158 1. Pathologie, Therapie und medicinische Klinik.
Geschwüren am Penis und zwischen Vorhaut und Eichel, die In-
guinaldrüsen beider, namentlich der rechten Seite sehr stark an-
geschwollen‘ und verhärtet, zwischen den Natibus und an den
Oberschenkeln sassen mehrere ziemlich grosse warzenförmige
Condylome und aus der an ihrer Mündung sehr gerötheten Harn-
röhre floss grünliche eiterartige Materie, Von einem Exantheme
war nichts zu sehen, doch gestand Pat., noch vor einigen, Wochen
ein solches gehabt zu haben. In beiden Mundwinkeln enideckte
man kleine speckige Geschwüre, so auch an der einen Seite des
linken Backens, auch nahm man an beiden Tonsillen ähnliche
Geschwüre und an der sehr‘: angeschwollenen Uvula mehrere
Excoriationen mit dunkelrothem Rande wahr. . Alle diese
Erscheinungen an einem Kranken, der zuerst etwa 8 Tage nach
einem Beischlafe Geschwüre an den Genitalien bekommen, dann,
nachdem er diese durch äusserliche Mittel einigermaassen unter-
drückt, an Anschwellung der ‚.Leistendrüsen gelitten, später erst
Halsaffectionen und Knochenschmerzen -bekorhmen hatte, setzten
es ausser Zweifel, dass man es hier .mit allgemeiner Lues sy-
philitica durch Vernachlässigung des primären Leidens zu thun
habe. Der'Kranke wurde daher in genaue Behandlung genom-
men und erhielt neben Hungerecur das Zırrmann’sche Decoct.
Durch seine eignen Aussagen erfuhr man inzwischen, dass er
sich, seit er syphilitisch geworden, an 6 verschiedenen Stellen auf-
gehalten, nämlich zuerst bei einem Bauer K., dann bei J. W.,
darauf bei Br., darauf bei La., dann bei H. und endlich bei B.
Bei Br. hatte er mit dem Knechte zusammengeschlafen und hier
sowohl als bei La. mit den übrigen Hausgenossen gemeinschaft-
lich gegessen und vielfach mit ihnen verkehrt. So wie hier-
durch, da bei allen oben angegebenen syphilitischen Kranken das
Uebel zuerst als Hautaffection aufgetreten war, sehr wahrschein-
lich wurde, dass dieselben wirklich ohne Beischlaf, durch zufäl-
lige Berührung mit dem an allgemeiner Lues leidenden J. Kr.,
angesteckt worden waren, so war es nun höchst wichtig, 'zu er-
Fahren, wie es mit der Gesundheit aller Bewohner der andern
Häuser, in denen Kr. sich aufgehalten, stehe und es wurde daher
von Seiten’ des Gerichts das dazu Erforderliche angeordnet. Bei
K., bei J. W., so wie bei B. wurden sämmtliche Hausgenossen ge-
gsund gefunden, bei H. aber, wo J. Kr. sich nur 2 Nächte auf-
gehalten und dieselben mit dem Sohne, einem 12jährigen Kna-
ben, zusammengeschlafen hatte, wurde dieser Knabe mit allgemein:
verbreitetem. maculösem Exanthem und sehr virulenter Gonorrhöe
behaftet gefunden. Diesen Ausschlag hatte er bald, nachdem
J. Kr. im Hause gewesen, bekommen, der Ausfluss aus der Harn-
röhre aber war erst später eingetreten und seit einigen Tagen
sehr stark und schmerzhaft geworden. Um den Knaben von den
Seinigen zu sondern und ihn gehörig behandeln zu können,
wurde er in eine Krankenanstalt gebracht. — Mit der grössten
Wahrscheinlichkeit kann man nach dem Mitgetheilten wohl anneh-