Summarium des Neuesten
aus de
in- und aus.ändischen Medicin
zum Gebrauche praktischer Aerzte.
I. Januar 1833.
AM 1.
1. ANATOMIE und PHYSIOLOGIE.
1. Erfahrungen über das Nervensystem; von Dr.
Stannius. Die Frage, ob besondere Nerven der. Kmpfindung
oder der Leitung der Eindrücke vun der Peripherie zum Cen-
trum vorstehen, und ob andere die Bewegung vermitteln, die
vom Centrum aus gegen die Peripherie hinwirkt, ist für Phy-
siologen höchst wichtig. Scheint auch dieselbe durch J. MüL-
LER’s Versuche an Fröschen für die Meisten bejahend entschie-
den, so sprechen doch Manche noch dagegen. St. fand an Frö-
schen Folgendes: 1) Durchschneidung der hinteren Wurzeln der
Spinalnerven‘ hat für den betreffenden Theil nur Verlust der
Empfindung zur Folge. 2) Nach Durchschneidung der vorderen
Wurzeln folgt nur Verlust der Bewegung. 3) Dieser Erfolg ist
nur dann gewiss, wenn bei der Operation so viel als möglich
kein kaltes Wasser auf Rückenmark, Nerven und Muskeln ge-
gossen wird, da Wasser ein die Empfindung schnell und gewal-
tig schwächendes Agens ist, 4) Setzt man die Frösche zwi-
schen den einzelnen Acten der Operation in’s Wasser, so geht
nach Durchschneidung der vorderen Wurzeln mit der Bewe-
gungskraft auch das Empfindungsvermögen verloren, das jedoch
später oft wiederkehrt. 5) Jede Bewegung ist entweder Re-
action des Organismus auf äussere Eindrücke und als solche
nothwendig, oder Folge freier Willensthätigkeit. Die auf peri-
pherische Reizung des nur durch die Operation der Bewegungs-
kraft beraubten Theiles erfolgenden Bewegungen der übrigen
unverletzten Theile coincidiren oft mit anderen freiwilligen oder
zufälligen. Will man sicher seyn, dass solche Bewegungen nicht
zufällig sind, so durchechneide man zuerst die vorderen Wur-
zeln der Spinalnerven eines Schenkels und dann das ganze Rü-
ckenmark der Quere nach über der Insertionsstelle der die Ner-
ven der Hinterextremitäten bildenden Wurzeln. Der unterhalb
der durchschnittenen Stelle gelegene Theil wird so unabhängig
vom Einflusse des Willens, Jetzt reize man die Zehen des der
Bewegungskraft beraubten Schenkels, und während dieser nicht
reagiren kann, erfolgen Zuckungen und Bewegungen im ande-
ren Schenkel. 6) Versuche an den Vorderextremitäten zeigten
Summarium d. Medicin, 1833. IV.