1... Pathologie, Therapie und medieinische Klinik. 389
plagte, und zu dessen Stillung im Verlaufe des Tages, wohl 10
bis 12, Gläser Wasser erforderlich waren. Trank der Patient
nicht, so verspürte er nicht sowohl brennenden Durst, sondern
aufsteigende Hitze... Der Appetit war dabei ausgezeichnet; die
Verdauung ziemlich regelmässig, jedoch erregte das letzte Glas
Wasser meist ein unbehagliches Gefühl im Magen, dag sich am
schnellsten verlor, wenn er noch etwas Wasser nachtrank. ; Die.
Abmagerung war dabei bis vor einem Vierteljahre am ganzen
Körper sichtbar. Patient hatte schon in früherer Zeit bisweilen
des Morgens im Bette an Wadenkrämpfen ‚gelitten. Seitdem sie
weggeblieben, hatte er öfters ein. Zucken in der Haut, und ein,
in diesem Jahre überstandenes gastrisches Fieber hatte. grosse
Abspannung und Kraftlosigkeit zurückgelassen.. Seine Aerzte
schickten ihn ohne Nutzen nach Reinerz und Landeck,.. unser
Verf. erklärte das Uebel für Diabetes mellitus und hatte recht. —
Ein Jüngling von 22 Jahren litt von Kindesbeinen an häufig an
Kopfschmerz, der ihn seit 3 bis 4 Jahren grösstentheils verliess,
Ausser einer Pneumonie, welche ihn vor 6 Wochen befiel, hatte
er keine Krankheit gehabt, jedoch vom 7%. bis 12. Jahre Onanie
getrieben.: Auch sein Vater litt von frühester Jugend an Kopf-
schmerz, und seine Mutter hatte epileptische Anfälle. Vor ei-
nem Jahre ungefähr; bemerkte der Kranke beim Spazierengehen
in ganz ruhiger Luft das Gefühl eines kalten Windes ‚auf der
Brust und gleichzeitig schien sich ihm alles flimmernd vor den Augen
zu bewegen, Dieselben Erscheinungen wiederholten sich nach
einiger Zeit, und im Januar d. J. überfiel ihn plötzlich unbe-
schreibliche Angst und ‚Beklemmung: er schnappte nach Luft,
stiess unwillkührlich , und, mit grösster Schnelligkeit Worte der
Angst. aus, rieb oder schlug die Brust krampfhaft mit beiden
Händen, lief dabei mit grosser Angst auf und nieder, oder warf
sich auf das Sopha, zog die Füsse, schnell an sich und setzte
sich wieder. Sein sonst bleiches Gesicht war roth, die Augen
blickten stier und alle Züge drückten innere: Angst aus. : Der
ganze Anfall dauerte höchstens eine ‚halbe Minute und wieder-
holte sich anfangs nur 2 bis 3 Mal des Tags, später jedoch 5
bis 7 Mal. Der Kranke will sich, ‚seiner dabei bewusst seyn
und beschreibt sein Gefühl so, als wenn ilim etwas zu Leide ge-
schehen. sollte. Der Anfall kündigt. sich bisweilen kurz zuvor
durch ein banges Gefühl an, so dass der Kranke gerade, noch
Zeit hat, etwas: aus der Hand zu.legen. Nach dem Anfalle fühlt
er sich nur für den Augenblick ermattet, hat noch etwas Frem-
des in den stieren Augen und reibt sich häufig unter dem Scheine
von Verlegenheit die Brust; er isst auch wohl, wenn der Anfall
bei Tische kommt, unmittelbar darnach fort. Ein Anfall kommt
gewöhnlich früh zwischen 3 und 4, oder zwischen 4 und 5 Uhr,
ein anderer nach dem Essen, die übrigen kommen unbestimmt.
Sie scheinen besonders durch jede Anregung des Geistes, wie
auch durch Nachdenken über seinen Krankheitszustand hervorge-