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ten übet mir hin. Kein Wandrer begegnete mir
mehr, und ich spornte mein Pferd, um das Wirths
haus zu erreichen, das ich auf der Herreise in die
sem Walde bemerkt hatte. Bald war ich da an
gelangt und freundlich empfange». Man bot Alles
auf, mir eine gute Bewirlhung angedeihen zu las
sen. In völliger Abgeschiedenheit wohnten hier ein
Paar kinderlose Eheleute, mit einem Knecht und
einer Hausmagd. Sie lebten vom Ertrage dieser
Herberge und einiger, bei derselben belegenen Län
dereien. An Arbeit und Einfachheit gewöhnt, schie
nen sie sich ziemlich glücklich zu fühlen und Herzlich
keit und Zuvorkommenheit hier zu Hause zu sein.
Ich hätte für diesen Abend in dem Kreise dieser
Leute mich recht behaglich finden können, wenn das
Schicksal meines Bruders und sein nnerklärbares
Verschwinden mich nicht in die wehmüthigste Stim
mung versetzt hätte. Denn auch hier wurden Nach
forschungen angestellt, seine Figur, seine Equipage
beschrieben, von seinen Geschäften, von seinem Ver
schwinden und meinen Besorgnissen gesprochen: aber
hier war er nicht gewesen und mir nun sogar seine
Spur verschwunden, der ich seither noch immer ge
folgt war.
_ Die Ungewißheit über sein Schicksal verleidete
mir Alles. Selbst Speise und Trank wollten mir
nicht mehr schmecken und frühzeitig bat ich, mir
mein Schlafzimmer anzuweisen, welches auch ge
schah. Meine geringen Effecten, ei» kleiner Man-
telsack mit Wäsche und Geld und ein Paar Pistolen,
wurden mir nachgetragen und eine gute Nacht ge
wünscht. Es war eine helle, freundliche Mondnacht.
Am nahbelegenen kleinen, mit dichtem Gebüsch um
gebenen Bache, klagte die Nachtigall, und drüberr
hin, an der Gegenseite des Flusses, rauschten die
dunkeln Tannen. Ich halte das Fenster geöffnet,
das nach dem Garten führte, und schaute, eine Pfeife
rauchend, in die stille Nacht hinaus. Feierliches
Schweigen lag über die Flur ausgebreitet. Eine
seltsame Wehmuth ergriff mich. Ich weinte dem
unergründlichen Schicksale meines Bruders eine
Thräne. Kein Schlaf kam in meine Augen, ob
gleich ich vom Rille ermüdet war. Das Licht war
ausgebrannt und ein nächtliches Halbdunkel um
fing mich. So war eine geraume Zeit verstrichen
und Mitternacht schon vorüber. Ein leises Gebet
eilte zum Vater der höchsten Liebe und eben war ich
im Begriff zu Belle zu gehen, als ein seltsames,
doch nicht starkes Geräusch in meinem Zimmer mich
befremdete, und sich mir ein Schauspiel, das mein
Haar sträuben machte, darbot. Kann, wagte ich
vor Schreck und Bestürzung zu athmen.
Eine flüchtige Wolke war vorübergegangen. Der
Mond erhellte das Zimmer und beschien mein Him
melbett. Leise sah ich jetzt die Decke desselben läuff
den vier Bektpfosten sich senken —eine mir st>tst>"
und unerklärbare Erscheinung, die aber Grauen ‘
regte. Tiefer und tiefer senkte sich dieselbe—
war sie so weit, daß sie den Schlummernden {
reichen konnte, als mit einem Male ein heM
Druck erfolgte und sie mit den Kissen in eine nn
zerrrennliche Berührung kam. Fieberfrost schütt^
mich so in diesem Augenblick, daß ich kaum ^
mögend war, diese Erscheinung näher zu untersuch^
Doch die Nothwendigkeit siegte. Meine Thür ®
abgeschlossen. Ich schlich leise dem Bette
Der Himmel desselben, eine von Menschenhand ,
nicht aufzuhebende Bleiplacte, unten mit
dicken Kissen von Daunen versehen, hatte sich
seiner ganzen Last, durch eine an der Decke des
mers angebracht^Maschinerie, auf die Inlage c
Bettes gesenkt. Der in demselben Schlafende
nothwendig ersticken. Selbst die Kräfte der
zweiflung waren zu schwach, diese Masse zu lstd' ^
Auch mir war sie bestimmt gewesen. Kalte
durchrieselten meine Gebeine. Nur die allwalttU
Vorsehung halte mich von diesem qualvollen
errettet. r(
Daß die Scene sich ändern würde, war zu %
muthen. Jeder AuSgaug derselben blieb mit ^
gleich schrecklich und gefahrvoll. Nur Enlschşş^
heit konnte mich ans den Händen gleisnerilffI,
heimtückischer Meuchelmörder retten. Mit u'şş.p
Pistole» bewaffnet, stellte ich mich hinter die ®
dine des Bettes, entschlossen, mein Leben theuer^
erkaufen. Was ich vermuthet hatte, geschah.,^
verschlossene Thür öffnete sich und herein fctr
zwei Gestalten, die ich an ihrem Flisiern fü*. ■-
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Wirth nnd seinen Knecht erkannte. Wie durch
berei hob sich jetzt der Betthimmel in die Höhe
die Mörder bereiteten sich vor, ihr Opfer zu
pfangen. Jetzt zielte ich auf den nächsten unffI,
;l,st*..,»**
Schuß streckte ihn zu Boden. Ich stürzte he^„
um den Fliehenden zu haschen. Ein böses GE' L.
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gebiert Feigheit. Mir aber gab die Nothwehr
desschnelle und Riesensiärke. Ich ergriff ihu
glücklich, als er eben die Thür erreicht hatte. ^
war der Knecht und, wie der todte Wirth,
waffnek, da ihr Opfer ihnen zu gewiß schiru- i
riß ihn zu Boden und setzte ihm die Pistole a»' ^
Brust. Ein Engel mit dem Racheschwert ka"' ķ
mir jetzt vor. Die Nemesis hatte ihn ereilt-.. {
bat flehentlich um sei» Leben, schwur, mir
entdecken und versicherte mir, daß er nur 8*»;^
gen durch seinen entseelten Herrn, diesem
stand hätte leisten müssen. Niemand im Haust
sich. Alles stille. Keine verdächtige Bewegung-
mals erklärte ich ihm, baß er sterben müsse-