Full text: (4. Band = 1833, No 1-No 8)

V. Psychologie. 
nen wissen; allein man kann ihn doch mittelst Nachweisung dessen, 
was er, was Andere in diesem Zeitraume vollbracht , überzeugen, 
dass er die Jahre desselben seinem Alter zurechnen müsse. — Zei- 
chen von Angst beim Feueranlegen , Nichtentfliehen nach demsel- 
ben, Versuche zum Selbstmorde u. s. w. können auch Wirkungen 
eines bösen Gewissens seyn. Sobald aber festgestellt ist, der That 
8ey ein Zurückgebliebenseyn der geistigen Entwickelung des Thä- 
ters, Stumpfheit desselben gegen Belehrung , mangelhafte Erkennt- 
niss von dem, was das Gesetz gebietet und verbietet, vorausgegan- 
gen, oder sind auch nur Beweise da, dass diese Unmündigkeit nach 
der That dagewesen: 80 ergiebt sich das Urtheil von selbst. — Sin- 
nestäuschung, welche derjenige, welcher sie hat, selbst für Täu- 
schung hält, ist nicht Irreseyn. Nicht so aber, wo solche objectiose 
Wahrnehmung für eine objective gehalten wird, denn feste Ueber- 
zeugung bildet hier den Irren. — Der Zustand zwischen Schlaf und 
Wachen, er möge sich mehr nach dem Blödsinne, oder mehr nach 
dem Wahnsinne hinneigen, ist einem irren gieichzustellen. — Der 
Somnambulismus gehört zum Irreseyn, wenn man bloss einen ab- 
normen T’raumzustand , ein Sprechen im Schlafe, ein Nachtwandeln 
unter ihm versteht. Nicht so der, welcher mit Recht ein Wachen 
im Schlafe oder selbst ein Hellsehen genannt wird. Hier findet we- 
nigstens keine grössere Neigung zu irren Statt, als im normalen Wa- 
chen; ja, Irrthümer, welche im gewöhnlichen Wachen begangen 
worden, weichen im Hellsehen nicht selten der richtigen Erkennt- 
niss, Verf. greift nun einige Beispiele aus dem Leben: Die Elisa- 
beth Peter, welche mit den folgenden Personen in der Kreuzi- 
gungsgeschichte zu Wildenpusch eine Rolle spielte, war offenbar 
irre, denn sie glaubte, es könne ein Mensch mit seinem Leben für 
die Rettung der Seele eines andern Bürge seyn; sie bat ihre 
Freunde, sie todt zu schlagen, und gab sich der Wiilfahrung dieser 
Bitte auch geduldig preis. Irre war auch die M argarethe Pe- 
ter, welche während ihrer Aufgeregtheit, in welcher sie Andere 
misshandelte, aus dem Kopfe und der Brust ihres Bruders Hörner 
hervorkommerr sah und dann in dem Gedanken , sie müsse für Chri- 
stus den Satan bekämpfen, sich langsam zu Tode martern liess. 
Dahingegen ist die Ursula Kündig, obschon sie bei der Kren- 
zigung der Margarethe Peter vor Allen thätig war, nicht als 
eine Irre zu betrachten, weil sie nur von der Margarethe Pe- 
ter angetrieben an’s Werk ging und bei diesem, offenbar nicht nach 
eigener Ueberzeugung handelnd, noch fragen konnte: Muss ich 
denn alles allein thun? — Die Seherin von Prevorst war magne- 
tisch- somnambul, indess auch mit Umwandlung ihres Wachens in 
einem Zustand des Hellsehens. Dieser Zustand ist zwar dem Wachen 
Fremd, vielleicht auch gefährlich; aber nicht, wie behauptet worden 
ist, Wahnsinn, und es findet sich in den bekannt gewordenen Akten 
kein Grund, anzunehmen, die Fran sey unfähig gewesen, die Sinnes- 
und Urtheilsirrthümer einzusehen: sie war also nicht irre. — €a- 
ligula war wahnsinnig. Von Claudius bleibt es ungewiss, ob er 
blödeinnig oder dumm war. Hamlet war Hypochonder, und an
	        
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