392 I. Pathologie, Therapie und medicinische Klinik,
Krankheit; allein ein sehr bedeutendes Extravasat, für welches
die bekannten Symptome sprachen,, widerstand der Natur und
Kunst. Man verordnete (im Juli) Kalomel mit Digitalis; äusser-
lich Ung. digital. c. neapolit,, in den Brustkorb einzureiben,
Blasenpflaster, auf beide Arme Ung, mezerei und cantharidum.
Die Dislocation des Herzens, welches auf der rechten Seite pul-
sirte, und die Heftigkeit und Frequenz ‚der asthmatischen An-
fälle deuteten auf eine grosse Ansammlung der ergossenen Flüs-
sigkeit. Nachdem noch ein Fontanell am linken Arme gesetzb
und mit der Digitalis von einem ‚Scrupel bis zu einer halben.
Drachme auf ein Pfund Colatur (wovon alle 3 Stunden 2 Ess-
löffel voll genommen wurde) gestiegen worden war, trat auflal-
lend vermehrter Harnfluss und offenbarer Nachlass aller Sym-
ptome ein, wobei der Herzschlag wieder‘ auf der, linken’ Seite
gefühlt wurde und die Erstickungsanfälle ganz verschwunden
waren. Der vermehrte Harnfluss ging noch fort, nachdem man
die Digitalis entfernt und statt dessen Serum lactis gegeben
hatte, und die Kran” enas bis Ende Octobers vollkommen.
[Medicin, Jahrb. d österreich. Staates, 1833, Bd, 13,
Heft 2.] Ct)
215. Ueber die Diphtheritis; vom Prof. Dr. NAv-
MANN in Bonn. Bisweilen ist der ganze, zum Magen führende
Weg, von der Mundhöhle bis zum Ende der Speiseröhre und
weiter, auf einmal von Entzündung befallen. Ausserdem aber
giebt es eine eigene, durch plastische KExsudation ausgezeich-
nete Entzündungsform, als deren Hauptsitz Schlund, Gaumense-
gel und Mandeln zu betrachten sind, die aber oft auch weiter
nach vorn und zugleich abwärts in die Speiseröhre sich verbrei-
tet und vielmals mit ganz übereinstimmendem Entzündungspro-
cesse in den Luftwegen verbunden ist. Dies ist der sogenannte
Schlund oder Rachencroup, die durch BRETONNEAU 80 be-
rühmt gewordene Diphtheritis, die noch bis heute bisweilen so-
wohl mit Croup, als mit brandiger Bräune verwechselt wird,
dadurch aber einen besondern Charakter gewinnt, dass in ihr
durchaus nicht jene dauernde und kräftige, der acuten Entzün-
dung entsprechende Reaction sich findet, sondern ein Zustand
von allgemeiner Atonie, der nur zu oft in wirklichen Status
nervosus mit Zeichen von unkräftiger Blutmischung, beginnen-
der Colliquation und allgemeiner Auflockerung übergeht. Schon
bei sehr alten Aerzten finden sich unbezweifelte Erwähnungen
derselben, ja vielleicht kannte bereits GAaLEn diese Affection,
und ganz gewiss gehört die Prunella der ältern Aerzie hierher.
HuxHam, StoiLL, P. Frank und Reis kannten sie unbezweifelt.
Da sie oft mit Croup und noch häufiger mit vorherrechender
Gastrointestinalreizung auftritt, auch gar nicht selten die wahren
Aphihen begleitet und dann sogar Annäherungen an Angina gan-
graenosa darbieten kann, so ist es schwer, ein klares Bild die-
ses Uebels, das unzählige Nebenumstände oft modificiren, zu