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Hatte sie meine Gedanken errathen? war ihr
Auge meinem begeisterten Bücke begegnet? Ick)
konnte es nicht glauben, denn noch war kein Ge
ständnis über meine Lippen gekommen. Da bot
das Schicksal mir endlich die Gelegenheit, mein Ge
heimnist zn entdecken. Es war am Frohnleichnams-
fest. Meiner Gewohnheit nach trat ich mir ihr zu
gleich in die Kirche. Die Luft war heiß und schwül,
der Himmel mit schweren grauen Wolken bedeckt, aus
denen zuweilen die Sonne glühend brach und durch
die gemalten Scheiben ein ungewisses Licht unter die
dunkeln Bogen warf. Der Dust der Blnniengewinde
um die hohen Säulen, der durchdringende Dunst
des Weihrauches, die Töne der Orgel, die feierlichen
Gesänge der Priester, alles dieses regte mich so ge,
waltsam auf, dast mein Herz kaum das Nebermaaß
seiner Liebe zu tragen vermochte. Das Gloria in
excelsis Deo war vorüber, als ferner Donner zu
rollen anfing, der Himmel sich verfinsterte und Blitze
ihre gelblichen Flammen auf die Farbenpracht der
Fenster warfen. Die heiligen Gesänge tönten fort,
aber leiser, trauriger; Furcht uialte sich auf allen
Gesichtern, und der Gedanke an Gott war verschwun
den, wahrend das bange Ohr nur dem Donner
horchte. Meine Augen ruhten auf Isabella, und
ich empfand eine seltsame Freude, sie gleich den An
dern erblassen zn sehen; brachte dieses gemeinsame
Gefühl der Angst sie mir näher, schien es die Un
gleichheit zwischen ihr und mir zn ebenen? — ich
weiß es nicht. Ihr Kopf war gegen mich gewendet;
da blendete ein Blitz mein Gesicht für einige Se
cunden und als ich die Augen wieder öffnete, war
Isabella's Blick noch nach mir gerichtet. Die Menge
erhob sich zumEvangelinm,aber in demselben Augen
blick schlug ein Blitzstrahl auf das Dach, zertrüm
merte es und fuhr mit so gräßlichem Krachen durch
das Schiff der Kirche, als flöge eine Pnlvermine in
die Luft. Geschrei und Wehklagen tönten von allen
Seiten, und so betäubend war der allgemeine
Schrecken, daß Niemand daran dachte, sich aus
dem Schwefeldunst zu retten. Die Leute lagen
meistens auf den Banken halb besinnungslos; nur
Isabella stand aufrecht mit gefalteten Händen, die
großen Augen offen; ohne selbst zn wissen was ich
that, faßte ich sie in meine Arme und trug sie, die
durch den Dampf fast erstickt und ohnmächtig an
meiner Brust ruhte, durch das Seitengewölbe der
Kirche hinaus auf die Straße, wo reine Luft ihr
bald die Besinnung wiedergab. Aengstlich blickte
sie um sich, und ohne auf den zu achten, der sie
eben gerettet, rief sie: „meine Mutter, meine Mut
ier!" Statt der Antwort stürzte ich zurück gegen
die Kirche; allein es war unmöglich hineinzubringen,
denn wie ein Strom wälzte sich die Menge herauS;
junge Leute trugen Greife auf ihren Schultern, Ma>>
ner ihre Frauen in den Armen, Müller ihre Kind^'
Endlich wurde der Eingang freier, ich trat in d
Kirche. Welch' ein Anblick, großer Gott! DawL»
Steinhaufen und Asche! Die Kerzen ausgelöst'
und darinnen Niemand, Niemand! Wohl Hörtel"
hier und da ein leises Wimmern und Stöhnen,,!^,
näherte mich den Unglücklichen, Alles wurdeID 1 '
sie waren todt.
Eilig kehrte ich dahin zurück, wo ich mein tö <l \
res Kleinod gelassen, und fand zu meinem Erst^
neu die gauze Familie versammelt, die mich erwart
hatte, um mir zn danken. Ich mußte mit ihw
in den Wagen steigen, ich wurde mit Höflichkeit-,
und Freundschaflsversicherungen überhäuft.
Isabella schwieg, und ich richtete kein Wort an !' ļ
denn jeder Blick schien mir zn sagen: schwesS'
Das Hans des Grafen stand mir von nun an osfift
und die Gelegenheit fehlte mir nicht, Isabellen d
Geheimniß, das meine Brust verschloß, zu entdecke '
denn man schien zwar meinen niedern Nana ü
gessen zu wollen, glaubte aber in
schaft zu sehen, daß ich es nie wagen werde,
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Wünsche zn dem Mädchen zu erheben. Ganz f ßl
war diese Berechnung nicht; das Bewußtsein Dļ'
res ungleichen Ranges steigerte täglich meine *v 1{
furchtsvvlle Zurückhaltung, und es vergingen ^
Wochen, bis ich eines Tages von meiner Liebe sPG^
und fast gegen meinen Willen auch Isabella's u . (1
stäubniß erhielt. Und doch, welches Glück lag
dieser Zusicherung! Welche Seligkeit fortan in
serem Beisammensein, im kleinsten Work, in je .
Blick! nur ein Gefühl durchströmte unsere
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und dies Gefühl war unaussprechliche Wonne. 4'
war zu leidenschaftlich, um lange meine Enķ,,>
düngen verbergen zu können; sie wurden erraw A
Der^Graf behandelte mich Anfangs mit Kalke, 11
verbot mir bald sein Haus. Doch es war z» frV
Isabella und ich verstanden uns mit einem ((
und als ich die Schwelle des Schlosses nicht
betreten durfte, trafen wir uns in einer klet» , ļt
entlegenen Meierei, wohin sie mit einer Frett»'^
kam, und wo wir manchen glücklichen Abend ü ; 1{
lebten. Die Freundin reiste ab, und nun kc»> '.
ich die Geliebte nur selten und auf Augenblicke
Wir trauerten Beide, daß wir uns nicht mehr ",
sonst auf Stunden angehörte», und meine W
entlockten ihr endlich das Versprechen, am 2lv^
«IS Knabe verkleidet in den nahen Wald zu komn>s ^
Es war ein schöner Septeiuberabend; der V (l
mel war mit leichten, goldgesäunuen Wölkchen jļ A
fact, die Luft lau und stille, und nur zuweilen ļ'* ( {
ein linder Abendwind durch die Zweige und belî^
spielend die schon herbstlich bunten Diätlek» ^
spielend die schon herbstlich bnncen Blätter.