— 4L6 —
Zustande umberschweifen, und den Reisenden oft
furchtbarer werden, als wenn ihnen eine Heerde
Jaguars und Cuguars aufstieße, oder ihnen ein
Gezücht giftiger Schauerschlangen oder zermalmen
der Boas und Pythons den Weg sperrte; drc Ge
fahr des Reifens ist um so größer, je senkrechter
die Sonnenstrahlen durch den wolkenlosen Luftraum
blitzen, da dieselben die natürliche Wildheit dieser
Thiere fast bis zur Tollwut!) entflammen. Die ein-
gcfangcnen Hunde wurden in Käfige gesperrt, durch
Hunger und Scorpioncn noch wilder und furchtbarer
gemacht und endlich zu Schiffe gebracht, um an jenes
Eiland übergesetzt zu werden, auf daß sie dort alles
Lebendige, Menschen und Thiere, tigerartig anfallen,
zerfleischen und vertilgen möchten. Mein Gewährs
mann spricht zwar nicht ausdrücklich, daß man
durch einen wirklich tollen Hund dch Wuth unter
alle andern gebracht, ehe man sie auf der besagten
Insel ausgesetzt und unter die Viehhcerden gehetzt
habe, um durch die gänzliche Ausrottung derselben
den Piraten die Hauptquellen der Existenz zu ver
stopfen; doch schildert er die wilde Jagd auf eine
Weise, daß sich mit Grund vermuthen läßt, cs
habe der schwarze Höflengeist der Tollwut!), diese
entsetzlichste Flammengcißel der Menschen und
Thiere, in jener schandcrvollcn Hetze geherrscht.
Welch ein Schauspiel mußte das gewesen sein!
Ein Rcisebcschreiber sagt unS, daß die kleinen
Flüsse, die vom südlichen Abhange des Atlas der
Wüste Sahara zuströmen, eine Tagereise von eben
diesem Sandmecre zu stagniren anfangen, und da
zur hohen Sommerzeit alle möglichen Arten der
giftigsten und häßlichsten Gcwürmcr aushecken, bis
die Sümpfe durchaus lebendig, durchaus schrecklich,
durchaus ungeheuer werden; denn nach und nach
versiegt im Sande alle Flüssigkeit, die furchtbaren
Ungeziefer, ihrer Lcbensbediugung beraubt, greifen
sich, von der Glühhitze entflammt, wütheitd unter
einander an, morden, verschlingen sich wechselweise
und verschmachten endlich in Hungertod, Ohnmacht,
Sonnenbrand und Selbstentzündung. — Ich ent
lehne dieses Schauderbild ans Afrika, weil ich in
der Natur kein anderes finde, um meinen Lesern
einen Begriff von jenem Schauspiele, von jener
Tollhetze zu erwecken, die mit der ungestümsten
Verheerung durch die Klüfte und Thäler der Ro
binsonsinsel rasete, in Kürze alles Lebendige zur
Wuth, zur Verzweiflung, zurZerfleischnng geißelte,
und gewiß alle andern Schrecken weit übertraf, die
eine Wolfsheerde, eine Barbarenhorde, ein Hagel-
sturm, ein speiender Krater, eine Erderschütterung
verursachen könnte..
Das Schiff, welches die Hunde übergesetzt hatte,
und für den Fall eines feindlichen Angriffes stark
bemannt war, hielt sich in einiger Entfernn^
'vom Ufer, und deckte sich den Rücken durch e
vorspringende Felsenwand. Es währte nicht lan.m
so kamen fünf der Corsarcn mit drei kupsersin
gen Weibern und zwei Kindern schreckevsvoll ‘
den Strand, rangen die Hände zum Himmel gcg .
(Kffwflr hm. immmcrtcit ltitb beulten k .
das Schiff hin, und wimmerten und heulten ,
die crbarmunqsvoflstc Weise. Lie hatten kein .
kein Floß; die Raubflottille war zur Stunde an
der hohen See zum Verderben der Menschheit,
wäre gewiß erschienen und hätte sich rachvoll
Kampf gesetzt. Die zehn armen hartbedräķ
Menschen riefen mit der kläglichsten Stimme «
Gnade und Barmherzigkeit, die Aeltern watG
bis an den Hals in das Meer hinein, und hiem
die kreischenden Kinder über dem Wasser cmm
denn hinter ihnen, ich muß es noch einmal sagch
war cs gräßlich. Man hörte bald näher,
• - I - ' ' llonnerälmE
ferner dröhnendes Hundegeheul, donnerähnliE
Brüllen der zerfleischten Stiere, ein jämmerlm!
Blöcken der blutenden Schafe und Ziege»,
ohrzerreißeudes Krächzen der aufgescheuchten u
flatternden Vögel. Manch ein Thier sprang ü'A
zweifelnd vom Fclsengestade, um sich im ķssss,
zu begraben, selbst Ratten und Mäuse liefen
am Ufcrstrande umher, und wußten nicht, welch
Entsetzen auf einmal über ihre Heimat!) branNS
Von den bedrängten Corsaren schwamm t>'^
lich einer znin Schiffe heran, und flehte, daß ^
sich seiner erbarmen und ihn erhören möge. ^
Capitain ließ ihn an Bord schaffen, und der 1 9
glückselige warf sich voll Demuth, voll Reue > ,
Bußfertigkeit zu seinen Füßen, bat für sich y
die neun Angehörigen wiederholt nrn Gnade, ^
schwor, daß sie allc'die Minderschuldigen der Ģch
seien, da sie nur die Aufsicht über die Vichhccr°J
und die Schlachtung über sie gehabt hätten l ( f
betheuerte mit'einer feierlichen Eidformel, dap^,,,
dieses Lasterhandwerk gern verlassen und »nt ( ,i
Seinigen ein treuer, thätiger Staatsbürger
wolle. Der Capitain war gerührt von de» ^
weg lichen Bitten und Versicherungen des rciii»N ^
gen Sünders, behielt ihn am Bord und ließ die n 4
andern durch ein Boot herbeischaffen. Von '"J
erfuhr er, daß sich noch sieben Räuberkucckch
der Insel befänden, welche sich zweifelsohne ^
hochstämmige Bäume geflüchtet, oder inFelstn-'.,->'
verkrochen hätten, während die wildlwaNl^
Jagdrudel unter und neben ihnen ben
krieg der wechselseitigen Zerflcischuug mit eMp
Flammenwuth führten.
Die Raubschiffe kreuzten in jenen Tägen
wärts von Juan Fernandez, wo sich die unbcn şş
Inselgruppe St. Ambrosio in vielen kahlen o