190 IV. Chirurgie und ‚Ophthalmologie.
Halse waren noch nicht -geschwollen; kurz das Uebel noch local.
Am 6. März 1826 begann G. die Operation, indem er auf die
gewöhnliche Weise den Stamm der Carotis, unterband; . darauf
machte er einen Schnitt, welcher von der Mitte der Unterlippe
bis- unter das Kinn ging und hier in einem Winkel seine Rich-
kung veränderte, und längs des Randes des Unterkiefers bis an
den. hintern Winkel desselben sich fortsetzte; einen dritten Schnitt
machte er von dem Jochbogen bis vor das Ohrläppchen in die
Endigung des zweiten Schnitts. Den auf. der Geschwulst auf-
liegenden grossen Lappen löste er. los, indem. er die Haut sammt
allen ‚darunter liegenden‘ Muskeln aufhob; hierauf zog er den
ersten Schneidezahn der rechten Seite aus und theilte den Un-
terkiefer‘ mittelst der Säge in 2 gleiche Hälften; hierauf trennte
er sowohl. von der Mundhöhle aus, als unter dem Knochen hin
alle zur Basis der Zunge, zum Zungenbeine und Flügelfortsatze
gehenden Weichtheile, wobei er besonders auch den Nerv. maxill.
infer. durchschnitt. Um .die Anheftungspunkte des Temporal-
muskels an den Kronenfortsatz zu durchschneiden, bediente er
sich einer starken, krummen Schere. Nach Beendigung dieser
Durchschneidung schlug er die rechte Unterkieferhälfte nach ans-
sen zurück, um sie von den ‚Anheftungen -des: M. pterygoid.
extern. an dem Gelenkhalse zu trennen. Nun öffnete er das Ge-
lenk, worauf nach Durchschneidung des vordern Bandes die Ex-
articulation beendigt war. Die Blutung war gering und kam nur
aus den Capillargefässen, weshalb keine Ligatur nöthig war. Der
Lappen wurde hierauf wieder angelegt, und die Wunde der Lippe
imittelst. der umwundenen Naht vereinigt, . während G. bei der
übrigen Wunde bloss einige Knopfnähte. brauchte. — ‚Die Unter-
suchung des exarticulirten Knochens zeigte selbst den Kronen-
und Gelenkfortsatz ganz degenerirt; der .Körper des Knochens
war fast ganz verschwunden, mit Ausnahme ‚seines Winkels und
des Theiles: seiner Symphysis, wo G. durchgesägt hatte. Indem
G. diese Geschwulst ihrem grössten Durchmesser nach durch-
schnitt, fand er den Knochen erweicht und unter... den Backen-
zähnen, wo die Krankheit. begonnen hatte, cariös, An allen übri-
gen Stellen schien bloss das Periost. krankhaft verändert;. das
kranke Gewebe war röthlich, von faserknorpliger Consistenz;
unter dem Scalpell knirschend, und aus einem dichten, ungere-
gelten Gewebe ‚von Fasern gebildet. — Der Kranke. erholte sich
bei einem leichten Opiate und verdünnendem Getränke bald von
dem Eindrucke der Operation und schlummerte ein wenig. Am
folgenden Tage trat eine starke Reaction ein; der Puls war stark,
das Gesicht geröthet; 20 Blutegel auf die Schulterhöhe der rech-
ten Seite brachten bedeutende Besserung. .. Am 13. März wur-
den die Suturen weggenommen und bis zum 20. ging alles gut,
Bereits begann Pat. leichte Suppen zu geniessen; er articulirte
die Worte deutlich; die linke Hälfte des Kieferbeins war durch
die Wirkung der Musc, pterygoidei nach Innen gezogen und der