HL. Chirurgie und Ophthalmologie: 229
waren geschwollen,. doch olıne grosse Spannung. Am dritten
Tage war der Knabe ruhig und völlig bei sich, die Geschwulst
nahm ab, und aus Munde und Ohr kam reichliches Eiter. Eine
Sonde ging 4 Zoll tief durch die Wunde zwischen vielen Kno-
chensplittern bis auf etwas Hartes, das wohl die Kugel War,
eben so führte eine Sonde durch den Gehörgang zwischen Kno-
chensplittern durch, so dass also 1 Zoll nach innen und vörn
vom Ohr die Kugel zu liegen schien. Es musste also wenig-
stens ein Theil des Schläfenbeins gebrochen seyn, doch schien
das Labyrinth noch unverletzt, da das Gehör auf dieser Seite
ganz gut war. Mehrere Tage ging es nun recht gut, es sprach
nichts für ein Leiden des Gehirns und einige Knochensplitter
stiessen sich ab. Am' %. Tage aber wurde der Knabe wieder
unruhig und klagte über Schmerz im Rücken und Unterleibe.
Die Muskeln des Rumpfes waren krampfhaft so zusammengezo-
gen, dass sich der ganze Körper bewegte, wenn der Kopf ge-
schoben wurde, die Muskeln der Extremitäten waren hingegen
völlig thätig. Später delirirte der Knabe, und aus Ohr und Wunde
ging dunkles Blut mit einigen Knochenstückchen ab. Abends
trat durch die Wunde eine aus Hirnmasse bestchehde Hervorra-
gung, welche die Grösse einer Wallnuss erreichte und dann ab-
gestossen wurde, Am 8, Tage starb der Verwundete. — Bei
der Section ergab sich; dass die Kugel durch die Vereinigung
des Wangen- und Oberkieferbeins gedrungen war und den Boden
der Orbita durchbrochen hatte. Dann war sie am innern Unter-
kiefer hin durch den Musculus pterygoideus externus gegangen,
hatte Gelenkhöhle und Condylus des Unterkiefers blossgelegt,
vom Periosteum und Knorpel entblösst, und letztere theilweise,
dann aber die ‘ Verbindung des Keilbeins und Schläfenbeins in
der Grube zwischen Sella turcica, Felsenbein und kleinem Flü-
gel des Keilbeins zerbrochen. Die Kiefergelenkhöhle und der
Meatus auditorius waren lose, und quer durch das Felsenbein
ging ‚ein Bruch, in dessen Folge eine Knochenspitze in die Dura
mater gedrungen war und den Sinus fransversus geöffnet hatte.
Der innere Theil des Felsenbeins war losgetrennt, Carotis aber
und Jugularvene waren nicht verletzt. Die sehr abzeplattete
Kugel: lag, wie vermuthet worden war, unmittelbar ‚unter dem
innern Theile des Schläfenbeins, Durch die weite Oeffnung im
Keil- und Schläfenbeine war das Gehirn in beträchtlicher Masse
hervorgetreten und zeigte den gewöhnlichen markigen, gefäss-
reichen Zustand eines Hirnschwammes. Um die erweichten
Theile war die Hirnmasse sehr erweicht und sah, wie solche
Geschwülste gewöhnlich aussehen, gelb. An der rechten He-
misphäre und auf dem Tentorium sah man eine dünne Lage
Coagalirtes Blut, die Venen strotzten; doch fanden sich keine
Zeichen der Entzündung, ausser dass die Umgebungen des Chi-
asmda Nerv. optic. etwas mit Lymphe bedeckt waren. — Wahr-
scheinlich wär anfange die Dura mater nicht zerrissen warden,