IV. Gynäkologie und Pädiatrik. 411
Morgens wurde N. zu einer 3%jährigen, verwachsenen Erstgebä-
renden gerufen, die ein so enges Becken hatte, dass der gerade
Durchmesser des Beckeneinganges nur 1 Zoll 8 Linien Paris. M..
betrug. Obgleich die Wehen kräftig eingewirkt hatten, und das
Fruchtwasser schon Tags zuvor abgeflossen war, so war der
Muttermuud doch noch schwielig, wenig geöffnet und bildete
einen. länglichen Canal. Unter solchen Umständen entschloss
sich N, zum Kaiserschnitte und unternahm denselben Nachmit-
tags 2 Uhr. Der 6 Zoll lange Schnitt ward in der weissen Linie
gemacht; die geringe Blutung durch mit Schwefelsäure vermisch-
tes, kaltes Wasser gestillt, und nur ein kleiner Arterienzweig
unterbunden; darauf das Bauchfell mit Vorsicht durchschnitten,
die Gebärmutter mittelst eines Fistelmessers geöffnet, und das
leider todie Kind nebst dem Mutterkuchen, den der Schnitt mit-
getroffen hatte, hervorgezogen. Dabei draugen die Gedärme mit
solcher Gewalt hervor, dass sie nur mit grosser Ahstrengung
durch eine in Oel getauchte Serviette zurückgehalten werden
konnten. Erschwert war die Operation dadurch , dass das Frucht-
wasser schon 80 lange abgeflossen, und der Uterus: um seinen
Inhalt fest zusammengezogen war. Das Hervorziehen des Kin-
des wurde durch eine Wehe erleichtert, und gleich nach seiner
Entleerung zog sich der Uterus so zusammen, dass der anfangs
4 Zoll grosse Schnitt sich bis 7auf kaum 1 Zoll verkleinerte.
Bei Anlegung der Hefte durchstach N., der grösseren IMHaltbar-
keit wegen, das Bauchfell mit. Die 18köpfige Binde vollendete
den Verband. . Die Wöchnerin erbrach etwas Galle, erhielt 10
Tropfen Laudanum und zum fortgesetzten Gebrauche das RıvEr'-
sche Tränkchen mit einem geringen Zusatze von Landanum. Sie
schlief die ganze Nacht hindurch ruhig und befand sich auch
in den folgenden Tagen über Erwarten wohl. Nur am 25. Apr.
hatte sich Schluchzen und Uebelkeit eingestellt, das sich am
26. bis zum Erbrechen steigerte, aber, nachdem die Gebärmut-
ter etwas in die Scheide herabgefallen war, aufhörte. Am 11.
Mai war die Wunde völlig vernarbt, und die Wöchnerin konnte
als genesen betrachtet werden; doch wurde.die 18köpfige Binde
noch bis zum 22. Mai getragen, wo sie mit einer 20 Ellen lan-
gen Kreisbinde vertauscht wurde, welche die Operirte noch ein
Vierteljahr lang trug. Im Nov. 1830 befand sich dieselbe noch
wohl und war noch nicht wieder schwanger geworden. — 2) Die
Kreissende war 32 Jahre alt, mittler Grösse, gesund , hatte aber
ein so enges Becken, dass man kaum 3 Finger in die Scheide
einbringen konnte. Die Sitzbeinknochen standen 3 Zoll Hamb,
M. von einander ab; der untere Rand des Schambogens von
dem vorderen Rande des Dammes 24 Zollz der Damm selbst
maass kaum 1 Zoll. Im oberen Beckeneingange fühlte man die
schlaffe Blase der Eihäute. Seit Morgens 5 Uhr waren die bis
dahin starken Wehen ausgeblieben. Nach der äusseren Unter-
suchung zu urtheilen, hatte das Kind eine Querlage. Da hier