dir Vornahme gerichtê- und staatsärzilicber Geschäfte be
treffend, sowie schließlich die Vorberaihung über die Repar
tition der Anlagekosten der Kunstsiraßeii.
In der sieben und zwanzigsten Sitzung fungirke
in Abwesenheil des Präsidenten der Vicepräsident, Kloster,
viopst Gras von Revenciow. Das Protocoll der 24sten
Sitzung wurde verlesen, rectificirr und genehmigt.
In der acht und zwanzigsten Sitzung wurde vom
Präsidenten als eingegangen angezeigt: sieben Exemplare
einer Petition der Bürger und Einwohner Rendsburgs
an die Holsteinische Ständeversammlung, das dänische.Reicks-
bankgeld betreffend, von dem Verfasser, Advocate» Lvhse,
der Schleswigicken Ständeversammlung mitgetheilt. Es
erfolgte hierauf eine Discussion, betreffend die Delegirung
der ricieri-vaflliLen Mitglieder. Der Tagesordnung gemäß
wurde darauf zur Vorberaihung über den Commirreeberichr
zu dem Entwurf einer Verordnung, betreffend die Aufhe
bung des Einfuhrzolls für Kornwaaren und Rapsaat, sowie
die Ermäßigung dieser Abgabe für Grütze und Mehl, ge
schritten.
—S-—
Korrespondenz.
Schleswig, den 18ten Januar. Da der Herr Etats-
und Regierungsrath P. Lüdcrs. bisheriger Abgeordneter
unserer ©taBc in dem zweiten Sexennium zum Abgeordneten
der Stadt Husum neuerdings gewählt worden ist, so wird
unsere Stadt sick nacd einem Manne umsehen müssen, der
leine Stelle würdig zu vertreten im Stande ist. Unsere
Stabt bietet eine Reihe intelligenter Planner, die zugleich
wahlsähia sind, dar. Indeß haben auch andere Städte
unseres Landes vorzugsweise auf sie bisher ihre Aufmerk
samkeit gerichtet gehabt. Abgesehen davon, baß diese Män
ner der großen Majorität angeboren, daß ihr politischer
Charakter bekannt und bewährt ist, daß sie durch neue oder
jüngere Männer schwerlich überstrahlt werden dürsten, so
daß ihre Wiedererwähluiig in ihren früheren städtischen
Wahldistricien kaum zu bezweifeln ist, so fragt cs sich allcr-
dinaS, auf wen denn hier die Wahl vorzugsweise zu leiten
sein wird? Die Sradr Schleswig bar mit Cappeln und
Arnis bisher das Princip festgehalten, daß einer ihrer Ab
geordneten dem Bürger-, einer dem gelehrten Stande an.
gehören solle. Für das erste Sexennium wurde der Depu-
lirie Bürger und Kaufmann Fr. Beiwald und der Ober-
gerichlsratb Graf v. Mvltke, gewählt; für das zweite jener
wiederum und der Regierungsrath P. Luders. Die Stell
vertreter berücksichtigte man weniger. Nun war es wob!
