Full text: (4. Band = 1833, No 1-No 8)

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V. Gynäkologie und Pädiatrik, 
troffen warden, