1. Pathologie, Therapie und medieinische Klinik, 275
angesteckt, obgleich. Revaccination völlig gelungen war. Beides
lässt sich aus der Ansicht einer durchaus ‚alienirten Kuhpocken-
lymphe ohne Zwang erklären, ohne dass dadurch die durch frü-
here Erfahrungen festgestellten Grundprincipien erschüttert wür-
den. Was als Regel von Nachimpfung mit ächter Kuhpocken-
Iymphe gilt, lässt sich nicht auf die Impfung mit schon. alie-
Wirtem Stoffe anwenden.‘ Die Lymphe zur Nachimpfung war ent-
Weder So schwach, dass sie keine neue Reaction im Körper her-
Vorrufen konnte, wo diese schon durch frühere Impfung zur Til-
Sung der Empfänglichkeit für’s Blattergift so weit, erregt worden
War, als Intensität des Impfstoffes dies vermochte, oder der Impf-
Stoff‘ zur Nachimpfung war kräftiger, als der zur ersten Impfung,
kannte daher auch Reaction bewirken, ohne dennoch Empfäng-
lichkeit für den Anst&€ckungsstoff ganz zu heben, zu tilgen
Oder auszurotten. In beiden Fällen können und müssen ‚daher
auch modificirte Menschenblattern hervorgerufen werden, wenn
Gelegenheit zur Ansteckung hierzu gegeben ‚ist. Wenn daher
Nachimpfung mit Schutzpockenlymphe nie schaden, sondern selbst
den nicht unwesentlichen. Nutzen haben kann, dass der dennoch
Angesteckte. Revaccinirte einer leichtern Form von Blatterkrank-
heit unterworfen wird, sie deshalb. auch empfehlungswerth. bleibt,
80 lässt sich doch auch nicht 'Jängnen, dass wir so zu keinen
Sünstigern Resultaten kommen werden. Nach des Verfs. Ueber-
zeugung. mus® die Revaccination mit ächtem Kuhpockenstoffe ge-
Macht werden, wenn der Erfolg sicher seyn soll. Man muss
daher zuerst dafür sorgen, wieder ächten Impfstoff — wahre
Kuhpockenlymphe zu erhalten, was jetzt leicht möglich. ist. Mit
dieser müssen vorzugsweise Impfinstitute versehen und diese ge-
halten werden, denseiben von Jahr zu Jahr zu ernenern,: damit
Nur ächte Lymphe ausgegeben wird. ‚Möchte dieser Vorschlag
Nicht ohne Prüfung zurückgewiesen werden, und möchte man
doch am wenigsten einen Grund hierzu in der Versicherung der
Impfärzte finden, dass ihr Impfstoff 'ein reiner, moch ächter sey,
und dass: der Impfung mit reiner Lymphe unmittelbar von der
Kuh die Erfahrung entgegenstehe, dass zu heftige Reaction,
Chronische, schwer zu heilende Geschwüre, metastatische Abla-
&erungen und dergl. hierauf erfolgten. Ungeachtet dieser Ein-
Wendungen, dürfte dies das einzige sichere Mittel bleiben, äch-
ten Stoff zu erhalten und die Impfung wieder in Credit zu brin-
Sen, Man muss durchaus JENNER’S Erfahrungen wiederholen;
U wenn auch Einzelne dadurch vorübergehend mehr leiden soll-
de als gerade zum Schutze gegen Ansteckung nöthig ist, wenn
8 Sich erst durch mehrere Uebertragungen des thierischen Impf-
Dedes derselbe jene milde und zugleich doch noch schützende
aus haffenheit wieder bekommen sollte; den der vor 33 Jahren
au" Sland erhaltene Stoff bereits hatte; 80 darf dies vom Ver-
da ©; wieder ächten Lymphstoff zu erhalten, nicht abschrecken,
der Zweck ein zu wichtiger, und der höchst wahrscheinliche
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