entschieden, daß, sobald Herr Ober- und LandaericblSabvvcat
Beseier anderswo wieder erwählt worden sei, io auch der
Eratsratb Esmarch und Dr. Gülich, man diesem Systeme
treu bleiben werde, so daß dann der Regierungsrath Lüdere
als- Abgeordneter der wiffenschaftlich gebildeten Intelligenz
erwählt werden würde, indem als Repräsentant der bürger
lich gebildeten Intelligenz als Wahlcandidaten die Herren,
Fabricank Firjahn, Buchhändler Brühn, Lombardverwaltcr
Gude, »eben dem Herrn Kausmann Berwald und andern
Männer» genannt wurden. Als Stellvertreter des Abge
ordneten aus dem gelehrten Stande wurden in Vorschlag
gebracht, Herr Ober- und Landgerjchlsadvvcat P. Hlanscn»
Herr Advocat Matthiesen, Graf v. Moltke, Se. Durch!, der
Prinz Friedrich von Noer, indem man annahm, daß der
Regierungsrath Engel dem Vernehmen nach in Tönning
und Garbing gewählt werden würde. Dur» die Wahl des
iliegierungsraths P. Luders sind diese Verbällniffe offenbar
ganz verrückt worden, sowie auch dadurch das alte Mitglied
des Bürgerstandes und der Majorität, Herr Kausmann
Berwald sowohl in dem Wahlcollegium als in dem Museum
erklärt haben soll, baß er auf keinen Fall die Wahl anneh
men wolle. Zunächst steht nun zu bedauern, daß der Fabri
kant Firjabn, ein junger, unternehmender und gesinnungs-
tüchtiger, der freien Ansicht in gewerblicher, staatlicher und
kirchlicher Hinsicht zugewandter Mann ebenfalls entichicdeir
erklärt hat'.' eine Wahl ablehnen zu muffen. Wir glauben,
haß zu große Bescheidenheit, den Platz nicht würdig
genug auszusüllen, ein Hauptmotiv ist. Wir möchten
ihn aber nochmals darauf auimerksam machen, daß es des
starken BürgerarmS und der Mannesgcsinnung für die fol
genden Tage bedarf, die über unser Vaterland kommen
werden, indem ein hinreichend großer Kreis von Männern
in dem Ständesaal wieder erscheinen werde, die der Rechte
des Landes kundig genug sind, daß cs bei der ho»nst»iigen
Frage über die Gewerbeordnung, die mit kreisenden Schmer
zen wie jetzt in Hannover, so auch in unserm Lande hier,
hervortreten wird, allerdings von Wichtigkeit sein würde,
daß wenigstens ein Fabrikant in dem Ştândesaal Platz
nehmen mochte. Freilich kann einer aus einem Stande in
einer Fachwiffenschast großen Einfluß ausüben, allein diese
Same liegt bereits in bedeutenden Vorarbeiten in Holstein
und Schleswig vor und Jeder, der die Ehre hat, alS Ver
treter des Landes zu erscheinen, wird seinen Blick auch
über dix Gränzen Schleswig-Holsteins werfen und die
mächtige Umgestaltung des Gewerbewesens in Verbindung
mit der industriellen und commerciellen Entwicklung an sich
vorübergehe» lassen. Wäre Herr Firjahn für die Annahme
der Wahl zu gewsnnen, so würde» wir ihm unbedingt die
Stimme ertheilen. Dadurch, daß Herr Regierungsrath
Lüders in Husum zum Abgeordneten, Herr Senator Redder
dorr zum Stellvertreter ernannt worden ist, wird die Sckles-
wigsche Kammer der schàtzenSweribe» merkantilischen Kennt
nisse des Herni Rehder beraubt. Die Schleswigsche
Ständeversammlung wird sich j„ dieser Rücksicht absolut
in den Händen deö Herrn Agenten Jensen und des Herrn,
Jvchimsen finden, da der Kanzeleirath Schmidt schwerlich
erscheinen wird, waS dem Principe nach ziemlich gleich sein
würde. Das wäre ein großer Nachtheil. Dadurch daß
Luders und nicht Redder für Husum gewählt worden ist,
können die Husumer Pamculariragen viel objectiver von
ihrem Abgeordneten ventilirt w.rden. Herr Rehder als
Senator und Kausmann in Husum sowohl, als wegen seiner
sonstigen dortigen Verhältnisse, hatte vielleicht diese und
jene Rücksichten nehmen müssen, was Regierungsrath P.
Lüders nicht zu thun nöthig hak, obwohl er «ls früherer
Bürgermeister dieser Stadt, Husum durch und durch kennt.
Herr Senator Rheder gehdrr der Majorität an, er gehörte
zu der Zahl der Wenigen, die sich für Dr. Gülich'e Pro-
position erklärten, die, wenn die Form auch verkehrt, den
innersten Kern der Landesgegenwart erfaßte. Eben deshalb
mutz man die Wähler der Stadt Schleswig auf den Herrn
Senator Rehder aufmerksam machen, damit dessen merkanZ
tilische Kenntnisse nicht verloren gehen, damit den Flens
burg-Dänische» Handeisintereffen, die doch zugleich sub,ec-
tive, particulare Interessen ihrer Vertheidiger sind, eine
allgemeine, commercielle Betrachtung ebenbürtig zur Seite
und, wo es nöthig ist, entschieden entgegentritt. Aus diesen
Ursachen wurde die Stadt Schleswig richtig handeln, wenn
sie Herr» Senator Rheder erwählte. Ob, wenn die desig
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nuten intelligenten Männer Beselcr in Tondern, Clausen
in Hadersleben, Dr. Gülich in Apenrade, Esmarch in Son-
dcrburg, Bremer i» Eckernförde, Lüders in Husum, Engel
in Tönning-Garding, Fries in Friedrichstadt, sowie Rdnnen-
kamp, Dr. Möller und Gerichtshaltcr Hansen in den länd
lichen Wahldistricte» wieder erwählt werden, Schleswig
dann auch noch einen aus diesem Kreise in die Kammer
sendet, ist ziemlich gleichgültig, wenn es nicht noch ein emi
nentes Talent besitzt. Hier kommen denn die Genannten,
denen sich jetzt auch noch der ObergerichtSratb de Fontena»,
der Kammerheir von Ahleielbt anschließen dürften, in Be
tracht. Allgemeine politische Bildung besitzt der frühere
Abgeordnete, der Graf von Moltke vor Allen unstreitig am
meisten, den entschiedensten Willen Se. Durcbl. der Prinz
Friedrich.
Die
Discussion über die Judeiremancipa
tion im Altonaer Bürgerverein.
(Beschluß.)
Ich verkenne Ihre gewiffcrmaatzcir schwierige Stellung
nicht, es ist die Stellung deS Adels gegen den Bürger ge-
wiffermaaßen die Stellung des Despoten gegen das Volk.
Es ist nicht so leicht. Vorrechte aufzugeben. Aber wer liberal
sein will, muß auch consequent liberal sei»; er muß nicht
allein liberal sein im Erlange», er muß auch liberal sein
im Gewähren. Wenn Sie noch nicht die Hobe der poli
tischen Anschauung erlangt haben, zu der andere Völker
erst nach blutigen inner» Fehden gelangt sind, man kann
sich darob kaum wundern; wenn Sie die Freiheit noch nickt
mir alle» ihren nothwendigen Consequenzen begreifen kön
nen, man kann es Ihnen kaum verargen; aber Sie müssen
nur nickt mit Hand und Faust sich dieser Consequenzen
erwehren. Wenn Ihr durch die Nackt der Vorurtbeile
getrübtes Auge das volle helle Lickt der Freiheit nock nickt
ertragen kann, man kann Ihnen kaum einen Vorwurf daraus
macken, aber Sie müssen nur nickt mit Gewalt Ihr Auge
dem mächtig eindringenden Lickte verschließen.
Der Druck schändet aber auch nickt den Unterdrückten,
wenn er ihn nur nickt rubig erträgt, wenn er nur mutbig
dagegen ankämpft, und das thu» wir redlick, der Druck
schändet den Unterdrücker. Ick schäme mick nicht des Drucks,
den ick erleide, ick schäme mich nickt dessen, da« ick nickt
gleiche bürgerliche Berechtigung mit Ihnen theile, aber ich
schäme mich meiner christlichen Mitbürger und Landsleute
wegen, unter denen ick meine meisten und belren und liebsten
Freunde zähle. Wälzen Sie endlich von sich ab den Alp
jahrhundertealter Vorurtbeile, reinigen Sie sick von der
Schande des Jahrhunderte lang begangenen Unrechts, von
der Sckmack des Jahrhunderte lang geübten Drucks.
Es ist ein hohes Gefühl in Deutschland wach geworden,'
an allen Ecken und Enden, in allen Gauen des Vaterlan
des, cS ist das Vorgefühl, daß Deutschland den Rang unter
den Völkern einnehmen werde, der ihm seiner Größe, sei
ner Bildung und seiner Intelligenz nach gebührt, und diese
Ahnung wird eine Wahrheit werden. Wenn erst nicht ein
Stückchen Freiheit mehr für Den und ein Stückchen Frei
heit weniger für Jenen, wenn erst die ganze Freiheit für
Alle errungen lein wird, wenn Deutsckland erst alle seine
Söhne unter Ern Banner vereinigt haben wirb, gleichviel
auf welcher Sckolle sie geboren sind, gleichviel, welcher Race
sie angehören und zu welcher Religion sie fick bekennen,
wenn sie alle unter Einer Fahne vereinigt für des Vater
landes Wohl schaffen und wirken nach innen, und zur Ver-
lheidigung des Vaterlandes eine starke Phalanx dastehen
nach außen, dann wird Deutschlands Einigkeit und Einheit
eine Wahrheit werden, dann wird Deutschlands Kraft auf
ewig befestigt sein, dann wird Deutschland das Gewickt
in die politische Waagschale legen, das ihm von Gott und
Rechts wegen zukommt, dann wird die deutsche Nation
sich mit Recht und in Wahrheit eine große nennen können.
