IL Pathologie, Therapie und medicinische Klinik. ‘ 471
fand man den Kranken in den frühen Morgenstunden völlig von
einem Augenübel frei. Dies leitete, da überdies der Kranke
vor 6 Jahren einen Wechselfieberanfall gehabt hatte, auf An-
wendung des schwefelsauren Chinins, wovon, während alle ört-
lichen Mittel wegblieben, der Kranke alle 3 Stunden 1 Gr. mit
auffallendem Erfolge nahm. -Die Entzündung wurde nämlich
schon nach den ersten 10 bis 12 Gaben Abends viel geringer
und nachdem 8 Tage‘ das Mittel fortgenommen worden war,
konnte der Kranke als geheilt betrachtet werden. Er gebrauchte
nach bekannten Vorsichtsmaassregeln das Chinin noch einige Zeit
fort und hat seitdem nie wieder eine Augenentzündung bekom-
men.. Rheumatische oder katarrhalische Ophthalmieen waren übri-
gens damals in Berlin keineswegs verbreitet, [Casper’s Wochen-
schrift f. d. ges. Heilk., 1833, Nr. 8.) ; (K-—e.)
251. Entzündung der Harnblase nach zurückge-
tretener Flechte; vom Kreisphys. Dr. Schramm zu Luckau.
Nachstehenden Fall bekam S. bei einen Strumpfwirker von, ei-
nigen und zwanzig Jahren erst kurz vor: dem Tode in Behand-
lung, nachdem das Uebel früher verkannt worden war. Letzte-
res hatte sich mehrere Tage vorher mit Harnbeschwerden ange-
fangen und. war. seit seinem Entstehen allmählich alle Stadien
der Strangurie und Dysurie durchlaufen, ohne dass dem gefähr-
4ichen Uebel passend entgegengetreten worden war. S. sah den
Kranken zuerst am %. Tage, wo das Uebel schon den höchsten
Grad erreicht‘ hatte. Es fand sich nicht nur völlige Ischurie
vor, sondern der Kranke wurde auch durch entsetzliche Schmer-
zen in der Harnblase gefoltert. Dabei waren starkes Fieber,
grosser Durst, anhaltende Verstopfung, Schlaflosigkeit und De-
lirien zugegen, welche letztere sich oft im wachenden Zustande
und bei völligem Bewusstseyn einstellten. Als Ursache gab der
Kranke nur Erkältung auf einer Reise bei übler Witterung an,
doch ergab sich auch, dass er schon lange fortwährend an ei-
nem flechtenartigen, nässenden Ausschlage beider Füsse gelitten
habe, der vor Kurzem abgetrocknet und geheilt war. Man konnte
daher wohl annehmen, dass dies Uebel durch Rücktritt des Flech-
tenausschlags bedingt‘ worden war, besonders da der Kranke sich
schon vor der Reise, auf der er sich erkältet, nicht wohl be-
funden hatte. Die Blasengegend war elastisch aufgetrieben und
so schmerzhaft , dass nicht der leiseste Druck vertragen wurde,
Es ging kein Tropfen Urin ab und die Blase war bis zum Zer-
platzen voll. Sogleich wurde ein reichlicher Aderlass gemacht
und durch Katheter eine grosse Menge. dunkelbrauner, übelrie-
chender Urin entleert. Zum innerlichen Gebrauche wurde eine
Hanfsamenemulsion mit Salpeter und weinsteinsaurem Kali ver-
ordnet und alle 3 Stunden 2 Gr. Kalomel interponirt. Als Tags
darauf Schmerz und Harnverhaltung fortbestanden, wurden Blut-
egel an die Blasengegend und das Perinäum gesetzt und den bishe-
rigen Mitteln noch Ricinusöl zugesetzt, Auf die Füsse wurden,