. —
Mirabeau ö Portrait.
(Aus Lamartine's „Histoixe des Girondists. “) j
Mirabeau war von Geburt Edelmann, aus alter,
Ursprünglich italienischer Familie, welche sich nach der
Provence geflüchtet und dort angesiedelt hatte. Die
Wurzel des Stammes war toskanisch. Die Familie
siehörie zu jenen Geschlechtern, «welche einst Florenz in
îkine» Freiheilsstürmen aus seinem Schoße ausgestoßen
Mtte und deren Aechtung und Verfolgung Danke seiner
Vaterstadt in so bittern Versen zum Vorwurfe macht,
-^as Blut Macchiaveils und der unstäte Geist der ita»
^knischen Republiken fand sich in allen Individuen dieses
Geschlechts wieder. Die Verhältnisse ihrer Seelen lvarcn
sikößer als ihre Geschicke. In ihnen lag Alles, Laster,
Leidenschaft, Tugend, jenseits des Gewöhnlichen. Die
stauen dieser Familie sind entweder Engel oder ver
erbte Geschöpfe, die Männer großartige oder entartete
Gestalten; selbst ihre Sprache ist voll Betonung und
Ģrôfle wie die Charaktere. In ihren vertrautesten
Priesen finden wir die Färbung und die Schwingungen
er italischen Heldensprache. Die Vorfahren Mirabeau's
ldrccheii von ihren häuslichen Angelegenheiten wie Plu-
larch pvn der Eifersucht zwischen Sulla und Marius,
Zwischen Cäsar und Pompejus. Man fühli's, es sind
siroße Männer, in kleinliche Verhältnisse versetzt. Diese
häusliche Majestät und Männlichkeit athmete-Mirabeau
Mon in der Wiege ein, iu>d ich lege Gewicht auf diese
ftinzclheiten, welche scheinbar von der Erzählung ab-
Hegkn und sie doch erklären. Der Quell des Genies
rnispringt oft im Geblüt, und manchmal ist die Fa
milie eine Weissagung des Schicksals.
Mirabeau's Erziehung war rauh und kalt wie die
Hand seines Vaters, welchen man den „Freund der
^ienschheii" nannte, den aber ei» rastloser Geist und
°îne selbstsüchtige Eitelkeit zum Verfolger seiner Fra>l
zum Tyrannen seiner Kinder machte. Stakt aller
Tugend lehrte man ihn Nichts als die Ehre. So
kannte man damals jene Paradetugend, welche häufig
Iknng Niehls bedeuîet als Schein der Rechtschaffenheit
Eleganz des Lasters. Frühzeitig dem Kriegsdienste
^erwiesen, entlehnte er den inilitairische» Sitten bloß
stns: Geschmack an Spiel und Liberiinage. Die Hand,
seines Vaters erreichte ihn überall, nicht um ihn aufzu
lichten, sondern um ihn unter den Folgen seiner Ver-
srrungeii noch mehr zu zerknicken. Seine Jugend ver
fließt in-den. Staatsgefängiiiffeii, in deren Einsamkeit
ieiiie Leidenschaften zu Gift werben, seine geistige Kraft
flch an den eisernen Giilerstäben schärft und zuspitzt,
iki» Gt'lnükh daö Schamgefühl verliert, welches selten
ke Entehrung solcher frühreifer Züchtigiliigen überlebt.
wird lviedcr aus de,» Kerker hervorgezogen, um
ņ>lt väterlicher Gutheißung eine schnnerige Heiraih mit
cn> Fräulein von Marignan, der reichen Erbin eines
er größten provencallscheii Häuser, zu versuchen,, und
''un rührt er sich kincin Ringer gleich ,» der kleinen
<srk„a des Städtchens Air mit allen Listen, allen Ver-
'Ukgenhkiļcn der großen Politik. Schlauheit, Verfüh.
