260 1. Pathologie, Therapie und medicinische Klinik,
zieht sie wieder an sich. Naclı dem Anfalle weiss der Kranke
bei klarem Bewusstseyn selbst vom Anfälle Rechenschaft zu 88"
ben. — Kin 13jähriger Knabe hatte mitunter an Drüsenanschwel-
lungen, an einem kalten und an einem gastrischen Fieber mit
Erbrechen und Dorchfall gelitten. Nachdem er sich den Som-
mer erholt und sehr wohl genährt hatte, magerte er den Herbst
wieder ab; es stellte sich unaufhörlicher Durst ein, der App“
tit und die Iarnsecretion nahmen sehr zu und es’ bildete sich
Diabetes mellitus aus. Durch Kochen mit Alkohol gab der Hart
nach dem Erkalten einen dicken Syrup, welcher süss schmeckte
wie Traubenzucker, und später in schönen Zuckerkrystalien an-
schoss. Der Kranke sollte sich des Zuckers und aller Vegeta-
bilien, enthalten; dagegen animalische; Kohlen - und Stickstoff IP
vorwaltender Masse enthaltene Kost wählen; reines Wasser, Kier-
wasser und Kalkwasser mit Milch, aber kein Bier und keine
fruchtsauren Getränke geniessen, Ausserdem bekam er bitter6
Extracte mit Elir. aur. comp. und Natron carbon. acidul, Für
spätere Zeit wurden ihm Quassia, Cascarille, Kino, abwechselnd
ein Brechmittel , später Hepar sulphur. volat. und Schwefelle-
berbäder zugedacht. Der Erfolg dieser Cur steht noch zu €F
warten. — KEigenthümliche Hysterie und besondere Aeusserullö
eines höchst kranken Gemeingefühls zeichnen folgenden Fall auß-
Eine 31 Jahre alte Jungfer von schwächlicher Constitution ver“
fiel nach vieljähriger Unregelmässigkeit der Menstruation und
nach mannichfaltigen nervösen Beschwerden in Hysterie, welche
zuletzt nahe an wirklichen Wahnsinn gränzte. Sie lebte fast nuf
für ihre Krankheit und war immer nur mit ihren krankhafteP
Empfindungen beschäftigt, und die verkehrtesten Deutungen der”
selben wurden bei ihr zu fixen. Ideen. So bloss mit sich und
mit ihrem Zustande beschäftigt, nahm sie an nichts um sie her
Theil und zeigte selbst kein Verlangen nach ihren Lieben. Si
behauptete , unerträgliche Empfindungen im Unterleibe zu habe
dass ihr Magen sich zuweilen bis,nach dem Becken hinabsenkte
und sie bemühete sich, auf allerlei Weise, das weitere Hersb-
fallen zu verhüten. Sie verlangte fast absolute Stille um sich
herum, da das Sprechen Anderer, Stricken in ihrer Gegenwert
u. 8. w. die schwersten Empfindungen in ihrem Leibe erregt“
Das ganze Leiden der Kranken schien bloss in einer grossen Ver“
stimmung der Nerven mit Befangenseyn des Gemüths in falsche?
Deutungen der krankhaften Empfindungen zu bestehen. — Ei
niemals bedeutend krank gewesener Mann von 30 Jahren beka®
% Monate nach der Hochzeit Schmerzen im Kreuz und in dem
rechten Hoden bis zu dem Fusse hinab. Coitus nimius und dan
Bewohnen eines frisch eingerichteten Hauses schienen das Ueb®
veranlasst zu haben. Man änderte beide Umstände ab, aber die
Schmerzen kehrten mit verschiedener Heftigkeit und Ausdaue
periodisch wieder, ohne das Allgemeinbefinden zu stören. Keil
Mittel half; der wiederholte Gebrauch von Blutegeln, der Gal