HL, Pathologie, Therapie und medieinische Klinik, 451
ein symptomatisch - inflammatorisches Fieber fehlt; so gelingt en
oft durch die örtlich negativ und gelind positiv entzündungswidrige
Methode, den genannten Zweck ‚zu erreichen. Zum negativ-
antiphlogistischen Heilverfahren gehört vorerst die Abhaltung al-
ler äussern Kinflüsse, welche auf mechanisch-©oder chemisch -
dynamische Weise die entzündliche Aufregung unterhalten oder
gar erhöhen können, Unter negativer Methode begreift man auch
die Entziehung innerer temporär nachtheilig wirkender Reize.
Die örtlich negative Methode umfasst die topische Entziehung
des Blutes, der Wärme und des expansiv- elektrischen Stoffes;
wie auch die Entziehung in grösserer Menge abgesonderter Stoffe,
entweder in Folge absichtlich hervorgerufener Blasen- und Pu-
stelbildung, oder als Wirkung eines etablirten Fontanelles oder
Kiterbandes. Die örtliche Blutentziehung wird durch Bliutegek,
seltener durch Scarificationen bewerkstelligt. Bei geringem In-
flamımationsgrade kanıu in der Regel die Anwendung dieses Mit-
tels zwar unterbleiben; wenn aber ein. hoher Grad von Anlage
zu Afterproductionen,, besonders böser Art, mit Grund zu be-
fürchten ist, darf man, wenn gleich die Form der Entzündung
geringfügig scheint, mit den Bliutegeln nicht zu karg seyn. Zur
Entziehung der im inflammirten "Theile zu reichlich erzeugten
Wärme dienen die bekannten kühlen und kälten Substanzen. Dass
phlogistische Affectionen der Schleim-, der serösen und fibrösen
Hänte, als Folge von Erkältung; aus derselben Ursache, oder
wegen gastrischer, galliger Stoffe, oder wegen Unterleibsstockun-
gen entstandene Entzündung: des Lederhautsystems und gichti-
sche Gelenksentzündungen die Anwendung von Kälte nicht ver-
tragen, hat die Erfahrung bestätigt. Dahingegen eignen sich da-
zu selbstständige, ‚idiopathische, in nicht hohem Grade beste-
hende: phlegmonöse Kntzündungen, besonders wenn sie durch
hohe Wärmegrade, oder der Wärme ähnlich wirkende Schäglich-
keiten und durch mechanische Beleidigungen begründet wurden.
Auch ‚gebraucht man die Kälte zur Vorbauung starker traumati-
scher Reactionen. Allein ihre Anwendung erheischt Vorsicht,
denn da sie an sich Entzündungen veranlassen kann,‘ dürfte sie
auch bei unpassender Application bereits bestehende Entzündung
unterhalten, ja steigern. Kalte Substanzen sind nicht als reine
negative Reize öder Schädlichkeiten zu betrachten, und ein sehr
hoher Grad von Kälte, welcher plötzlich auf den menschlichen
Organismus, zumal wenn sich dieser in einem sehr warmen,
schwitzenden Zustande befindet, einwirkt, kann plötzlich Tod
herbeirufen, aber nicht bloss. wegen schneller Entziehung der
Wärme, sondern vorzüglich wegen Heftigkeit positiver Ueberrei-
zung. Vermehrt sich bei Anwendung der Kälte der vorhandene
Schmerz, so ist es Zeit, selbe entweder ganz auszusetzen oder
zu vermindern. Wird sie bei jener höhern Entzündungsstufe,
wo es zu reichlicher Absonderung plastischer Stoffe kommt, noch
fortgesetzt; so befördert sie den Uebergang derselben in Ver-
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