Um nun zu diesem endlichen Ziele ein, wenn auch nur
kleines, Eckerflein beizutragen, bitte ick Sic, den Antrag
des Herrn Dr. Sckubarlh zu unterstützen und ihm beizu.
treten."
Darauf nahm Hr. Advocat Carstens das Wort und
zeigte der Versammlung an, dag er so eben von dem, z.
Z. in Hamburg anwesenden ObergericktSadvocaic» Herr»
Beseier, dem Präsidenten der Sckleswigschen Ständever-
sammlung, komme, der ihn beauftragt habe, sein Bedauern
auSzusprecken, daß er die Einladung des Bürgervereins
ablehnen müsse, und dabei seine besten Wünsche für baS
Fort- und Voranickreiten Altvna'S, als der größte» Stabt
im Lande, auszudrücken. Herr Carstens selbst fügte, nach
dem er sich dieses Auftrages entledigt, noch hinzu: wenn
Altona nur fortführe, mit der Bewegung gleichen Schritt
zu halten, so hoffe er, baß es demselben auch gelingen
werde, nach und nach sich an die Spitze stellen zu können,
um so mehr freue eS ihn, eine Discussion vorzufinden, die
einen unzweideutigen Beweis für den Fortschritt der poli
tischen Bildung in Altona ablege. Was nun die Aeuße
rungen seines Freundes Magnusson beträfe, so hätte ihn
dieser entweder wirklich mißverstanden oder mißverstehen
wollen. Cr habe nur die Gründe angeben wollen, die Lock
zu seiner Ansicht bestimmten, er selbst aber sei durchaus lür
bürgerliche Gleichstellung der Juden. Er fordere daher den
Proponenten auf, die Form näher anzugeben, wie er seinen
Antrag steilen wolle. , ..,
Herr Apotheker Geske erklärte sick nun gleichfalls fur
die Emancipation, er habe nur kurz vorher in einem Blatte
gelesen gehabt, daß man in Mecklenburg beabsichtige, eine
ausschließliche jüdische Schule zu errichten, und er habe
nur dieses nach seiner Ansicht unpassende Vorhaben rügen
wollen; er sei übrigens kein Mecklenburger, wie Dr. Mag-
nuffvn geglaubt habe. — Darauf bemerkte Hr. Dr. Alexan
der, daß in Mecklenburg bedeutende Fortschritte gemacht
seien, es sei dorr ein Jude Kircken-Jurat, und ließ sick in
eine genauere und weitläufige Discussion über mecklenbur
gische jüdische Schulen ein, welche Herr Dr. Magnusson
etwa durch folgende Worte abschnitt: „Hr. Dr. Alexander
möge mir verzeihen, daß i» ihn unterbreche, eben diese
Discussion scheint mir völlig irrelevant; ich muß wieder
holen, die Zustände unter den Juden mögen sein, welche
sie wollen, sie müßten dennoch emancipiri werden. „Ick
würde mit derselben Wärme, mit demselben Eiker für Ka
tholiken sprechen, wenn sie noch nickt bürgerlich gleichgestellt
wären, ick würde eben so für Heiden sprechen, wenn wir
welche unter uns hätten. Ich nehme die Freiheit für Alle
ohne Ausnahme in Ansptuck." — Nun sprach Herr Ad
vocat Warburg etwa folgende Worte: „Meine Herren!
In den bisherigen Vortragen finde ick hauptsächlich eine
Aufforderung an die Freunde der Emancipation und eine
Motivirung des gestellten Antrags. Ich möchte mir nun
erlauben, eine Bitte an die Gegner der Proposition zu
richten: — denn dass auch deren Anzahl keine geringe ist,
davon bin ich fest überzeugt. Es weichen die Vorurrheile
nur zu langsam aus den Gemüthern und nur schwer trennt
der Mensch st» von alten Gewohnheiten. — Die Gegner
können ihre» Widerstand aber auf zweierlei Weise äußern:
sie können zunächst eine» passiven Widerstand leisten, indem
sie sich unthätig verhalten und die Petition nicht unter
schreiben; ich jedoch möchte ausdrücklich um den activen
Widerstand bitten und sie aufsordern, ehrlich und offen die
Gründe zu bezeichne», von denen sie sick bestimmen lassen,
damit uns Geiegenbeic gegeben werde, diese Gründe naher
zu beieuckten.
