I. Pathologie, Therapie und medicinische Klinik, 341
Erst den 9. Tag: nach diesem Unglücke kam Patientin, welche
bis dahin nicht zweckmässig behandelt worden, in des Verfs.
Hände. Nun wurden die Bisswunden mit Ung, basilic. c. pulv.
cantharid. täglich 3 Mal frisch verbunden und in die unbeschä-
digte Umgebung eben so oft Ung. Neapolit, eingerieben, und
gleichzeitig alle 2 Stunden ein Gran Kalomel nebst + Gran Bel-
ladonna und, um einem Abweichen oder einer: besondern Affe-
stion des Pancreas vorzubeugen, 4} Gran Ipecacuanha gegeben.
Jeden 2. Tag wurde mit Belladonna und Kalomel gestiegen, und
als endlich den 8. Tag die gewünschte Salivation eintrat, das
Kalomel removirt, mit der Belladonna aber, ihrer Wirkung auf
das Nervensystem wegen, in steigender Gabe bis zur Gesichts-
verdunkelung und der Halsdürre fortgefahren, dann aber ihre
Gabe vermindert. Von dem ersten Tage dieser Behandlung an
ward das Kind täglich Morgens und Abends in lauem Wasser
und Lauge eine halbe Stunde gebadet, und ihm :eine zweckmäs-
sige Diät vorgeschrieben. KEs erschienen keine Lysses; die Sa-
livation hatte aufgehört; die eingreifende Wirkung der: Bella-
donna auf das Ganglien- und Nervensystem ‘hatte nachgelassen,
nachdem ihre Gabe, welche in 24 Stunden schon,8 Gran be-
trug, gemindert wurde; die Eiterung der Wunden bestand noch
fort, und Appetit und Kräfte waren im Zunehmen begriffen. Bei
diesen Umständen wurde am 21. Sept., als mit der 8, Woche
der Behandlung, die Belladonna auf 2 Gran täglich vermindert
und jeden Tag bloss ein Bad genommen, aber die Eiterung der
Wunden immer noch stark unterhalten. Dabei durfte sich das
Kind täglich 2 Mal in freier Luft bewegen. Allein der Vater
des Kindes ging weiter: er führte es in die Kirche, in das
Wirthshaus, wo wahrscheinlich zu viel Wein getrunken wurde,
in seinen Weingarten, wo Tags darauf Weinlese gehalten wurde,
u. 8. w. In: der Nacht vom 22.—23., von der Weinlese zu-
rückgekehrt, soll sich das Kind wohlbefunden, jedoch geträumt
haben, es sey von einer Katze gebissen. Beim Erwachen war
das Kind schon traurig und unruhig, wollte nicht Suppe’ essen
und nicht Wasser trinken. Der herbeigerufene Wundarzt ätzte
die trocken gewordenen Geschwüre, gab Beiladonna und Kalo-
mel in hoher Gabe und liess die Bäder mit Gewalt anwenden.
Allein Verf., der erst Tags darauf ankam, fand die Wuth schon
im 2. Grade. Die Belladonna wurde bis auf } Gran alle 2 Stun-
den erhöht, mit „'- Gran Merc. subl. corros. vermischt, und
ausserdem wurden Klystiere von Opinm und Asa foetida appli-
cirt. Die Bäder konnten, wegen heftiger Convulsionen , nicht
mehr genommen werden. Die Kranke starb den 26. Sept., am
63. Tage nach der Verwundung. — Diesem Falle stellt Verf,
einen andern entgegen, welcher durch eine gleiche Behandlung
geheilt wurde, Ein wüthender Hund verletzte sieben Kinder,
von denen das jüngste 14 Tage später an der plötzlich ausge-
brochenen Wuth schnell starb. Die andern sechs Kinder wur-