V. Gynäkologie und Pädiatrik.
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Phlegmatischem Temperamente litt seit März v, J. an schmerz-
haftem Uriniren, was sie jedoch geraume Zeit verschwieg. Bei
endlich eingetretener. gänzlicher Harnverhaltung wurde B. am
9. Jul” gerufen und fand nicht nur die Blasengegend in schmerz-
haft gespanntem Zustande, sondern es fiel ihm auch ein starker,
dickhäutiger, braunrother Sack, von der Grösse eines ziemlich
Erossen Apfels, der prolapsusartig hervordrang, in die Augen.
Der Sack zeigte in der ganzen Peripherie sehr deutliche Fluctua-
lion und ein Druck auf denselben machte keinen Schmerz. Die
bedeutende Blasenanfüllung forderte vor Allem: den Katheter,
durch den völlige und sehr copiöse Entleerung erlangt wurde.
Gleich darnach war oder schien der sackartige Körper beinahe
Yerschwunden, übrigens konnte mit dem Finger durchaus nicht
In die Vagina gedrungen werden, Die Wiederanfüllung der Harn-
blase nach 12 Stunden bewirkte dasselbe Hervordringen des
Schwappenden Körpers, . und da die Haut nur für das sehr‘ ver-
dickte und nach allen Seiten fest verwachsene Hymen zu neh-
Men war, so wurde mittelst eines Bistouris eingeschnitten. Kaum
War dasselbe eingedrungen , als wenigstens 2 Pfunde eines schmu-
Zig-braunen, zähen, doch nur. einen schwachen üblen Geruch
Verbreitenden Menstrualblutes hervorstürzten. Der Urin ging nun
wie im gesunden Zustande ab. Da.aber die künstliche verticale
Oeffnung nur so weit war, dass man mit einem mässig grossen
Finger eindringen konnte, so wurden, um neuem Verschliessen
Vorzubeugen, Pressschwämme eingelegt und oft Chamillenauf-
Suss mit Honig injicirt, Da jedoch die Schwämme Schmerz zu
machen schienen, wurden sie mit Bougies vertauscht, die zwar
leichter vertragen wurden, bei denen aber die Oeffnung sich
wieder zusammenzuziehen schien. Zugleich traten schmerzhafte
Krämpfe in den obern Extremitäten, ja sogar im Unterkiefer ein,
und es fanden sich dazu alle Symptome eines Schleimfiebers,
Auffallender . Brechreiz forderte Ipecac., worauf viel farbloser
Schleim entleert wurde, und nach Inf. Senn, mit Sal. ammon.
dep, Extr. Taraxr. wmd Ag. ları Vienn, traten auch dergleichen
Sedes ein. Die Krämpfe schienen übrigens noch periodisch, . was
darauf führte, dass wohl die Bougies örtlich Nervenreiz bedin-
8en möchten, der consensuell Krämpfe in den obern Theilen er-
rege und dass die Perforation des IIymens zu wiederholen sey.
Diese wurde denn auch 8o verrichtet, dass ein Kreuzechnitt zu-
sammen kam, wonach man mit 2 neben einander gelegten Fin-
8er in die Vagina eingehen konnte. Die Zweckmässigkeit die-
ses Verfahrens bestätigte sich dadurch, dass von nun an nicht
die geringste Spur von Krämpfen wahrzunehmen war, ‘© Ausser
Cinigen Injectionen aus. Dec, Sem. Lin. mit Flor. Chamom. wurde
nun nichts !mehr gebraucht, und man hatte nur-noch auf das
Schleimfieber zu sehen, wonach das Mädchen 80 genas ,. dass
Ende Septembers die Menstruation sich regulirte, die auch seit-