— 298
Weil es regnet! richtig! Die Leser wissen jetzt
gleich AlleS, man kann sie gar nicht überraschen.
Sie sah wieder herab, auf einmal sprang sie auf,
eilte vom Fenster weg, blieb einige Minuten weg,
kam dann zurück und lächelte. In diesem Augen
blicke kam die beflügelte Alte, oder, um deutlicher
zn sein, ihre Köchin, über die Straße, brachte mir
einen Regenschirm und sagte: „Das gnädige Fräu
lein sendet Ihnen hiermit einen Regenschirm!"
Sagt's, und verschwand, indem ich ihr noch nach-
edle Röthe überflammte das holde Allgesichss. ^
sprach: „O, ihr eitlen Männer! So wş"
denn, Ihr Anblick und Ihr Gegenüberstelln .
mir so unleidlich, so zuwider, daß ich es ^ L I(
Ihnen je eher, je lieber den Regenschirm.
um Sie nur recht bald von da drüben los 3»J
den!"— Daß ich bei dieser Anrede ein veĢ^
dummes Gesicht gemacht haben muß, wäd ^
rief: „Ich werde die Ehre haben, den Schirm mit
mir leicht glauben, doch raffte ich noch slUk; ",'jtct 11
Ironie zusammen, um zn fragen: „Abess,^ fl
meinem Danke dem Fräulein selbst zu überbringen!"
Man sage, was man will, die Frauen sind liebens
würdiger, als die Männer, auch sogar wie ich!
Und sie wissen mit solchem Anstande uns Gelegen
heit zu geben, mit ihnen bekannt zu werden, daß wir
Herren der Schöpfung wahre Tölpel der Schöpfung
dagegen sind.— Am andern Tage, es war gerade
gleich den Tag darauf, cs war schönes Wetter, ging
ich zu ihr. Welch ein Unterschied: gestern und heute:
Gestern ging ich im Regen ohne Regenschirm,
heute im Sonnenscheine mit einem Regen
schirme! Die Natur ist reich an solchen sinnigen
Controversen. Ich ging hinauf, legte mein Herz
an die Thür, es klopfte; „ Herein!" rief eine flötcn-
weiche Stimme, und ich trat hinein. Sie saß am
Fenster und nähte — ich nahte mich, das Pfand
der Liebe auf dem Arme, den Regenschirm.
„Fräulein," sagte ich und corrigirte mich sogleich:
„ Holdes Fräulein. Im Leben gewährt der Mann
den Frauen Schutz, und die Frauen den Männern
Schirm!" Hier wartete ich, um den Effect dieser
brillanten Introduction abzuwarten. Sic machte
keinen Effect. Aha, dachte ich, zieh' die witzigen
Segel eiir und pflanze den sentimentalen Mast auf!
Ich begann also wieder: „ Verehrtcste Holde, wie
glücklich, wer nach Lebensstnrin und aus des Da
seins Wolkenhimmel sich auf die glückliche Sonnen-
Terrasse eines empflndcndcnHerzcns flüchten kann!"
Ich endete wieder, um die Wirkung dieses empfind
samen Böllers zu beobachten. Er verhallte wir
kungslos;— kurz, meine Schöne blieb kalt, schroff
und unzugänglich. Diese Heuchelei verdroß mich!
Mir den Regenschirm zu schicken, mir, so zu sagen,
aus gut regcnschirmerisch anzudeuten: „Komm mit
ihm wieder! " und nun so die Spröde spielen! — Ich
versuchte noch einige Anläufe, Alles vergebens. Sie
sagte: „Ich bitte Sie sehr, mich zu verschonen!"
Das war zn arg ! Ich entschuldigte meine Kühn
heit init der Heftigkeit meiner Leidenschaft und ging
so weit, ihr zu sagen: „Die Güte, mit welcher
Sie mir den Regenschirm schickten, nahm ich für
eine mich beglückende Einladung, mich dann selbst
bei Ihnen vorzustellen!" Sie sprang auf, eine
holdes Fräulein, was hat Sie denn genötbigb
Fenster zu bleiben, wenn Ihnen mein yis ß tt i<! ;
verhaßt war?" Sie machte einen spöttische'"^
und sagte lachend: „ Und wie, mein genialer
wenn ich nun meinen wirklichen Geliebten
hätte? Ich empfehle mich Ihnen!" und
schlüpfte sie in ein Nebenzimmer. Ich ^
Rechtsum und zog ab, indem ich den zwcşş,±
Regenschirm auf den Tisch legte. Darauf 1* r
ich diese erbauliche Historia nieder, zur
öffentlichen Selbstgeißelung, und zum morsss'fl
Erempel für die Eitelkeit "und Eigenliebe r
sicher Mannspersoncnwelt.
Die Recensenten sind verschrieen
Und waren es zu jeder Zeit. —
Zn tadeln und herabzuziehen,
Geneigt zu Mißgunst, Zank und Streit,
Bemüht nur Fehler zu entdecken.
Sich hinter Phrasen zu verstecken.
Eiskalt, wo alles glüht und brennt, —
So — sagt man — sei der Recensent«
Die Recensenten zn verachten,
Ihr Leute! — treibk's nicht allzuweit.
Da ihr, wenn wir's beim Licht betrachten,
Ja alle Recensenten seid.—
Ein Jeder sucht des Andern Mängel
Hervorzuheben; — kämen Engel
Herab, — sie würden crikisirt.
Geschmäht, verkleinert, recensirt.
Blickt nur umher! — Ihr werdet lachen,
Wenn ihr inS bunte Treiben schaut!
— Der Herrschaft sei's nie recht zu mache»,
So schreit die Magd am Brunnen laut.
Madam' klagt über das Gesinde,
Daß Fleiß und Treu sich nicht mehr finde»
Moralität sei ruinirk.
Den ganzen Tag wird recensirt.
„Ei! seht doch die im seidnen Kleide!
Wiel besser wär'S — sie spart' das Geld!
— Im Pfande liegt ihr Perlgeschmeide;
Der Juwelier ist arg geprellt." .
„Herr N. N. kann die Mieth' nickt zahlen,
Doch ist er keck genug zu prahlen." „
— „Der Kaufmann T. hat heut' sallttt.
— Da wird gewaltig recensirt.
Ce
>4 in t
teilst
<',un
Vst. "e,
ÄS
'<î«be
'S D n h!
V
\ '»r s
s,î #l
*,
übf
»u
Its^Un
l ’Ì' 3
i[»t "e p 1
CK