Mau hat gewöhnlich zwei Gründe genannt, die die
Emancipation bisher verhinderten: Vvrnrtheil und Eigen
nutz. Meiner Meinung nach existirt nur ein Grund, das
Voruriheii allein. Scheinbar wirkt freilich der Eigennutz
mächtig genug, und bas ließe sick gar leicht nachweisen.
Wollte man nämlich etwa den Kausmann fragen, ob cS
ihm recht sei, wenn die Juden Ackerbau treiben dürfen?
so würde er dagegen nichts zu erinnern finden, obgleich
auch er ionst leicht bereit ist, den Juden Abneigung gegen
alle anstrengende Arbeit vorzuwersen; eben sowenig möchte
er eS mißbilligen, wenn die Juden gelehrte Carrieren einschla
gen dürsen. Der Landmann ieinerseiis hülle nichts dawider,
baß die Juden überall Handel treiben und Laben eröffnen
dürsen. Im Gegentbeil, es wäre ihm ganz willkommen.
Man traut den Juden merkantiiifcheö Talent zu — nicht
unnatürlich, eben da die Gesetzgebung sie Jahrhunderte
hindurch zwang, nur dem Handel obzuliegen; in Wirklichkeit
übrigens sind sie den christlichen Kaufleuten in keiner Hin
sicht mehr überlegen; — und glaubt durch die Cvncurrenz
nur selbst zu gewinnen.- Aber der Kaufmann sürchret die
Concurrenz des jüdlicken Kaufmanns und der Landmann
will ihm die Betreibung des Ackerbaues nicht gestatten.
Hat dock ein bedeutender Gutsbesitzer in der Sckieswigschen
Ständcverfummlung sich darüber fetor entschieden geäußert.
Allein ich glaube dock nickt an den Eigennutz, denn jeder
Vernünftige weiß, daß der Kampf um die Existenz noth
wendig ist und von der Vorsehung angeordnet, damit die
geistigen Kräfte des Menschen fick ausbilden und entwickeln.
Und ick mag so schlecht von den Menschen nickt denken,
daß sie aus reinem Eigennutz jede Concurrenz verhindern
möchten, sie müßten ja sonst gegen die Christen eben io
verfabrcii. — Ist daher ihr Bestreben nur gegen die Juden
als Juden acrichtet, so kann auch lediglich Vorurchei! sie
leiten. — Es ist daher der Kampf hauptsächlich gegen das
Vorurtheil zu richten und eigentlich eine Emancipation
von diesem Vorurtheil zu erstreiten. Das ist denn auch
von den Christen selbst und allen Freunden der Emancipation
langst anerkannt, und namentlich in einer Petition aus den
Rbeinlanben an die Preußischen Stände offen ausgesprochen:
baß man nickt säumen möge, daS Chrisieiithum selbst von
diesem Makel zu befreien und einen Zustand zu enden, der
dem Geist deS Christenthums io sehr widerstreite. — Allein
nickt i° leicht ist dieser. Sieg zu erringen. Ha: doch die
freisinnigste der deutschenVolkskammern, die badisckeStände-
Versammlung, viele Jahre gebraucht, ehe sie zu diesem Ziele
gelangen konnte. — Die wahre Freistnnigkeic. wie diesen
Abend hier schon geäußert worden, verlangt die bürgerliche
Gleichstellung der Juden. Dabei möchte ich an die Worte
eines großen Staaislehrers, toeß verstorbenen Zachariae in
Heidelberg, erinnern: den wabren Probirstein, ob Jemand
liberal sei oder nicht, gebe sein Benebmen gegen Tiefer-
stehende und Mindcrberechtigtc an die Hand. Wer nur den
Muth hat für sich Rechte zu erstreiten, nur den Besitz sei
ner Güter zu vermehren, und die Rechte seiner Milbrüder
nicht anerkennen will, ja diese unterdrückt, ist nicht liberal,
ja er ist niebt einmal gerecht. So zeigt eS sich denn, daß
wir für die Emancipation nicht der Freisinnigkeit bedürfen,
reine Gerechtigkeit ist es, die wir verlange» und die die
Emancipation gebietet. — Um aber zu dieser Ueberzeugung
zu kommen, muß das Vorurrbeil besiegt werden, und das
wird nickt überall das Werk eines Augenblicks sein. Man
muß de» Kamps gegen die mir der Muttermilch eiiigesogene
Abneigung beginnen, eine Gàbrung muß eintreten, ein gei
stiger Proceß durchgeführt werden. Dann aber wird man
zu der richtigen Einsicht gelangen, man wird die Gerech.