'U"g. Bravour, alle Tiefe» seiner reichen Natur eiii-
Unckelt er, um daS eine Ziel zu erreichen;
Lichts, »her kaum vermählt. >virv er,
Tilgungen gehetzt, und die Veste Pvntarlier öffnet
Uw ihm. Eine Liebe, welche die „Briefe a» Sophie"
'"sterblich gemacht haben, erschließt ihm von Neuem
^ Pforten des Gefängnisses; er entlührt Frau von
eonnier ihrem alten Gemahl, und die glücklichen Lie-
k"de» flüchten sich auf einige Monate nach Holland,
k ""Erreicht, man trennt, man sperrt sie ein, ihn in
Thurm von VineeiineS, sie in ein Kloster. Die
ball?' ' ue ^ e — u'ie das Feuer in den Adern des Erd-
« , s şikts bei irgend einer Wendung in den
all b''êşshicksalen großer Menschen offenbart, entzündet
»i^^b'bkuschafken Mirabeau's in einem einzigen flam-
ndc„ Brennpunkte. J„ seiner Rache ift es die ge,
*J * S i e6e ' b .er cr Genugthuung schafft; in seiner
’ fl ist cs die erlöste, die wiedererlangte Liebe; in
er cr-
von neuen
seinen Studien selbst ist es die Liebe, die er verherrlicht.
Als namenloser Mann tritt er in den Kerker, er ver
läßt ihn als Schriftsteller, Redner, Staatsmann, 'aber
verderbt, bereit zu Allem, selbst sich zu verkaufen um
Vermögen und Berühmheit einzuhandeln.
Das Drama seines Lebens liegt bereits als fertiger
Entwurf in seinem Kopfe; er bedarf nur noch seiner
Bühne und diese Bühne errichtet ihm seine Zeit. In
dem Zwischenräume der wenigen Jahre, welche für ihn
zwischen der Befreiung aus dem Thurme von Vincennes
und der Rednerbühne in der Nationalversammlung liegen,
häuft er polemische Arbeiten zusammen, die jede» andern
Menschen ernlüdet hätten, die ihn' nur in Athem er
halten. Die Bank von St. Charles, die Institutionen
Hollands, das Werk über Preuße», der Faustkamps
mit Beaumarchais, sei,, Stil und seine 'Rolle, jene
große» Plaidoyers über Kriegssrage», Finanzsragen,
Fragen des europäischen Gleichgewichts, jene beißenden
Jnvecliven, jene Wortduelle mit de» Ministern oder
den Vvlksmännern des Augenblicks, Alles erinnert be
reits an das römische Forum in den Tagen des Cicero
lind des Clodius. Man fühlt i„ ,'hm den antiken
Menschen mitten in ganz modernen «Streitfragen. Man
glaubt das erste Brüllen jener nahe bevorstehenden
Volkstunlulte zu vernehmen, welche seine Stimme zu
beherrsche» berufen war. Bei den ersten Wahlen zu
Air wird er vom Adel mit Verachtung verworfen;
alsbald stürzt er sich unter das Volk, denn er weiß
daß die Wagschale immer auf die Seite sich neigen muß,
in welche er die Wucht seiner Ksthnheit und seines Ge
nies schleudert. Marseille macht der Stadl Air den
großen Plebejer streitig. Seine beiden Wahlen, die
Reden, welche er bei dieser Gelegenheit hält, die
Adressen, welche er verfaßt, die Energie,'welche er ent-
faliet, beschäftigen ganz Frankreich. Seine tönenden
Worte werden die Sprüchwörler der Revolution. In
dem er sich iu seinen klangvolle» Phrasen mit den
Männern des Alterthums vergleicht, stellt er sich in
der Phantasie des Volks aus gleiche Höhe mit j-nen
Rollen, deren Erinnerung er erneuern ivill. Man ge
wöhnt sich daran ihn mit den Namen, auf die er sich
beruft, zu verwechseln. Er beginnt mit lärmendem
Getöse, um die Gemüther für große Erregungen empfäng
lich zu machen; in jener sublimen Apostrophe an die
Marseiller kündigt er sich stolz der Nation an: „Als
der Ictzte der Gracchen seinen Geist aufgab, warf er
Staub zum Himmel empor, und aus diesem Staube
ward Marius geboren! Marius, minder groß durch die
Vernichtung der Cimbern, als deshalb, lvcil er in Nom
die Aristokratie des Adels zu Boden schlug."
Seitdem er die Nationalversammlung betritt, er,
füllt er sie ganz; er allein war ln ihr das ganze Volk.
Seine Gesten sind Befehle, seine Bewegungen Siaais-
streiche. Er stellt sich aus gleiche Höhe mit dem Thron.
