386 I. Pathologie, Therapie und medieinische Klinik.
Menge. Die Hitze war unbedeutend, namentlich am Kopfe, und
der Puls ging fieberhaft. Die Kranke wurde kühl gehalten, be-
kam Tag und Nacht kalte Umschläge auf den Kopf, erhielt nur
dünne Suppen und kühlende Getränke, und alle zwei Stunden
einen Esslöffel voll von einer schwachen Brechweinsteinsolution-
Sie war die Nacht so unruhig, dass man ihr die. Zwangsjacke
anlegen musste. Es war 3 Mal Stuhlgang erfolgt, der, wie auch
der Harn, unwillkührlich abgegangen war. Am folgenden Tag®
war sie ruhiger und schlief eine Stunde. Man verordnete, da
weiter keine Oeffnung erfolgt war und die Umstände übrigens un-
verändert waren, am 5. August ein Lavement und Natr, sul-
phur. 3Züj, Aq. fontan. destill. Zviij, Syr. Rub, Id, 3j, wovon
zweistündlich ein Esslöffel voll gegeben wurde. Mit der ersten
Arznei wurde fortgefahren. Bis zum 10. August war die Kranke
so ruhig geworden, dass man die Zwangsjacke abnehmen konnte.
Die Ruhe.nahm zu, und den 15. Aug. hatten die Löchien zu flies-
sen aufgehört. Den 16. hatte die Kranke im Gesichte, an den
Armen und am Rücken Varicellen, wie auch : Aphthen auf der
Zunge. Mit der abführenden Arznei wurde ausgesetzt. Das
Exanthem verlief unregelmässig und war den 22. August abge-
trocknet und die Zunge hatte sich gereinigt.‘ Man sorgte für of-
fenen Leib und begann den 25. August mit Sturzbädern bei lauwar-
mem Unterbade; man fing mit 4 Eimern an und stieg bis auf 15.
In den ersten Tagen des Septembers trat ihre Periode ein und
am 1. October wurde die Kranke geheilt entlassen. Dies ist also
einer von den seltenen Fällen von Seelenstörung ohne Stö-
rung der Puerperalabsonderungen, — Kin ö9jähriger
Mann, der eine wenig geregelte Lebensweise geführt und a2
mancherlei Unterleibsbeschwerden gelitten hatte, bekam nach häu-
figem Genusse von Gefrorenem ein kaltes Fieber, welches durch
ein Brechmittel und durch Chinin nach $ bis 4 Anfällen gehoben
wurde. Allein beim ersten Ausgehen des Patienten stellte sich
bei ihm ein früherer Schmerz im Innern unter dem Brustbeine
mit anhaltendem und heftigem Aufstossen wieder ein. Nach einem
kalten Trunke beim Schlafengehen .kamen Schmerz und Aufstos-
sen mit so beunruhigenden Symptomen wieder, dass sie nur nach
mehreren Stunden dem wiederholten Gebrauche der Ag. foetida an-
tihysterica wichen. Seitdem machte das Fieber vier Recidive,
weiche jedesmal vom Chinin weggenommen wurden. Im Fieber
verschwand der Schmerz; mit dem Verschwinden des Fiebers
kehrte er wieder, war vorzüglich Abends am heftigsten und störte
den Kranken auch wohl des Nachts, Dabei hatte die Verdauung
zo gelitten, dass sie erst einige Monate nach dem Fieber durch
anhaltenden Gebrauch stärkender Mittel einigermaassen ine alte
Gleis gebracht werden konnte. Patient litt den ganzen Winter
an jenem Localschmerze, zumal beim Schlafengehen, und brachte
Ihn im Frühjahre mit nach Berlin. Verf. liess ihn fast 8 Wo-
chen lang die frische Ochsengalle, jeden Morgen 2 Unzen in 8