184
IV. Gynäkologie und Pädiatrik.
burt eines reifen und lebensfähigen Kindes zu der Zeit erfolgt,
wo die Menstruation, von der Empfängniss an gerechnet, zum
zehnten Male hätte wieder eintreten müssen. Dies geschieht,
die Empfängniss mag bald nach oder kurz vor der Menstruation
Statt gefunden haben, und so kann das Kind etwas unter oder
über 280 ’Fage im Mutterleibe verweilen. Die Geburt kaun auch
in den Fällen um einige Tage differiren, in welchen die Men-
struation bei ungeschwängerten und gesunden Personen einige
Tage zu früh oder zu spät erscheint. Alleiti die rückkehrende
Menstrualzeit kann nicht die alleinige Ursache der Geburt seyn,
denn sonst wäre unerklärbar, warum die Menstrualbewegungen
bloss im zehnten und nicht schon im neunten Schwangerschafts-
monate solche Wirkung haben. , Es muss also nothwendig noch
etwas mitwirken, und diese Concausa erklärt die Möglichkeit ver-
späteter Geburten. Während der Schwangerschaft entwickeln
sich die Muskelfasern der Gebärmutter, und die beginnende "T’hä-
tigkeit dieses Urgans steigt nach und nach, und mit. Ende des
zehnten Schwangerschaftsmonates so hoch , dass sie nür einer
leisen Bewegung bedarf, um als selbstständige "Chätigkeit vor
Augen zu treten, Zu diesen Anregungen gehören die lebhaftern
Bewegungen der reifen und ausgebildeten Frucht in der letzten
Zeit der Schwangerschaft; die stärkere Ausdehnung der Gebär-
mutter in dieser Zeitz das sich in der Gebärmutter mehrende
Blut, welches nicht mehr von dem Mutterkuchen aufgenommen
wird, indem die zur Reife gediehene Frucht zu einer andern
Nahrung hingewiesen wird; das hei der grossen Gebärmutteraus-
dehnung eintretende Missverhältnisa der Widerstandsfähigkeit. des
untern Theiles der Gebärmutter gegen den obern, und endlich
die gewohnten Menstrualbewegungen um diese Zeit. Diese Um-
stände wecken und unterstützen die 'Thätigkeit der Muskelfaser
des Uterus. — Fehlt nun zur 10. Menstruationszeit die, die
Geburt bewirkende Thätigkeit der Gebärmuttermuskelfasern, so
erfolgt die Geburt nicht, und sie tritt dann später ein. Dieses
Unvermögen der Muskelfasern ist entweder unbedingt, insofern
die Muskelfasern zu schwach sind, um durch ihre kraftlose Zu-
sammenziehung die Geburt bewirken zu können; oder bedingt,
indem entweder zur 10. Kintrittszeit der Menstruation der Uterus
überhaupt noch nicht zu dem Grade von Ausdehnung gelangt ist,
der die Irritabilität der Muskelfasern zu erwecken im Stande ist;
oder indem der untere Theil der Gebärmutter der Thätigkeit des
übrigen Theiles derselben noch zu viel Widerstand leistet; oder in-
dem die Ernährungsfähigkeit des Kindes noch nicht gesättigt ist
und deshalb zur 10. Eintrittezeit der Menstruation das Blut von
dem Mutterkuchen aufgenommen, zur Ernährung des Kindes ver-
wendet wird und sich also nicht in den Gebärmutterwänden anhäu-
fen kann, oder wenn sich das Kind nicht lebhaft bewegt, oder
endlich wenn zu dieser Zeit die Menstraalbewegungen zu schwach
und unyollkommen siad. In allen diesen Fällen fehlt es an den Po-