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IV. - Chirurgie und Ophthalmologie. I
CHIRURGIE und ÖFPHTHALMOLOGIE,
— 265. Fall einer schweren Kopfverletzung, wel-
che ohne Trepanation geheilt wurde; mitgetheilt von Dr.
FaHrunHorst in Insterburg. Im Oct. 1527 wurde cin Knecht
bei einer Feuersbrunst mit einem Wasserküwen über den Kopf
gefahren, worauf er besinnungslos liegen blieb. Kin den Verun-
glückten sehender Wundarzt liess sogleich ein Pfund Blut weg
und gab ein Pulv. temper. Spät am Abende sah F. den Ver-
letzten, der ein starker 36jähriger.,, in solcher Betäubung liegen-
der Mann war, dass er nur nach langem Nachdenken einige Fra-
gen beantworten konnte. Er hatte sich schon 20 Mal erbrochen,
der Puls hatte in der Minute nur 50 Schläge und beim Aufhe-
ben des Kopfes trat Schwindel und neues Erbrechen ein. Aus-
ser einigen abgestossenen Stellen der Epidermis am Gesicht be-
merkte man keine Wunde, dagegen zeigte sich die ganze Kinke
Kopfseite bis zum äussern Umfange des Auges sehr geschwollen,
weshalb durch’s Gefühl weder Bruch noch Kindruck zu ent-
decken war. FF, liess sogleich die ScHmucKER’schen Umschläge
und innerlich eine Auflösung von Natr, sulph, mit Kal, nüitr.
anwenden. Am nächsten Tage hatte das Erbrechen ganz nach-
gelassen, die Besinnung war weniger getrübt, und der Verun-
glückte konnte seine Empfindungen deutlicher ausdrücken. Kr
klagte jetzt über stumpfen Schmerz im Innern der linken Kopft-
hälfte, so wie über Kreuzschmerz und Brausen im linken Ohre
und hatte dabei noch Schwindel, Uebelkeiten und Neigung zum
Erbrechen beim Aufrichten des Körpers. In der Nacht waren
mehrere Leibesöffnungen aus verhärteten Kxcrementen erfolgt;
die kalten Umschläge wurden beibehalten und innerlich ein nf.
flor. Arric. mit Nitr, gegeben. Nach Gtägigem Gebrauche die-
ser Mittel hatten sich die erwähnten Zufälle sehr gemindert,
der Puls war noch unterdrückt, doch minder langsam, die Be-
ginnlichkeit war weniger getrübt, und nur beim Aufrichten stellte
sich etwas Schwindel ein, und die Geschwulst der linken Kopf-
seite hatte völlig nachgelässen , weshalb man nun bemerken konnte,
dass der vordere Theil des Schuppentheils vom Schlafbeine ein-
gedrückt war, so dass über dieser Stelle die Linea semicircula-
ris sehr stark hervorragte, Ueber der eingedrückten Stelle fühl-
ten sich Haut und Muskeln in Folge der nicht mehr über der
convexen Fläche des Schlafbeins Statt findenden Anspannung er-
schlafft md teigig an. Drückte mun auf ‚diese Stelle, so nahm
man keine Beweglichkeit wahr, auch hatte der Kranke nirgends
Schmerzen, wenn er auf einen hölzernen Löffelstiel stark biss. Die-
ser Depression ungeachtet hesserte sich Patient täglich, die
Schmerzen im Kopfe und Kreuze schwanden völlig, und Schlaf
und Appetit kehrten zurück, so dass alle Mittel wegbleiben konn-
ten. — Dieser Fall ist nicht olıne Interesse, da er die Möglich-
keit darthut , dass ein Eindruck der Schädelknochen ohne Bruch