1228 : ML Chirurgie und Ophthalmologie.
folgte er die natürliche Richtung der Harnröhre. Als er 12 Zoll
eingedrungen, fühlte er deutlich den Bulbus urethrae, und als
der künstliche Canal 2 Zoll lang war, vermehrte sich der Trieb
zum Uriniren, und nach einigen Minuten \schoss der Urin in kräf-
tigem Strahle hervor, Da B. Zwischenräume zur Beruhigung des
Kindes eintreten liess, dauerte die Operation‘ 4 Stunden. Die
Corpora’ cavernosa suchte er zu schonen, Blut floss wenig, und
der Penis schwoll nicht. sehr an,. da gleich kalte. Fomentationen
benutzt wurden. Der Urin floss ungehindert ab, und der Kathe-
ter konnte leicht in die Blase geführt werden. Anfangs liess
ihn B. im Canale liegen, hörte aber bald damit auf. Die künst-
liche Harnröhre blieb frei und bekleidete sich mit einer Haut,
so dass die Heilung glücklich erfolgte und die Urinabsonderung
keine Behinderung fand. [Casper’s Wochenschr. f. d. gesammte
Heilkunde, 1833, Nr. 29.] (K— e.)
288. Sphacelus senilis; beobachtet von Dr. REDER zu
Rostock. Ein Arbeitsmann von 82 Jahren wurde im Monat März
1830 von dem Verf. an Sphacelus des linken Schienbeins be-
handelt. Der Mann wurde bis zum Juli völlig hergestellt und
hefand sich bis zum 6. März 1831 vollkommen wohl. An die-
sem Tage wurde R. wiederum gerufen. ‚Der Kranke fieberte
und litt am Sphacelus senilis, der von der grossen Zehe des rech-
ten Fusses ausgegangen war, Patient erhielt innerlich ein Zn-
fusum chinae frigide paratum cum opio, des Abends: Pulvis
Doweri, leicht verdauliche Speisen nebst stärkenden Fleischbrü-
hen und alten Franzweinz äusserlich erwärmten Rothwein zur
Fomentation, Pulvis chinae rubr. zum Einstreuen.,, und zum Ver-
bande Unguentum de Styrace. Die Krankheit ergriff trotz dem
eine Zehe nach der andern, verschonte nur die kleine, .Vom
24. April an trennte sich das Brandige von dem Gesunden. Am
1. Juni wurden die 4 brandigen Zehen vorsichtig hinweggenom-
men, und der alte Mann besserte sich täglich mehr, lernte wie-
der gut gehen und erfreute sich noch 1833 im Juni der be-
sten Gesundheit. [Rust’s Magazin, Bd, 40, Hft.3.] (H—r.)
289. Zwei Fälle von intermittirender Blindheit;
mitgetheilt von Dr. Torr zu Ribnitz. 1830 wurde T. zu einem
Bauer gerufen, der angeblich am kalten Fieber litt und während
des jedesmaligen Anfalls die Sechkraft, wie es hiess, völlig ver-
lor. Er fand den Kranken gerade im Stadium caloris. Die Pu-
pillen zogen sich beim künstlichen Lichtreize wenig zusammen,
an den Augen aber war sonst eben so wenig etwas Abnormes,
als hinsichtlich der psychischen Thätigkeiten zu bemerken, Die
Frage: ob er ihn verstehe, bejahte der Kranke, die,.ob er ihn
sähe, hingegen verneinte er mit dem Bemerken, dass er auch
nicht angeben könne, ob. es Tag oder Nacht sey. Nach Angabe
der Umstehenden hielt die Blindheit jedes Mal so lange an, bis
das Stadium des Schweisses begann. Da es der Verf. mit einer
sich durch Frost, Hitze und. Schweiss deutlich zu erkennen ge-