Full text: Newspaper volume (1811)

bas Rauschen des FlusseS vernahm. Eine Felsenreihe 
trennte mich noch von ihm, und nickt ohne Gefahr 
mußte ich mich zur Seite durchs verwachsene Gesträuch 
winden; denn mir jedem Schritt strauchele ich über 
das feuchte und lockere Moos, welches die umherge- 
streuten Steinhaufen überdeckte. J-tzk stand ich am 
öden Ufer, einsam in der Nacht, und hörte nur die 
unfreundlichen Töne deê Stroms, und sah bittend zu 
den Sternen, daß sie mir einen Weg zeigen möchten 
zu den Wohnungen der Menschen. Bald entdeckte ich 
zu meiner Freude ein Licht in der Ferne längs dem 
Ufer. Ich gicng darauf zu, und kam an eine kleine 
Hütte, aus welcher das Licht durch die mit Weinran 
ken umgitterten Fenster schimmerte: Das Zürnen des 
Stroms verlor sich, und der süsse Ton einer Men- 
schenstimme klang mir entgegen. Eine weiße Gestalt 
saß auf einem Felsstücke am Gestade und ich hörte 
noch bas Ende des Liedes, welches sie sang: 
ES zieht der Rhein hernieder 
Und wallt zum fremden Strand, 
Und nimmer kehrt er wieder 
Ins heimathliche Land. 
Was wandelt in die Ferne 
Das findet bort ein Grab, 
Doch ewig stehn die Sterne, 
Und leuchten still herab. 
/ Es ergriff mich sonderbar und ich blieb wie einge 
wurzelt stehen, lauschend auf jede Bewegung der Er 
scheinung. — Eine männliche Stimme rief jetzt aus 
dem Fenster: 
Willst du nicht zur Ruhe gehen, Hedwig? es ist 
bald Mitternacht, und der frühe Morgen bringt frühe 
Arbeit. ' 
Die Jungfrau stand auf, und ich näherte mich ihr— 
sie sah mich ohne Zeichen dtt Furcht durch die Nacht 
daherivandeln.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.