Der Adel fühlt sich besiegt durch diese Kraft, die aus
seinem Schoße hervorging. Die Geistlichkeit, welche
Volk ist, und welche die Demokratie in der Kirche
herstellen will, leiht ihm ihre Stärke, um die zwiefache
Aristokratie des Adels und der Bischöfe zu stürzen. Und
min zerbröckelt in wenig Monaten, was Jahrhunderte
aufgebaut und zusaiiimengekittet hatten. Mirabeau ist
der Einzige, der unter all den Trümmern sich wiederer.
kennt. Seine Tribuneiirolle läuft ab, es beginnt die
. Rolle des Staatsmannes. In .der ist er noch größer
als in der ersteren. Wo sonst alle Welt nur tastet, da
greift er richtig, geht er gerade aus. Die Revolution ist
in seinem Kopfe nicht länger ein Zürnen, sie wird ein
Plan. Die Philosophie des achtzehnten Jahrhunderts,
gemäßigt durch die Klugheit des Staatsmannes, strömt
vollständig formuliri von seinen Lippen. Seine Beredt-
samkeit, gebieterisch wie das Gesetz, ist von nun a» nur
noch das Talent, die Vernunft zur Leidenschaft zu erheben.
Sein Wort entzündet, erleuchtet Alles; von diesem Augen
blicke an steht er allein, und er ha! de» Muth allein zu
bleiben. Er trotzt dem Neide, dein Hasse, dem Murren,
seine Stütze ist das Bewußtsein der eignen Ueberlegenheit.
Verachtungsvoll verabschiedet er die Leidenschaften, die
ihm bis dahin folgen mußten; er will von ihnen Nichts
mehr wissen, so wie seine Sache ihrer nicht mehr bedarf;
von nun an redet er zu den Menschen nur noch in, Namen
des Genies. Er bedarf keines anderen Rechtstikels, »m
Gehorsam zu finden. Seine Macht ist die^dftimimimj,
welche das menschliche Herz der Wahrheit schenkt. Jeder
Gegenstoß erneut ihm seine Stärke. Er erhebt sich in, ,
mitten der Parteien . und über die Parteien. Alle ver
abscheuen ihn, weil er sie beherrscht, »nd alle bemühen
sich um ihn, weil es von ihm abhängt, ihnen zu dienen
oder sie zu verderben. Er ergibt sich keiner, er unter,
handelt mit allen; in dem stürmischen Elemente jener
Versammlung gründet er unerschütterlich die Funda
mente der umgeformten Constitution: Gesetzgebung, Fi
nanzen, Diplomatie, Krieg, Religion, Volkswirihschast,
Gleichgewicht der Gewalten, alle diese Fragen ergreift
und zerlegt er, nicht als Utopist, sonder» als Staats
mann. Seine Lösung dieser Frage ist immer der ge
naue Durchschnitt zwischen Ideal und Praris. Er bringt
die Vernunft in den Bereich der Sitten und die Insti
tutionen in Beziehung zu den Gewohnheiten. Er will
einen Thron, um die Democratie zu stützen, er will die
Freiheit in den Kammern, und den Willen der Nation
als einen und unwiderstehlichen in der Regierung. Die
so oft definirte, so oft verkannte Eigenthümlichkeit seines
Genies liegt noch mehr als in der Kühnheit in der
Richtigkeit. Unter'der Majestät der Sprache verbirgt
er die Unfehlbarkeit des gesunden Verstandes. Selbst
seine Laster vermögen nichts wider die Schärfe und die
Aufrichtigkeit seiner Intelligenz. Am Fuße der Tribüne
ist er ein Mensch ohne Scham und Tugend, auf der
Tribüne ein ehrlicher Mann. Im Privatleben seinen
Ausschweifungen hingegeben, von fremden Mächten
bezahlt, dem Hofe verkauft, um seine verschwenderischen
Gelüste befriedigen zu könne», bewahrt er sich trotz dieses
schmählichen Handels iiilt feinem Character die Unbestech
lichkeit seines Genies. Von allen Eigenschaften', durch
die ein großer Mann auf sein Jahrhundert wirkt, fehlte
,ihm nur eine: die Ehrlichkeii! Für ihn ist das Volk nicht
eine Religion, sondern ein Werkzeug! sein Gott ist der
Ruhm, sein Glaube die Nachwelt; sein Gewissen wohnt
bloß in seinem Verstände, der Fanatismus seiner Idee ist
rein weltlich; der falte Materialismus seines Jahrhunderts
raubt 'seiner Seele die Triebkraft, die Gewalt und das
Ziel der uiivelgäiiglichen Dinge. Er stirbt mit de» Worten:
„hüllt mich in Wohlgerüche und bekränzt mich miiVlumen,
daß ich so eingehe zum ewigen Schlaf." Er gehört ganz
und gar der Zeit, durch nichts gibt er seinem Werke den
Stempel eines Unendlichen. Er heiligt weder seinen
Character, noch seine Handlungen, noch seine Gedanken
durch ein unsterbliches Symbol. Hätte er an Gott ge,
glaubt, so wäre er vielleicht als Märtyrer gestorben,
und dann hätte er uns die Religion der Vernunft und
das Reich der Democratie hinterlassen. Mirabeau, mit
einem Worte, ist die Vernunft eines Volkes; er ist noch
nicht Religion der Menschheit.
