Â
— 52 —
nicht beschreiben." „Nun, dann soll er zu meiner
Garde kommen."
Eine Viertelstunde darauf erhielt der Kriegs
minister eine eigenhändige, ausdrückliche Ordre, den
berühmten Trompeter an den Obrist der Garde-Cui-
kassiere verabfolgen zu lassen.
Herr von A.. brachte nun, da er den Menschen
bekam, einen ganzen Tag voll seligen Vergnügens hin.
Den folgenden Morgen um sechs Uhr, da der
Ober-Chirurg noch im Bette lag, sah er Herrn
v. A.. und uvch einen seiner Escadron-Chefs in
sein Schlafzimmer treten.
„Mein Herr," sagte er barsch, „ich brauche
heute Ihren Beistand."
Der unerwartete Besuch des Obristen, sein Ton,
seine düstere, ernste Miene, waren dem Ober-Chi
rurgen so auffallend, daß er mit einem Satze aus
dem Bette war.
Denn ganz natürlich, der Herr v. A.. hatte
eine Figur, die auffiel und die man so leicht nicht
wieder vergaß, so ein franzöflsches Soldatengesicht,
wie Horace Bern et sie gezeichnet hat; er war
27 Jahre alt, trug den Kopf hoch, etwas zurückge
worfen, er sah Jedem gerade in's Auge, eine ge
wisse Mischung von stolzem Spotte und Freundlich
keit im Blicke, kurz etwas, das den neapolitanischen
Damen sehr gefiel und dem Feinde an der Küste zu
sagen schien: „Schießt ihr nur zuerst, ihr Herren
Engländer!"
Der Obrist merkte, daß seine erste Anrede den
Ober-Chirurgen etwas verlegen machte und setzte
in freundlicherm Tone hinzu: „Sie müssen mit mir
kommen, lieber S .." „Wohin Sie wollen, Herr
Obrist." „Wir wollen uns verständigen, ich habe
eine Ehrensache abzumachen."
Es dauerte kaum ein Paar Minuten, daß der
Ober-Chirurg sich anzog und mit dem Obristen und
dem Secundauten in den Wagen sprang.
Sie fuhren, flogen vielmehr längs dem Ufer des
toskanischen Meeres hin, nicht weit von den Ruinen
von Baya, wo vormals die römischen Orgien ge
feiert wurden, jetzt still, wie ein altes Grab; ein
schönes Fleckchen für den Pinsel eines Salvator-
Rosa zu Ränberscenen oder Baiidikenüberfällen;
ungeheure Stücken alter Mauern, von der Zeit zer
nagt; Dickichte von Acacienbäumen; alte Stämme,
vom Sturm und Blitz zersplittert.
Als sie an ein ziemlich freies Plätzchen dieses un
heimlichen Gestades gekommen waren, stiegen sie aus.
Die Gegend war Jedem von ihnen recht gut
bekannt; denn damals mußte auf diese oder jene
Art Mancher hier seine Probe ablegen. Mehr als
Hin braver Soldat der großen Armee schläft hier
seinen ewigen Schlaf.
Kaum waren sie hier abgestiegen, so sahen sie
den Obristen des ersten Lancier-Regiments, Herrn
v. C.., in Begleitung eines Offiziers und des Ober-
Chirurgen seines Regiments auf sich zukommen.
Der Ober-Chirurg des Obristen v. A.. kannte
den Herrn v. C.. sehr gut; ehe er zu den Linien
kruppen kam, war er ObristfLieutenant bei de»
Garde-Cuirassieren. Während er diesen Posten be
kleidete, hakte er mit seinem Jmmediac-Chef einige
Unannehmlichkeiten gehabt, daher glaubte er AM
fangs, es würde hier so eine alle Beleidigung zwi
schen Männern, die nun nicht mehr von einander
abhängig waren, ausgemacht werden sollen.
Marquis C.. warein junger Mann von 5 Fuß
6 Zoll Größe, ein ausgezeichneter Soldat, aber un
geheuer hitzig.
Da er au uns heran kam, hatte er zwei blanke
Sabel in der Hand; die Klingen in der Milte ge
faßt, reichte er mit den Griffen dem Herrn von
A.. hin.
„Nein, nein," rief dieser, „ich bin nicht gekom
men, um mir Schrammen zu holen oder auszuthei
len;" dabei sah er Herrn v. C.. mit seinen schwar
zen, funkelnden Augen starr an. „Sie müssen auf
dem Platze bleiben oder ich. Ich bin der Beleidigte,
ich habe also die Wahl der Waffen; wir schlagen
uns auf Pistolen, auf zehn Schritte."
Dem Ober-Chirurgen S.. erstarrte das Blut
vor Staunen und Schrecken; denn nun sahe er wohl,
daß sie der Entwickelung einer schauderhaften Tra
gödie entgegengingen. Die beiden Obristen waren
die besten Pistolen-Schützen in der Arniee.
„Gut," erwiederte Herr v. C.., „das soll uns
nicht hindern; wenn Sie Pistolen bei sich haben, st
lassen Sie nur laden."
Der Bediente des Herrn v. A.. brachte auf de»
Befehl seines Herrn zwei gewöhnliche Sattelpistole»
und ein Paquet dazu gehöriger Patronen.
Die Zeugen luden die Pistolen, und indem sie
die beiden Degen des Herrn v. C.« nahmen, stießen
sie den einen in die Erde, maßen zehn Schritte ab
und steckten dann den andern ein.
Ueber die Degen hinaus ward nun wieder voll
jeder Seite ein Raum von zehn Schritten abge
messen; dies war der Platz, den die Duellanten
durchschreiten durften, ehe sie Feuer gaben. Die ge
rade Linie zwischen den Degen war der Haltpunct.
Die beiden Obristen, die Pistole in der Hand,
Brust und Hals entblößt, stellten sich an die äußer
sten Enden der beiden abgemessenen Räume, das
heißt, dreißig Schritte von einander.
Herr v. C.. kam zuerst an den auf seiner Seite
eingesteckten Degen, bog etwas links ab, zielte und
schoß.
„ui