I. Pathologie, Therapie und medicinische Klinik. 195
würdigste dabei war. wohl, dass in einer Gegend, in deren näch-
sten Nähe die Cholera kurz vorher gehaust hatte, ohne dieselbe
selbst zu, befallen, sich nun ein Uebel blicken liess, das nicht
undeutlich an die Cholera erinnerte. [Casper’s Wochenschr. f.
d, ges. Heilk., 1834, Nr. 15.] . (K—e.
109; Sacco’s neueste Versuche zur Entdeckung
der wahren Natur der Varioloiden und ihres Ver-
hältnisses zur Variola vera und der Schutzkraft der
Vaccine; nebst Bemerkungen darüber vom Staatsrathe Dr. Hv-
FELAND. .Sacco, dem die Vaccine schon so viel verdankt, hat
Bich ein neues grosses Verdienst um dieselbe durch eine Reihe
interessanter Versuche erworben, die er jetzt, wo durch häufi-
ges Vorkommen der Varioloiden. ihr Werth als Schutzmittel zu
Wanken schien, zur Bestätigung ihrer Schutzkraft unternahm,
und die zugleich einige höchst merkwürdige "Thatsachen über
Verpflanzung ‚und Modification des Pockengifts darboten. Sie
finden sich in einer Schrift, die Sacco 1832 in Mailand unter
dem "Titel: de vaceinationis necessitate per totum orbem rite in-
stituendae dissertatio heransgab, und gehen auf Folgendes zu-
rück: 1823 trat in Marseille ein Exanthem auf, das Einige mit
dem Namen Varioloiden, Andere mit Variolae bezeichneten. Von
Frankreich verbreitete sich die Krankheit nach Italien und zeigte
sich 1825 in Mailand. Zuerst bekamen Nichtvaccinirte diese
Hautkrankheit, dann mehrere Vaceinirte und zuletzt’auch solche,
welche die ächten Menschenpocken bereits überstanden hatten.
Obgleich die Krankheit gutartig und nicht mit den ächten Po-
cken zu verwechseln war, wurde sie doch für Variolae gehalten,
Der Vacciation war hiermit der Krieg erklärt, und man entblö-
dete sich nicht, ihr jeglichen‘ Schutz vor den ächten Pocken
abzusprechen, oder diesen, nur auf gewisse Zeit zuzugestehen,
Um dies als irrig zu zeigen, stellte Sacco Versuche an, welche
die Schutzkraft der Vaccine beweisen, die Meinung, dass der
Vaccinestoff an Wirksamkeit verloren habe, widerlegen und dass
diese letztere nicht bloss 10 oder 20 Jahre, sondern das ganze
Leben dauere, darthun sollen. Diese Versuche wurden im Aug,
1825 im Catharinen- Hospitale zu Mailand angestellt. 12 bereits
vor 2 Jahren vaccinirte Knaben von verschiedenem Alter wurden
dabei mit Eiter. aus .den Pusteln der ächten Blattern inoculirt
und mit ihnen 2 erst einige Tage alte Kinder, so‘ wie 2 Erwach-
sene, die deutliche Narben von Menschenblattern an sich trugen.
Niemand von’ den Gekuhpockten oder von. denen, welche die
Menschenblattern bereits gehabt, wurde im geringsten ergriffen,
dagegen. bekamen die neugeborenen Kinder die ächten Pocken,
Woraus, nach S. hervorgeht, dass der Vaceinestoff seine Wirk-
samkeit nicht verloren habe, und dass Niemand, der gehörig
Beimpft worden, ächte Pocken bekommen werde, Ferner wur-
den 12 Personen vor 20 Jahren vacccinirt, 6 vor 22 Jahren, 2
vor 24 Jahren, 2 Kinder, welche weder ächte, noch Ey Pocken