IL. - Pathologie, Therapie und medicinische Klinik. 263
einer Nachschrift vom Staatsrathe Dr. HUrELAND. Nach den
Untersuchungen und dem Ausspruche eines ALBERS, JurRıne, Mar-
cus u, A, glaubte man fast allgemein den Croup ganz in seiner
Gewalt und war der. Meinung, man könne ihn gar nicht mehr
verkennen. War aber das Uebel ein Mal erkannt, so waren
Blutegel und Kalomel die sichersten Heilmittel. In wiefern die-
ses wahr und ob noch mehr. zur Diagnostik und Behandlung die-
ser Krankheit gehöre, oder nicht, soll sich aus Nachstehendem
ergeben. Am 2. Juni früh 4 Uhr wurde S. zu einem 4jährigen
Knaben gerufen, den er, wie folgt, fand: Der Kranke lag auf
dem Rücken mit tief nach hinten gebogenem Kopfe., Das stark
geröthete Gesicht verrieth grosse Angst, die Augen rollten un-
rühig und nach ‚vorn gedrückt in ihren Höhlen umher, die Haut
am ganzen Körper war. heiss, ‚trocken, sehr gespannt, der 112
bis 120 Schläge habende Puls hart, ‚der Durst stark, das Schlu-
cken nicht erschwert, der Athem heiss, die Zunge leicht belegt.
Oeffnung war Abends zuvor zugegen gewesen und der Urin sah
dunkel. ” Durch das Bemühen, Luft einzuathmen, hörte man den
Kranken schon von weitem sehr hart schnaufen und längs. der
Trachea vernahm man Schleimgerassel. Der Ton des Hustens
lautete bald hohl, bald metallisch klingend, bald heisser bellend;
die Inspiration war lang gezogen, die Exspiration stossweise,
wobei oft Erstickungsanfälle eintraten. Die Stimme war meist
tauh, heiser, die Gegend der Tonsillen flammig geröthet, Schmerz
und Geschwulst am Luftröhrenkopfe wurde nicht bemerkt und
der Kranke vertrug hier Druck. Das ursächliche Moment war
Erkältung: der Knabe war Tags vorher früh bei feuchter Witte-
rung in’s Feld gegangen, hatte sich durch Springen erhitzt, wie-
der abgekühlt und so verkältet. Mittags schmeckte das Essen
noch und dann schlief der Knabe wie gewöhnlich bis 3 Uhr,
Wo er einige Male hohl hustete, dann aber seinem Spiele nach-
ging. Abends legte er sich ruhig zu Bette, erwachte aber um
10 Uhr mit hellklingendem Husten, Dabei fand sich Hitze und
die Symptome traten nun der Reihe nach, wie angegeben, auf.
Da das Kind schon. im 2. Jahre ‚ein Mal ;an diesem Uebel litt,
suchten die Eltern sogleich ärztliche Hülfe, dach konnte wegen
Entfernung dieselbe erst früh gegen 4 Uhr erlangt werden. . Nach
dem Mitgetheilten stand der Verf. nicht an, das Uebel für Croup
zu halten und danach sein Verfahren einzuleiten. Da der Knabe
kräftig war, verordnete S. 12 Blutegel, stündlich 4 Gr. Kalomel
und in der Zwischenzeit eine Sol. nitrosa. Nächstdem gebot er
Ruhe und Verabreichung von lauwarmem Schleime. Im Drange
der Geschäfte konnte er erst Abends gegen 5 Uhr wieder zu
dem Kranken. kommen. Die heitere Miene des Vaters als Zei-
chen der Besserung annehmend, rief S.: nun da haben die Blut-
egel ihre Schuldigkeit gethan! erfuhr aber zu seinem Erstaunen,
dass keine angewendet worden wären. Den Kranken selbst fand
er mit ziemlich ruhigen Gesichte im Bette auf der Seite liegen.