Full text: (8. Band = 1834, No 9-No 16)

196 Y. Pathologie, Therapie und medicinische Klinik. 
gehabt, 2 Frauen von 40 Jahren, die in ihrer Jugend die äch- 
ten Pocken überstanden, wurden mit Eiter ächter Pocken inocu- 
lirt. Niemand bekam die ächten Pocken, ausser den Kinder», 
die nicht vaccinirt waren und auch ‚noch nicht die ächten Po- 
cken gehabt, ein Beweis, nach Sacco, dass die Schutzkraft der 
Vaccine das ganze Leben hindurch währe. -— Nächsidem prüft S- 
folgende 3 Fragen: 1) sind die Varioloiden in der That ächte 
Pocken? 2) sind sie ein Exanthem, das mit den ächten Pocken 
verwandt ist, so dass sie den Namen „‚modificirte Blattern‘* ver- 
dienen? und 3) sind sie ein eigenes Kxanthem, oder ein Mor- 
bus hybridus? — Die erste Frage verneint S., weil Form und 
Verlauf der Varioloiden von dem der ächten Pocken abweicht. 
Was die zweite Frage betrifft, so räumt er eine gewisse Ver- 
wandtschaft ein, hält aber dafür, dass die Krankheit eigenartig 
und neu sey. Die Meinung, dass das Exanthem eine Bastard- 
Krankheit ausmache, verwirft er. Um der Natur dieser neuen 
Krankheit auf die Spur zu kommen, wurden nachstehende Ver- 
suche gemacht. Vier ganz junge Kinder, 12 vaceinirte Knaben 
von verschiedenem Alter, und 2 Ammen, welche die ächten Po- 
cken überstanden hatten, wurden am 15, Sept. 1825 mit der 
aus Pusteln der modificirten Blattern, an denen ein vaccinirter 
junger Mann krank lag, genommenen Flüssigkeit geimpft. Bei 
den Geimpften sowohl, wie bei denen, die ‚Variolae gehabt, eı- 
schien keine Eruption, die 4 ganz kleinen Kinder: aber bekamen 
‘an den Einstichstellen Pusteln, die am 4. Tage der Impfung er- 
schienen und bis zum 12, Tage wuchsen, ‚wo sie ein erysipela- 
töser Hof umgab. Ucehrigens waren sie von regelmässiger Forms 
rund, eben, mit Nabel versehen, silberfarben, so dass Alle, wel- 
che sie sahen, sie zu den ächten Kuhpocken rechneten. Da S. 
sah, dass die Form der Pusteln denen so ähnlich waren, welche 
die Vaccine herrorbringt, so wurden mit deren Inhalt 2 andere 
Kinder inoculirt. Aus allen Einstichen erschienen Pusteln und 
endlich brachen nach 3 fieberhaften. Tagen am ganzen Körper 
ächte Pocken aus. Diese Eruption hatte nicht mehr die Form 
der modificirten, sondern der ächten- Blattern und machte auch 
denselben Verlauf, mit Ausnahme einiger Pusteln, die hier und 
‘da der Form der Kuhpocken glichen. Hieraus ergiebt sich, dass 
die modificirten Blattern nicht sich selbst zu erzeugen, aber ächte 
Pocken hervorzubringen vermögen und zwar unter gewissen, noch 
nicht gehörig bekannten Umständen. Man hat daher sorgfältig 
auf Absonderung solcher Kranken zu wachen, Da diese Versu- 
che sehr wichtig waren, wurden sie mehrmals wiederholt, aber 
immer war der Erfolg derselbe, woraus S. folgende Schlüsse 
zieht: die modificirten und ächten Blattern afficiren , eingeimpft, 
nicht die, welche vaccinirt worden, oder die ächten Pocken über- 
standen haben; die modificirten Blattern sind den ächten Pocken 
verwandt, obgleich sie sich selbst nicht wieder hervorbringen; 
die. modificirten Blattern können nicht ein Morbus hybridus ger
	        
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