il. Materia medica und Toxikologie. _ 157
samer, voller, Dass er in mässigen Gaben Congestionen nach
oben vermindert, ist als Folge seiner reizmindernden Kraft auf's
Blutsystem anzusehen. Dagegen vermehren starke Dosen die
Blutanhäufung im Kopfe, aber nur passiv, da das Blut wegen
lähmungsartigen Zustandes des Nervensystems sich im Gehirn
anhäuft. Wo der Stechapfel lange in starken. Gaben fortge-
braucht, oder wo er auch in der,gewöhnlichen Gabe nicht ver-
tragen wird, entstehen zuweilen Schwindel, Eingenommenheit
des Kopfes und Leiden des Sehvermögens, das sich durch Trü-
bung desselben mit erweiterter Pupille zu erkennen giebt, Auch
kommen bisweilen krampfhafte Affectionen darnach vor. — Um
die Wirksamkeit dieses Mittels und seine, die Reizbarkeit des
Nervensystems und dadurch auch die Thätigkeit des Blutsystems
herabstimmende Kraft weiter zu erproben, stellte A. mehrere
Versuche an Fröschen und Mäusen an, aus denen im Allgemei-
nen die Bestätigung der unmittelbar die Reizbarkeit des Nerven-
systems herabstimmenden Kraft des Stechapfels und seine se-
gundäre reizmindernde Wirkung auf das Blutsystem hervorging.
Zugleich bestätigten sie die ausnehmend kräftige Wirksamkeit
der Tinctur aus‘ dem Samen, die, mit der nöthigen Vorsicht
gereicht, dem weit unsicherer und langsamer wirkenden Extracte
vorzuziehen ist. Sollen die Samen aber von guter Wirkung |
seyn, so müssen sie die. volle Reife haben und schwarz aus-
sehen. Die Tinetur ist deshalb vorzuziehen, weil sie kräftiger
ist, als das KExtract, weil sie einen stetern Gehalt der wirk-
samen Bestandtheile besitzt und darum sicherer wirkt und weil
sie eine angenehmere und in der Gabe sicherer zu besiimmende
Form darbietet. Sie ist zumal bei Geisteskranken bequem. Die
Gabe richtet sich nach Constitution, Alter und Krankheit. Bei
Geisteskranken kann man bis zu 15, 20 — 25, ausnahmsweise zu
30 Tropfen 4mal täglich steigen. Grössere Gaben sind nicht
anzurathen. In andern Fällen sind 10 — 12, höchstens 15 Tropfen
2— 4mal täglich zu geben. Jedenfalls ist mit der kleinen Dosis
anzufangen und allmählich zu steigen. — Was die eigenthüm-
liche Wirkungsweise des in Rede stehenden Mittels in Geistes-
krankheiten anlangt, so muss man, um dieselbe zu erklären, auf
die Genesis dieser Uebel zurückgehen und das Verhältniss der
Ursachen zu den Erscheinungen betrachten. Die Ursachen der
Geisteszerrüttung sind theils psychische, theils physische. In
den meisten Fällen sind sie gemischt und bedingen dann wech-
selseitig das eigenthümliche Leiden. Ist die Geisteszerrüttung
Folge einer rein physischen Ursache, so wird der Stechapfel
wenig oder nichts ausrichten können, weil dann das Uebel be-
‚reits organisch geworden ist. Wo aber eine psychische Ursache
sich vorfindet, oder, wie meist, mit physischer Anlage sich
verbindend, das Leiden hervorbringt, überhaupt, wo die Krank-
heit noch im Entstehen und Ausbilden begriffen ist, wird man in
der ersten Zeit und in den unten anzugebenden psychischen Krank-