Full text: (8. Band = 1834, No 9-No 16)

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VL Staatsarzneikunde. 
weil er denselben weder mit der Hand, noch mit dem Instru- 
mente einzuleiten vermocht. Er läugnete sofort die Zange an- 
gewendet zu haben, ohne zuvor andere Mittel zu versuchen; 
er habe dies erst gethan, nachdem‘ er sich von der schlechten 
Lage des Kindes genau überzeugt und dies auch den Anwesen- 
den erklärt. Er läugnete den Rumpf des Kindes abgerissen zu 
haben, vielmehr habe er selbst die Hebamme, welche das Kind 
beim Anlegen der Zange habe in die Höhe halten müssen, ge- 
warnt, ja nicht daran zu ziehen. KEr verharrte dabei, : dass das 
Kind ausgetragen und die Fäulniss schon seit mehreren Tagen 
eingetreten gewesen seyn müsse, weil sich sonst der Rumpf nicht 
von selbst vom Kopfe getrennt haben würde. Ein Perforatorium 
sey nicht nöthig gewesen, da sich der Kopf beim Anlegen der 
Zange von selbst entleert und das Gehirn zugleich mit- einer 
wässerigen Feuchtigkeit abgeflossen sey. Den Kopf habe er nur 
auf den ausdrücklichen Wunsch der B. nicht entfernt, doch glaube 
er nicht, dass dessen Zurückbleiben den Zustand derselben nach 
der Entbindung verschlimmert habe. —. Die Zeugenaussagen stim- 
men im Ganzen mit der des Wundarztes überein, nur wollen sie 
keinen Fäulnissgeruch wahrgenommen haben. Die Hebamme ver- 
harrte’ in allen Stücken bei ihrer frühern. Als nun diese 'sämmt- 
lich in Gegenwart O’s. auf ihre Aussagen vereidigt werden soll- 
ten, lehnte er dies. ab und erklärte sich lieber bereit, ihre Aus- 
sagen als wahr anzunehmen; er wünsche, dass die Acten einem 
praktischen Geburtshelfer vorgelegt würden. — Den 19. März 
1833 gab der Amtsphys. C. zu vernehmen: dass wenn gleich die 
Conjugata des Beckeneinganges ‘nur 27” betragen, doch wegen 
der normalen schiefen und des Querdurchmessers, ferner wegen 
der völlig hinreichenden Durchmesser in der untern Beckenöff- 
nun die Wendung an sich olıme Zerstückelung des Kindes mög- 
lich gewesen sey. — Der unterm 1. April von den Obducenten 
eingereichte Sectionsbericht stimmte meist mit ihren zu Protokoll 
gegebenen Aussagen überein; die Fäulniss habe keinen hohen Grad 
erreicht gehabt, weil der Geruch nicht stark und der Körper 
noch ziemlich frisch gewesen; Cie angränzenden weichen Theile 
des Uterus — Scheide, Blase etc. liessen sich gar nicht mehr 
auffinden , entwickeln und untersuchen und vom Perinäum zeigte 
sich keine Spur mehr; die Gedärme waren weiss. — In dem 
beigefügten Gutachten erklären sie: Kunsthülfe sey in diesem 
Falle durchaus erforderlich und dazu ein zweckmässiges Lager 
das Nothwendigste gewesen; statt dessen sey die Kreissende auf 
Stroh auf den Fussboden gelegt worden, die Zange habe bei der 
vorhandenen Querlage gar nichts nützen, sondern nur nachtheilig 
und gefährlich seyn können. Obgleich O.. sich beeilt habe, der 
B. sobald als‘ möglich beizustehen, so sey doch sein Betragen 
nicht vereinbar mit den Pflichten eines sorgsamen, gewissenhaf- 
ten und rechtlichen Geburtshelfers. Seine Unbesonnenheit, Ue- 
bereilung, Unvorsichtigkeit‘ und besonders der Mangel aller Wahr-
	        
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