VI. Staatsarzneikunde,
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Herzkammer weniger dunkeles Blut enthalten. =— Die grossen
Blutgefässe des Unterleibes ‘waren stark mit Blut gefüllt, na-
mentlich die venösen. Alle übrige Organe des ganzen Leichna-
mes boten nichts Auffallendes, dar. — Der Tod dieses Menschen
erfolgte durch Erstickung ,, wofür die Beschaffenheit der Lungen,
des Herzens, der Venen des Unterleibes, wie auch die so kurze
Zeit nach dem Tode schon vorhandenen Todtenflecken und der
Mangel von Spuren einer andern Todesart sprechen. — Der Tod
ist durch mechanische Gewaltthätigkeiten bewirkt, denn die an
der rechten Seite des Unterkiefers befindlichen Stellen eind die
Eindrücke von den vier grössern Fingern einer gewaltsam ange-
setzten Hand. Mit derselben Gewissheit lässt sich der, an‘ dem
obern Theile der linken Seite der Brust befindliche, dunkelrothe
Fleck einer erlittenen mechanischen Gewalt .zuschreiben. Diese
Gewalt wurde druckweise ausgeübt, denn das stockende und an-
gehäufte Blut war noch in den Gefässen, und also nicht extra-
vasirt. Dasselbe gilt von der, an der linken Seite des Halses
in der Gegend vom Unterkiefer befindlichen, dunkelrothen Haut-
stelle, die ebenfalls ohne Extravasat wär. Die am Unterleibe
befindlichen Streifen schienen vom Drucke faltiger Kleidungsstücke
herzurühren. So auch die dunkele Stelle in der “Gegend der
Herzgrube. — Es ist mit Gewissheit Machzuweisen, dass jene
Gewaltthätigkeiten auf den Verstorbenen bei dessen Lebzeiten
eingewirkt haben; denn das geronnene oder angetrocknete Blut der
einen Halsverletzung, wie auch die Sugillationen oder die Ueberfül-
lung der feinsten Gefässe mit Blut können nach dem Tode nicht ent-
standen seyn. — Dass jene äussern Gewaltthätigkeiten Ursache des
erfolgten Erstickungstodes waren, ist wenigstens im höchsten
Grade wahrscheinlich. Es fand sich in der Leiche keiner von
den sinnlich . wahrnehmbaren Krankheitszuständen, welche: den
Erstickungstod bewirken können. Eben so wenig konnte einer
von den sinnlich nicht wahrnehmbaren aufgefunden werden. Da-
hingegen fanden sich an der Leiche Verletzungen, welche den
Erstickungstod verursachen können, und dahin gehört zuerst die
der Brust. Den Zweifel, ob die Gewaltthätigkeit auch von
dem Grade gewesen sey, um als wirkliche oder alleinige Ursache
des Todes gelten zu können, nehmen die Obducenten durch den
Ausspruch weg: dass zu der unbezweifelt tödtlichen Wirkung
Solcher äusserer Gewaltthätigkeiten nicht immer Blutergiessun-
gen und andere örtliche Verletzungen, wie auch ein- oder platt-
gedrückter Thorax u. s. w. erforderlich sind, und dass bei der
bedeutenden Verwachsung der Lungen in unserem Falle schon
eine geringe äussere Gewalt den Erstickungstod herbeiführen
konnte. — Es ist eben 80 wahrscheinlich, dass jene Gewalt
Ohne eigenes Zuthun von einer. andern Person ausgeübt worden.
Es ist einleuchtend, dass der Todte sich die Verletzungen am
Halse nicht selbst beigebracht haben konntez3 auch. fand sich an
seinen Fingern, namentlich an seinen ‚Nägeln, keine Spur einer