Full text: (5. Band = 1833, No 9-No 16)

V. Psychiatrie. 
189 
Annäherung fing er. heftig zu sprechen au und stiess Drohungen 
sus, beruhigte sich aber wieder, als der Verf. sich der Thür 
näherte. Aetiologische Momente liessen sich auch bei genauer 
Bekanntschaft mit den Verhältnissen des Kranken nicht ermitteln, 
nur erfuhr man, dass er vor einigen Tagen einen unbedeutenden 
Aerger gehabt habe, dazwischen aber wieder munter gewesen 
sey., Da man wegen, enormer Stärke des Kranken, den ‚jede 
Annäherung empörte und wüthend machte, weder ihn näher’ un- 
tersuchen, noch Mittel anwenden konnte, so setzte man ein Glas 
Wasser, in dem sich 6 Gr. Tart. emet. gelöst fanden , in seine 
Nähe. Glücklicherweise trank er bald das Glas aus, worauf 
bald mehrmaliges Erbrechen und nach Mitternacht ein bis zum 
Morgen auhaltender ‚ruhiger Schlaf erfolgte, aus dem er völlig 
bei sich, doch ohne eine Spur vom Geschehenen zu haben, er- 
wachte, Seitdem ist Pat., bis auf 2 asthmatische Anfälle, ganz 
wohl geblieben. — V. Eine robuste, 22jährige, bisher gesunde 
Frau, die vor 3 Jahren glücklich geboren hatte, bekam, nach 
normalem Verlaufe ihrer 2. Schwangerschaft, beim Durchschnei- 
den des Kindes, olıne bekannte Ursache, heftige Convulsionen 
mit Bewusstlosigkeit. ‚Als dieser Zustand noch nach der übri- 
gens schnellen Geburt des gesunden Kindes anhielt, wurde L. 
gerufen, der, etwa 5 Stunden nach Entstehen des Uebels, die 
Wöchnerin bewusstlos, mit abgewandtem, rothem und heissem 
Gesichte im Bette fand. Sie murmelte bisweilen unverständliche 
Worte, und von Zeit zu Zeit traten heftige Convulsionen ein, 
wobei sie nur mit Mühe im Bette erhalten wurde. Die Pupille 
war verengt, der Puls langsam, unterdrückt, ‚die Brüste nicht 
gefüllt, der Unterleib weich, nirgends aufgetrieben, der Uterus 
contrahirt, die Scheide trocken, heiss. L. liess sogleich einen 
Aderlass machen, Blutegel setzen, kalte Umschläge und ein Ve- 
sicator anwenden und alle 2 Stunden gr.j Calom. wechselnd mit 
einer Sol. Kali sulph. reichen, ‘Als Abends noch kein Nachlass 
sich eingestellt hatte, wurde nochmals zur Ader gelassen, wor- 
auf gegen Mitternacht sich alles besserte. Das Bewusstseyn kehrte 
wieder, die Brüste füllten sich, die Lochien ‚flossen und die 
Convulsionen blieben weg. Der Anblick des Kindes überraschte 
die Wöchnerin sehr. Sie wusste von ihrer Niederkunft durch- 
aus nichts, obgleich sie erst gegen das Ende der Geburt ihr 
Bewusstseyn verloren hatte. Da sie verheirathet ist und im be- 
sten Rufe steht, so ist an Betrug, der auch hier keinen Vor- 
theil bringen könnte, nicht zu denken. Uebrigens stillt sie ihr 
Kind, ein Mädchen, selbst und liebt das Töchterchen fast mehr 
als ihren unter Schmerzen geborenen Sohn. Die Mutterliebe 
steigert sich also nicht immer, wie jüngst behauptet wurde, durch 
die während der Geburt ausgestandenen Leiden. [Hufeland’s 
Journ. d. prakt. Heilkunde, 1832, Dec.) (K— ee.)
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.