Full text: Newspaper volume (1837)

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Weil es regnet! richtig! Die Leser wissen jetzt 
gleich AlleS, man kann sie gar nicht überraschen. 
Sie sah wieder herab, auf einmal sprang sie auf, 
eilte vom Fenster weg, blieb einige Minuten weg, 
kam dann zurück und lächelte. In diesem Augen 
blicke kam die beflügelte Alte, oder, um deutlicher 
zn sein, ihre Köchin, über die Straße, brachte mir 
einen Regenschirm und sagte: „Das gnädige Fräu 
lein sendet Ihnen hiermit einen Regenschirm!" 
Sagt's, und verschwand, indem ich ihr noch nach- 
edle Röthe überflammte das holde Allgesichss. ^ 
sprach: „O, ihr eitlen Männer! So wş" 
denn, Ihr Anblick und Ihr Gegenüberstelln . 
mir so unleidlich, so zuwider, daß ich es ^ L I( 
Ihnen je eher, je lieber den Regenschirm. 
um Sie nur recht bald von da drüben los 3»J 
den!"— Daß ich bei dieser Anrede ein veĢ^ 
dummes Gesicht gemacht haben muß, wäd ^ 
rief: „Ich werde die Ehre haben, den Schirm mit 
mir leicht glauben, doch raffte ich noch slUk; ",'jtct 11 
Ironie zusammen, um zn fragen: „Abess,^ fl 
meinem Danke dem Fräulein selbst zu überbringen!" 
Man sage, was man will, die Frauen sind liebens 
würdiger, als die Männer, auch sogar wie ich! 
Und sie wissen mit solchem Anstande uns Gelegen 
heit zu geben, mit ihnen bekannt zu werden, daß wir 
Herren der Schöpfung wahre Tölpel der Schöpfung 
dagegen sind.— Am andern Tage, es war gerade 
gleich den Tag darauf, cs war schönes Wetter, ging 
ich zu ihr. Welch ein Unterschied: gestern und heute: 
Gestern ging ich im Regen ohne Regenschirm, 
heute im Sonnenscheine mit einem Regen 
schirme! Die Natur ist reich an solchen sinnigen 
Controversen. Ich ging hinauf, legte mein Herz 
an die Thür, es klopfte; „ Herein!" rief eine flötcn- 
weiche Stimme, und ich trat hinein. Sie saß am 
Fenster und nähte — ich nahte mich, das Pfand 
der Liebe auf dem Arme, den Regenschirm. 
„Fräulein," sagte ich und corrigirte mich sogleich: 
„ Holdes Fräulein. Im Leben gewährt der Mann 
den Frauen Schutz, und die Frauen den Männern 
Schirm!" Hier wartete ich, um den Effect dieser 
brillanten Introduction abzuwarten. Sic machte 
keinen Effect. Aha, dachte ich, zieh' die witzigen 
Segel eiir und pflanze den sentimentalen Mast auf! 
Ich begann also wieder: „ Verehrtcste Holde, wie 
glücklich, wer nach Lebensstnrin und aus des Da 
seins Wolkenhimmel sich auf die glückliche Sonnen- 
Terrasse eines empflndcndcnHerzcns flüchten kann!" 
Ich endete wieder, um die Wirkung dieses empfind 
samen Böllers zu beobachten. Er verhallte wir 
kungslos;— kurz, meine Schöne blieb kalt, schroff 
und unzugänglich. Diese Heuchelei verdroß mich! 
Mir den Regenschirm zu schicken, mir, so zu sagen, 
aus gut regcnschirmerisch anzudeuten: „Komm mit 
ihm wieder! " und nun so die Spröde spielen! — Ich 
versuchte noch einige Anläufe, Alles vergebens. Sie 
sagte: „Ich bitte Sie sehr, mich zu verschonen!" 
Das war zn arg ! Ich entschuldigte meine Kühn 
heit init der Heftigkeit meiner Leidenschaft und ging 
so weit, ihr zu sagen: „Die Güte, mit welcher 
Sie mir den Regenschirm schickten, nahm ich für 
eine mich beglückende Einladung, mich dann selbst 
bei Ihnen vorzustellen!" Sie sprang auf, eine 
holdes Fräulein, was hat Sie denn genötbigb 
Fenster zu bleiben, wenn Ihnen mein yis ß tt i<! ; 
verhaßt war?" Sie machte einen spöttische'"^ 
und sagte lachend: „ Und wie, mein genialer 
wenn ich nun meinen wirklichen Geliebten 
hätte? Ich empfehle mich Ihnen!" und 
schlüpfte sie in ein Nebenzimmer. Ich ^ 
Rechtsum und zog ab, indem ich den zwcşş,± 
Regenschirm auf den Tisch legte. Darauf 1* r 
ich diese erbauliche Historia nieder, zur 
öffentlichen Selbstgeißelung, und zum morsss'fl 
Erempel für die Eitelkeit "und Eigenliebe r 
sicher Mannspersoncnwelt. 
Die Recensenten sind verschrieen 
Und waren es zu jeder Zeit. — 
Zn tadeln und herabzuziehen, 
Geneigt zu Mißgunst, Zank und Streit, 
Bemüht nur Fehler zu entdecken. 
Sich hinter Phrasen zu verstecken. 
Eiskalt, wo alles glüht und brennt, — 
So — sagt man — sei der Recensent« 
Die Recensenten zn verachten, 
Ihr Leute! — treibk's nicht allzuweit. 
Da ihr, wenn wir's beim Licht betrachten, 
Ja alle Recensenten seid.— 
Ein Jeder sucht des Andern Mängel 
Hervorzuheben; — kämen Engel 
Herab, — sie würden crikisirt. 
Geschmäht, verkleinert, recensirt. 
Blickt nur umher! — Ihr werdet lachen, 
Wenn ihr inS bunte Treiben schaut! 
— Der Herrschaft sei's nie recht zu mache», 
So schreit die Magd am Brunnen laut. 
Madam' klagt über das Gesinde, 
Daß Fleiß und Treu sich nicht mehr finde» 
Moralität sei ruinirk. 
Den ganzen Tag wird recensirt. 
„Ei! seht doch die im seidnen Kleide! 
Wiel besser wär'S — sie spart' das Geld! 
— Im Pfande liegt ihr Perlgeschmeide; 
Der Juwelier ist arg geprellt." . 
„Herr N. N. kann die Mieth' nickt zahlen, 
Doch ist er keck genug zu prahlen." „ 
— „Der Kaufmann T. hat heut' sallttt. 
— Da wird gewaltig recensirt. 
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