Rendsbtirger Armenwefen.
In der am löten d. M. gelialtenen Versammlung der
Versorgungscommittee der allerhöchst angeordneten Armen»
commission wurden bewilligt:
Der Wittwe Catharina Barlach 5 Ellen Leinen.
Dem Andreas Christian Scheel vom loten v. ,M. eine
wöchentliche Unterstützung von 12 ß.
Der Wittwe Margaretha Dvrethea Christensen vom I6:en
v. M. wöchentlich 8 ß Pflege.
Dem Franz Anton Zimmerman» und Familie, 20 Ellen
Seinen und statt 8 ß vom Listen v. M. wöchentlich
16 ß Pfleae. '
Dem Claus Mehr und Famile vom 17teu v. M. eine
wöchentliche Unierstützung von 16 ß.
Der Maria Catharina Mob! vom 17ren v. M. eine wöcheni,
licke Unterstützung von 12 ß und vom 19ten d. M.
von 20 ß
Dem Jacob Paulsen Derby vom 19rcn v. M. wöchentlich
12 ß Pflege.
DeS Claus Haß Frau vom ISten v. M. wöchentlich 8 ß
Pflege.
Dek Wittwe Anna Koos vom 19ten v. M. wöchentlich 8 ß
Pflege.
Der Wittwe Wiebcke Hauser 5 Ellen Leinen.
Dem Friedrich Henneberg 10 Ellen Leinen.
Dem Armenvogt Rvbwedder für den Knaben Christian
Wendt vom Iste» b. M. ein jährliches Kostgeld von
16 ş
Dem Friedrich Mahn statt 12 ß vom 12 d. M. wöchent-
licfc 16 ß Pflege.
Dem Schuster Jensen für das Mädchen Anna Maria Holl-
dvrff, vom IO:eņ v. M. ein mviiaiilches Kostgeld von
1 vp 8 ß und 1 Hemd.
Dem 3 i nun ermann Witllg für den Knaben Manin Holl
dorff von: lOren v. W. ein jährliche» Kostgeld 'von
10 »F.
Dem Schuster. Friederich Bossei für das Mädchen Elisabeth
Holldorff vom loten v. M. ein jährliches Kostgeld von
10
Dem Jürgen Siel) vom Ilten b. M. wöchentlich 16/3
Pflege.
Der Wittwe Wiebcke Abel Harcke vom 18ten v M wö
chentlich 12 ß Pflege.
Der Maria Kündell vom 7mi Januar wöchentlich 24 ß
Pflege. .
Des Johann Dreiler Frau vom Lüsten v. M. wöchentlich
8 ß Pflege.
Der Wittwe Catbarina Ackermann vom Ilten d. M. wv-
* chenilich 4 ß Pflege.
Dem Hans Blunck eine außerordentliche Unterstützung von
28 ß.
Dem Ferdinand Carl Frieden» Mphrt eine außerordentliche
Unterstützung von i Nchlr. 12 ß.
Der Wittwe Margaretha Sovbia Schulz 1 Hemd.
Der Ehefrau Catharina Elisabeth Caroline Schaar vom
19ren d. M. eine wöchentliche Unterstützung von 8 ß.
Der Ehefrau Sophia Henriette Vaniny vom ifle» d. şyt!
eine jährliche Unterstützung von 12 Rthlr.
Dem Beiibix Kühl eine anßerorbenttiche Unterstützung von
4 Rthlr. 16 ß.
Dem Gärtner Lundins eine außerordentliche Unterstützung
von 20 ß und 1 Paar Schuhe und 1 Hemd.
Der Ebefrau Eisner vom 24sten v. M. wöchentlich 10 ß
Pflege.'
Für an die Armen venheiltei, Torf 66 Rkhir. 32 ß.
Zur Confirmation:
Dem Christian Friedrich Johann Hein 1 Rthlr.
Dem Friederich Heinrich Ludwig Svickmani, 1 Rthlr.
Der Wiebcke Sophia Earvline Nicks 1 Rthlr.