18 1. Pathologie, Therapie und medieinische Klinik.
gewölbes ein kreisförmiges, groschengrosses Geschwür mit dun-
kelrothen, etwas aufgeworfenen Rändern und speckigem Grunde,
Obgleich die Kranke nichts von Syphilis. wissen wollte und sich
nur gutartige Blennorrhöe ‚.die schon geraume Zeit zugegen seyn
sollte, fand, wurde doch eine. Mercurialcur ‚eingeschlagen und
das Geschwür, um die Heilung zu beschleunigen, von Zeit zu
Zeit mit Lapis infern. betupft. So oft dies geschah, hatte die
Kranke einen bittern Geschmack , ohne dass dabei die Zunge mit
dem Gaumen in Berührung kam. Nach 3 Wochen war das Ge-
schwür vernarbt. So blieb das Befinden mehrere Monate unge-
stört, als nach heftigen Gemüthsaffecten Schwäche und erschwerte
Beweglichkeit der Extremitäten der rechten Seite eintrat. Am
8. Sept. wurde R. gerufen, der die Kranke in einem apoplek-
tischen Anfalle mit gänzlicher Bewusstlosigkeit, Motilitätsparalyse
des rechten Arms und Beins, rothem, aufgetriebenem Gesichte,
langsamem, vollem Pulse und unwillkührlichem Urinabgange fand.
Durch antiphlogistische und ableitende Mittel liess nach 4 Wo-
chen die Lähmung nach, so dass die Kranke den Arm, wenn
auch langsam, nach dem Kopfe bewegen und gestützt in der
Stube umhergehen konnte. Doch grosse Gedächtnissschwäche
und psychische, in den erschlafften Gesichtszügen sich ausdrü-
ekende Trägheit beurkundete die Unheilbarkeit des Uebels. Im
Nov. wurden noch russische Dampfbäder mit kalten Begiessun-
gen. des Kopfes und Rückens versucht, doch vergebens. Der
Biödeinn entwickelte eich immer mehr, die Lähmung kehrte völ-
lig zurück, Urin und Excremente gingen unwillkührlich ab, und
am 80. Jan. 1830 starb die Kranke. Bei der Section fand man
die Hirnhäute längs der Sichel fest mit einander verwachsen,
Die Arachnoidea zeigte in ihrem ganzen Umfange Opalfarbe. Die
sehr derbe, elastische Marksubstanz war mit injicirten Gefässen
durchzogen und in sämmtlichen Hirnhöhlen viel seröse Flüssig-
keit angesammelt. ' Der linke gestreifte Körper sah wie schwach
%eröthetes Johanniebeerengelde und erschien als breiweisse Masse
mit erbsengrossem Blutextravasat im Mittelpunkte. derselben. In
der untern Fläche des linken vordern Lappens des grossen Ge-
hirns, in der Nähe der Reım’schen Siebplatte, lagen 3 haselnuss-
grosse, im Centrum erweichte, von verhärteter Hirnsubstanz um-
gebene Fuberkein neben einander. -— An diese Fälle reiht der
Verf. einige Bemerkungen über Diagnose der Hirstuberkeln,
Wie schwer das Erkennen derselben im lebenden Körper sey,
lässt. sich voraussehen,. da die Diagnose jeder‘ Gehirnkrankheit
um so ‚dunkler ist, je. langsamer sich diese entwickelt. und je
weniger sie vom Anfange das Hirngewebe desorganisirt,, Beides
findet in der: Regel bei den Aftergebilden in der Schädelhöhle
Statt, die aber verschiedener Natur sind: hydatidög, fungös, tuber-
gulös. Dadurch wird die diagnostische Aufgabe höchst selten gelöst
und nur der Unerfahrene wird sich seiner Unfehlbarkeit rühmen.
während der Erfahrene zufrieden ist mit Ergebnisse und Ver-