rigkeit unserer Forderung anerkennen und sie erfüllen." —
Darauf nahm wieder Hr. Advocat CarstenS das Wort
und sprach ungeiähr folgendermaßen: „Herr Advocat War
burg hat bewiesen, daß die Gegner der Emancipation an
einem eigennützigen Vorurtheil oder an einem vorurtheils-
vollen Eigennutz leiden, er har aber zugleich bewiesen, daß
man fast befürchten muß, wirklich von den Juden überflü
gelt zu werden, denn heute Abend sind die Juden im Reden
wieder eniickieden im Vortheil. Ich muß aber nochmals
de» verehtlicken Proponenten bitten, anzugeben, welche
Fassung er seinem Antrag geben wolle. Will er nur eine
rein philosophische Discussion, eine Principien-Frage auf-
siellcn, oder will er praktischen Erfolg? Stellt er seinen
Antrag auf völlige Gleichstellung, so läßt sich schwerlich ein
Erfolg erwarten; in der Stände-Versammlung sind zu
gewichtige Stimmen dagegen. Der Graf Revenrlow-Preetz
ist zu allchristlich gesinnt, als daß er >e dafür stimmen
würde; die Regierung selbst wird nickt einmal dafür sein,
und eS wird einen harten Kampf geben. Um einen prak
tischen Erlolg zu erlangen, müßte der Antrag auf solche
Rechte gestellt werben, deren Gcwäbrnng man hoffen kann."
— Dagegen erwiderte Herr Dr. Magnusson Folgendes:
„Was der Herr Adv. C. von unserm Vortheil im Reden
.sagt, kann ick nicht als ein Compliment annehmen. Wenn
wir mehr reden als Sie, so ist das nothwendig, da wir
unsere Sache vertheidigen, und so warme Vertheidiger
unter Ihnen sich wohl schwerlich finden würden. Nichts
ist aber leichter als die Wahrbeit und bas Recht zu ver
theidigen, die Gedanken kommen von selbst, die Rede fließt
von selbst, und daher ist der Vortheil, wenn wir wirklich
im Vortheil sind. ein sehr naiüriicher. Gegen den Vör-
schlag deS Hrn. C. aber muß ick mich durchaus verwahren.
Herr C. verfällt wieder in den alten Fehler der Deutschen,
die die Freiheit nur' stückweise erlangen wollen. Ich will
die ganze Freiheit, ober lieber gar keine. Der Kampf ist
übcrbaupt ein erwünichler, aus dem Kampfe der verschie
denen Ansichten wird erst die Wabrheic ans Licht treten.
Es muß der guten Sache gar nicht io leicht gemacht wer
den, zu siegen; die Wabrheir wird sich aber endlich Bahn
brechen, die Freiheit wird den Sieg Erringen, und ich will
ciiiweder die ganze Freiheit mit Ihnen erringen, oder
mit dem jetzige» Zustand mich „och begnügen. Ich für
meinen Tbetl proicstirc daher gegen den Vorschlag." —
Herr Dr. Schubart sagte, er habe daS Wort nehmen
wollen, aber nach den Worten feines College» sei es über
flüssig, da er dcffe» Anstckt vollkvnimen tbeile.-
Jetzt sprach wieder Herr Advocat Warburg: „Die
Fassung des Antrags anlangend, darf derselbe nur, wie der
veiebriicbe Proponent beabsichtigt, auf völlige Gleichstellung
laute». Es handelt fick um eine Principieii-Frage und da
muß man seine Gefinnung offen auesprechen, sich nicht »sn