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IV. ‚Gynäkologie und Pädiatrik..
und dann müssen auch nach dem Mittagsessen 1—2 Stunden
der Ruhe gewidmet werden, Dadurch wird schon meist die
Schwangere genug gestärkt seyn und nicht durch aufregende,
erhitzende Nahrung den Geburtsact schwierig und gefährlich ma-
chen dürfen. Da der plastische Körpertrieb der Schwangern so
ungemein erhöht ist, eo müssen dieselben nur solche Nahrungs-
mittel zu sich nehmen, die, ohne das Blutsystem sehr zu affi-
eiren, zur Unterhaltung des Lebens. dienen. Wein, Bier, Cho-
colade, viele Gewürze, starke Fleischbrühen und sonst sehr nahr-
hafte Sachen sind ganz zu meiden, es müsste denn uie Schwan-
gere über 40 Jahre alt seyn und dabei nicht zu Plethora Nei-
gung haben, oder es müssten sich wegen eigenthümlicher Schwä-
che des Körpers nach Krankheiten solche Stärkungsmittel ent-
schuldigen lassen. Sind nun dennoch, trotz des gehörigen Schla-
fes und bei Vermeidung aller angreifenden Vergnügungen bei ei-
ner Schwangern Beschwerden von Schwäche der Geburtstheile,
vornehmlich von zu tiefem Stande des Uterus aus Erschlaffung der
Mutterbänder zugegen, wodurch Kreuzschmerzen, Druck im Be-
cken, beschwerlicher Gang und Müdigkeit entstehen, so sind aro-
matische Bäder und spirituöse Waschungen von Nutzen, da die-
selben auf allgemeine Stärke und Rüstigkeit des Körpers , nie aber
auf Plethora wirken. Es ist nämlich ein grosser Unterschied, ob
Aromata und überhaupt erhitzende Mittel durch Haut, oder Darm-
kanal aufgenommen werden. Sclbst in entzündlichen Leiden kann
man dreist dem geschwächten Magen durch äussere stärkende und
erhitzende Mittel zu Hülfe kommen und eben gerade den entzün-
dungswidrigen, mehr oder weniger schwer verdaulichen Mitteln
besseren Eingang verschaffen. — Ein gestärkter und doch nicht
plethorischer Körper schützt am besten vor Abortus und schwie-
rigen, tödtlichen Geburten. Leider ist es aber selbst vielen Aerzten
noch so wenig bekannt, wie man mit Vermeidung des Einen das
Andere erlangen kann. Dass Verwahrung vor Gemüthsaffecten und
heitere Stimmung, der Genuss der freien Luft und andere diäteti-
sche Regeln für Schwangere besonders passend sind, wissen sie
wohl und lehren es auch, aber an Beschränkung der Reizmittel
und zu nahrhafter Speisen denken sie nicht. {Neue Zeitschr. f.
Geburtskunde v. Busch, d’Outrepont u. Ritgen, Bd. TI. 5 Hft. 3.)
K—e.)
131. Ansichten über die künetlichs Frühgeburt;
vom Kreiswundarzte und Geburtshelfer SeuLen in Jülich. Bei
Personen mit so engem Becken, dass ein reifes, ganz ausgetrage-
nes Kind unmöglich lebend geboren werden kann, muss die künst-
liche Frühgeburt als eine Operation betrachtet werden, wodurch
ein Jebensfähiges Kind, ohne allzugrosse Leiden, Beschwerden
und Anstrengungen, mit minderer Lebensgefahr für die Mutter,
zur Welt gefördert werden kann. Durch Ausführung dieser Früh-
geburt wird man minder oft genöthigt, den Bauch- oder Gebär-
mutterschnitt , oder eine Operation vorzunehmen, deren Zweck