VL. Staatsarzneikunde.;
las Kind geboren zu haben; allein da sich an ihr alle Beweise
einer vor Kurzem überstandenen Geburt *vorfanden, gestand. sie
bald, dass sie aus Furcht vor ihrer Stiefmutter die Schwanger-
schaft verheimlicht, vor einigen Tagen in der Nacht leicht geboz
ren, das Kind ohne Lebenszeichen von der Nachgeburt getrennt
und heimlich in den Fluss .geworfen habe, — Wir übergehen
den ausführlichen Obductionsbericht , indenr wir das Resultat bei
Beantwortung folgender vier Fragen einflechten. ‚I. War das
in Rede stehende Kind ein reifes, ausgetragenes und
lebensfähiges, oder nicht? Das Kind war S; Zoll lang
und 4 Pfund schwer, hatte an Händen und Füssen vollkommen
gebildete und harte Nägel; auf dem Kopfe dichtes. und .zolllan-
ges Haar, eine feste und nicht runzeliche Epidermis und eive
weisslich rothe und dichte Cutis, gerundete und feste Gliedmaas-
sen. Zwischen den Fontanellen und dem Kopfe, zwischen die-
sem und dem übrigen Körper war das ‚richtige Verhältniss; die
Ohren waren hart und knorpelig; der Nabelstrang fest, derb
und saftig, und die Hoden in dem Hodensacke. Demnach war
das Kind reif und zeitig, denn die geringe Schwere des Kin-
des ist keine Seltenheit und dürfte in der kleinen Statur der
Mutter ihren Grund haben. Für die Lebensfähigkeit. des
Kindes sprechen nicht bloss die angeführten Merkmale der Reife,
sondern auch der Mangel jener Bildungsfehler, die ein Leben
ausserhalb der Gebärmutter mehr oder weniger unmöglich ma-
chen. Auch hatte die Schwangerschaft gerade 40 Wochen ‚also
die normale Zeit, gedauert, und somit ist das Kind auch in die-
ger Beziehung als zeitig und ausgeiragen zu achten. — Hu. Wurde
das Kind todt geboren, oder hat es nach der Geburt
gelebt? Das absolute Gewicht der Lungen zu dem Körper des
Kindes verhielt sich nicht (wie bei Neugeborenen, die nicht ge-
athmet haben), wie 1:70, sondern wie 1}:627, also ziemlich
wie 2:70 (wie bei Lungen, die geathmet haben). Die Lungen
waren specifisch leichter, als das Wasser, und schwammen in
selbigem vollkommen, so wohl die einzelnen Lungen für sich und
mit dem Herzen. verbunden, als auch zerstückelt. Die Lungen
bedeckten das Herz von beiden Seiten zur Hälfte und füllten die
Brusthöhle ziemlich ganz aus, sahen weisslich-roth, enthielten
eine nicht geringe Menge einer röthlichen, schaumigen Flüssig-
keit, knisterten beim ‘Durchschneiden und liessen, unter dem
Wasser gedrückt, Luftblasen aufsteigen. Der Thorax war ge-
wölbt und das Zwerchfell schon mehr flach. Daraus möchte wohl
ohne Zweifel gefolgert werden dürfen, dass das Kind wirk-
lich geathmet und der kleine Blutlauf bereits Statt
gefunden hatte. Allein hat es auch nach der Geburt geath-
met? Auch diese Frage muss mit Ja beantwortet werden, da
bei der leichten und schnellen Geburt, bei der Kleinheit des Ko-
pfes und den nicht breiten Schultern des Kindes in Beziehung
zur Weite des Beckens der Mutter eine Einkeilung des Kopfes