Full text: (6. Band = 1833, No 17-No 24)

5123 — MIL Staatsarzneikunde. 
Fürstenthumsgerichte vorgelegten Fragen: 1) welches überhaupt 
der Seelenzustand des C. D. sey? und 2).ob und wie weit eine 
Zurechnungsfähigkeit bei demselben anzunehmen sey? —-  ant- 
wortete derselbe, nachdem er die oben erwähnten Erkundigungen 
über den Inculpaten eingezogen und mit Hülfe der mit seiner Mie:- 
nen=. und Geberdensprache vertrauten Angehörigen seinen Ge- 
müthszustand möglichst geprüft hatte? folgendermaassen: 1) C. D, 
kann nicht. blödsinnig genannt werden , ‚sondern leidet an Verstan- 
desschwäche in dem Grade; in welchem solche bei jedem,. ohne 
allen. Unterricht gebliebenen; von der Natur mit geringen ,: oder 
doch mır mittelmässigen Geistesanlagen ausgestatteten Taubstum- 
men zu erwarten:ist; 2) dass in-strafrechtlicher ‚Hinsicht die von 
demselben am 6. Aug. verübte That einige Zurechnung verdien® 
ergiebt sich aus: folgenden: Gründen: a) sein ‚Vergehen bestand 
in Verletzung des jeder menschlichen Brust inwohnenden, ‚gleich- 
sanı ‚angehorenen. Gefühls für. Recht and ‚Unrecht, und in-einer 
That, deren nächste: Folgen auch einem Taubstummen, der nicht 
blödsinnig ist, ‚nicht ‚entgehen könnens 6) die angeblichen, der 
That kurz vorhergegangenen.,, zu. derselben in Beziehung stehen- 
den Umstände und sein Benehmen nach deren Vollführung deu- 
ten auß Absicht; Vorsatz und Plan, wie auch. auf das Bestreben, 
sein Vergehen :zu. verheimlichen lassen: diese also nicht als Wirr 
kung blinder . Wuth ‚öder- als in einem, die Willensfreiheit ‚aufher 
benden: Zustande begangen betrachten, ‚ja 68. konnte .die wahr- 
scheinliche Anreizung zu: dieser. That eben. so. gut jeden :anderD 
nicht Taubstummen zur Rachsucht verleiten; c) die Aussagen über 
ihn‘ wie: sein Benehmen im Gefängnisse beweisen , dass . er. Ge- 
fühl für das Schickliche und Unschickliche habez Verbote beachte; 
dass er begreife, .dass’ und warum. er gegenwärtig an diesem Orte 
sey. : Bei Bestimmung der Strafbarkeit dieser That und der po- 
Jizeilichen Fürsorge . zu Verhütung : weiterer‘ Gefahr ‚für die: öf« 
fentliche Sicherheit durch den C. D.: dürfte noch. zu berücksich” 
tigen. seyn, dass ‚erfahrungsgemäss Taubstumme: nicht allein zum 
Jähzorne geneigt, sondern auch wegen ihrer. Verstandesunbehülf- 
lichkeit:.der meisten Mittel „wodurch Andere: ihre Begierden zu 
zügeln: vermögen, beraubt sind. —. Das Benehmen des C, D. in 
einem am 21. Sept.: angestellten generellen Verhöre in Gegen 
wärt seiner Familie und des von; ihm Verletzten bewies‘ gan# 
deutlich, ‚dass er letzteren :von ‚andern. Jungen zu unterscheide? 
vermöge, dass er ihn als den anerkenne,- den er auf die ange“ 
gebene Weise verwundet habe,:: dass. er ‚sich der näheren Um- 
stände, unter denen er die That verübte, erinnere, ja sogar, dass 
er das Messer (wahrscheinlich ‚auf .dem Schleifsteine vor der 
Schmiede ‚seines Vaters) zuvor geschliffen habe. — Er wurde I 
Gegenwart des. Verletzten ‚und seines Vaters mit 15 mässige» 
Ruthenhieben bestraft, dann aber ‚des letzteren Aufsicht über* 
geben. {Henke’s Zeitschrift , 1852, 4. Vierteljahrheft.] . (L—*) 
Verlag yon Leopold Voss im Leipzig, ‘
	        
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