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V. Staatsarzneikunde.
leicht geschehen kann; dasselbe gilt von den Eindrücken. Von9
mit Schädelbruch ohne Depression starben ohne Operation nur 2;
von 4 mit Depression genas 1, wo nichts geschah, von den 3 andern,
bei denen trepanirt wurde, starben 2; in 10 Fällen, wo eine Kugel
im Gehirn sass, starb von 2, bei denen sie entfernt wurde, 1, von
den 8 andern, wo man sie sitzen liess, 2; Prof. BETtrTi in Florenz,
erzählt Carus, sah einen Fall, wo eine Stiletspitze 10 Jahre lang
ohne Störung der Gesundheit im linken Hemisphüärium stecken blieb;
Han in Stuttgart erzählt (Heidelb. Annal., Bd. 6, Hft. 3) 5 Fälle
von prophylaktischer Trepauation, die alle tödtlich endeten; in 2 an-
deren ähnlichen, wo nicht trepanirt wurde, erfolgte Genesung; Sı-
BERGUNDI in Dorsten (ebendas. Bd. 7, IHt. 4) einen Fall, wo das
rechte Os pariet. gebrochen und eingedrückt war und wo nicht tre-
panirt wurde, nach 2 Monaten löste sich ein +“ Janges, 3” breites
Knochenstück der äusseren Tafel ab, und der Kranke genas voll-
kommen. Dem Verf., der immer nur bei deutlich vorhandenen Zu-
fällen von Druck anf das Gehirn trepanirte, starben alie Kranke;
immer aber zeigte die Section ausser dem meist geringen Extrava-
sat, Substanzverletzungen des Gehirns selbst; die häufig vorkom-
menden Knochenbrüche hält er nur wegen ihrer Kinwirkung auf Ge-
hirn und Nerven im Augenblicke des Gebrachenwerdens für gefähr-
lich, wogegen doch die Trepanation nichts vermag, Im Juliushospi-
tale wurden sehr viele mit Schädelbrüchen ohne Trepanation geheilt.
Das Extravasat ist ausser bei durchdringenden Hiebwunden, wo aber
das Blut leichter nach aussen fliessen kann, selten von Bedeutung;
sollte dies aber, wenn es sich irgendwo ansammelt, einen Druck auf
das Gehirn ausüben, der im Stande wäre, Bewusstlosigkeit herbei-
zuführen, da doch das Gehirn oftmals einen viel stärkern Druck
ohne Nachtheil ertragen kann? hat man nicht Geschwülste und Ex-
travasate von bedeutendem Umfange im grossen und kleinen Ge-
hirn und im Rückenmarke gefunden, ohne dass sich im Leben Spu-
ren davon zeigten? — Demnach scheint es sich immer mehr zu be-
stätigen, dass die T’repanation zu den Operationen gehört, welche
nicht helfen können, wo man sie braucht, und von weichen es ein
Glück wäre, wenn man sagen könnte, dass sie immer bloss über-
Nüssig gewesen sind, wo man sie angewendet hat. — Henze be-
merkt zu dem vorstehenden Aufsatze: Da sich erweisen lässt, dass,
nach der neueren strafrechtlichen Theorie von der Tödtung , bei
Beurtheilung der Tödtlichkeit einer Verletzung die Möglichkeit der
Abwendung des tödlichen Erfolgs durch die Kunsthülfe ganz ausser
Berücksichtigung zu lassen ist, so fallen in dieser Beziehung
die Schwierigkeiten wegen der vielbesprochenen Streitfrage hin-
weg, und bestehen nur noch bei der Frage: Ob im gegebenen Falle,
durch Verzögerung oder Unterlassung der Trepanation ein Kunst-
fehler begangen sey? — Er verspricht, nächstens mehrere Erör-
terungen über diesen Gegenstand zu liefern. — ([Henke’s Zeit-
schrift, 1832, 4. Vierteljahrheft.1 (L—t.)
Verlag von Leopold Voss in Leipzig,