Full text: (5. Band = 1833, No 9-No 16)

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V. Psychiatrie. 
wurden. Um 4 Uhr Morgens stellte sich ein ruhiger Schlaf ein, 
aus dem Pat, gegen 11 Uhr völlig bei sich erwachte, ohne zu 
wissen, was mit ihm geschehen, noch wie es gekommen Sey, 
dass er diesen Anfall bekommen habe. Seitdem hat sich nie 
wieder etwas Aehnliches bei ihm gezeigt. Ill. 14 Tage später 
wurde L. eines Nachmittags eiligst zu einer 2 Meilen . entfernt 
wohnenden Frau von gangliöser Constitution und mehr choleri- 
schem Temperamente geholt, die immer gesund, 27 Jahre alt, 
Tochter gesunder, noch lebender Eltern. und Mutter dreier Kin- 
der war, von denen sie das jüngste 7% Monate alte noch stillte, 
auch in glücklichen Verhältnissen lebte. Sie hatte am Morgen 
früher, als gewöhnlich, ihr Bett verlassen, sich eilig zum Theil 
angezogen und mit ungewöhnlicher Hastigkeit mehrere. Male ein 
Fenster aufgerissen, hinausgesehen und wieder zugeworfen, dann 
aber aus einem Schranke ein Vorlegemesser genommen und sich 
dem Bette des Säuglings genähert. Auf Befragen, was sie mit 
dem Messer beginnen wolle, hatte sie erklärt, dass sie, da sie 
heute noch sterben müsse und jeden Augenblick abgeholt zu 
werden erwarte, ihr kleines Kind nicht hülflos zurücklassen wollte, 
Der Verf. fand die Kranke halb angekleidet, mit fliegenden Haa- 
ren im Zimmer unruhig umhergehend und immer durch’s Fen- 
ster blickend, Das Gesicht war unmerklich geröthet, der Kopf 
nicht heiss, der Blick mehr ängstlich, als wild, die Zunge be- 
legt, der Puls weder voll, noch beschleunigt, die Brüste voll 
Milch. Die Antworten der Kranken waren wenig bestimmt, sie 
sprach unzusammenhängend und verworren und liess durch jede 
Aeusserung den Gedanken an baldigen Tod durchblicken. Ae- 
tiologische Momente liessen sich nicht ermitteln, nur sollte die 
Kranke schon vor mehreren Wochen ein Mal mehrere Tage ohne 
bestimmte Ursache verstimmt gewesen seyn und dabei über Ver- 
dauungsbeschwerden geklagt haben. Auf 4 Gran Tart. emet. 
folgte mehrmaliges Erbrechen, am andern Morgen war aber auch 
die Frau gesund. Sie ist seitdem immer wohl geblieben und 
hat nur eine dunkele Erinnerung des ganzen Vorfalls behalten. 
IV. Ein sehr robuster, 31jähriger, nüchterner, fleissiger Schnej- 
der von sanguinischem Temperamente , Vater zweier Kinder, hatte, 
obgleich sonst gesund, durch. einen vor Jahren erlittenen Sturz 
mit dem Pferde in unbestimmten Zeiträumen mit Asthma zu käm- 
pfen, das jedoch meist einem gelind antiphlogistischen , derivi- 
renden Verfahren bald wich. Im Juli v. J. seizte er sich eines 
Nachmittags, von einem Spaziergange mit seiner Frau heimge- 
kehrt, in eine Ecke seines Zimmers, verschmähte den angebo- 
tenen Kaffee, warf heftig um sich und drang wüthend auf seine 
Frau, mit der er sonst verträglich lebte. Diese flüchtete und 
holte nahe Verwandte, die vergebens den Kranken zu besänfti- 
gen suchten und ihn nur zu neuer Wuth reizten. Als L. ihn 
einige Stunden später sah, stand er nachdenkend mit auf den 
vor ibm stehenden Tisch geheftetem Blicke in einer Kcke. Bei
	        
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