508
VI. Psychiatrie,
Nun trachtete er, sie auf andere Weise anzustecken; er sam:
melte die Ausflussmaterie und mischte dieselbe unter Milch, - Man-
delmilch, Butter und andere Sachen, die sie genoss, Dies that
er über 8 Tage lang, bis seine Frau ihn eben überraschte , als
er etwas Weisses in Milch thun wollte, die sie zum Frühstück
sich hingestellt hatte, Sie fragt; er zaudert;. sie droht, einen
Apotheker zur Untersuchung zu rufen; und er gesteht alles. Die
erschrockene Frau eilt zu ihren Eltern. T. untersucht sie, ohne
etwas zu finden; verordnete.aber Bäder und kühlendes Getränk,
Nach 4’ Tagen klagt sie über Schmerzen in der Scheide. T,
untersucht sie abermals und findet die Genitalien feucht, schmerz-
haft nnd sehr entzündet, besonders nach oben und in der Ge-
gend der Harnröhre. Die folgenden Tage nahm der Schmerz,
besonders beim Uriniren, sehr zu; der Ausfluss ward stärker;
es bildete sich ein röthlicher Strang von der Clitoris bis zu den
geschwollenen Leistendrüsen der rechten Seite, und eine heftige
Blenorrhagie war nicht mehr. zu ‚verkennen. T. verordnete Bä-
der, beruhigendes Getränk, erweichende Einspritzungen in die
Scheide, denen bald adstringirende folgten. Acht Tage darauf
bekam sie noch innerlich Mercur und war. bald vollkommen ge-
heilt. T., einmal in das Geheimniss gezogen, behandelte nun
auch den Mann, der seit 3 Wochen seinen Tripper ‘hatte; die-
ser gestand, dass er seine Frau, ohne dass sie es wüsste, habe
anstecken wollen, damit sie gezwungen würde, ihre Untreue ein-
zugestehen, und setzte hinzu, er wäre des Erfolgs gewiss ge-
wesen, da er schon früher einem seiner Feinde einen Chanker
mit Tripper auf diese Weise durch Nahrungsmittel mitgetheilt
habe. Er habe dies in den Colonicen gelernt, wo er es öfters
erlebt. T. untersuchte nun auch, um noch sicherer zu gehen,
den Geliebten der Dame, der allerdings vorhanden war., Dieser
war aber vollkommen gesund. Madame N. hatte nie weissen Ab-
gang, mit welchem übrigens ihr Zustand auch nicht verwechselt
werden konnte. — "T, glaubt, dass der Tripper venerisch und
nicht einfach gewesen sey, indem er überzeugt ist, däss ein ein-
facher Tripper auf diese Weise nicht anstecken kann. Die ein-
zige Möglichkeit wäre, dass Angst der Dame durch den Bei-
schlaf mit ihrem gesunden Geliebten den Ausfluss erregt, indem
solche Beispiele vorkommen. [Archives generales de Medecine.
Juin, 1833] Fr.
VL PSYyCOHIATRBIE.
839.‘ Zur Theorie der Geisteskrankheiten. Ver-
anlasst durch Nasse’s Ansicht in Henxe’s Zeitschrift für d. Staats-
arzneikunde, 1831. 3. Heft.; von Dr. DEMLEUTHNER , prakt. Arzt
in Wortingen. Die selbstständige Prävalenz der Vorstellung macht
das Bewusstseyn ihrer Unrichtigkeit aufhören, der Irre hält seine
irrige Vorstellung für richtig. Das ebenfalls von der Vorstellung
abhängige Gefühl steckt wieder den Willen an und Jede heilende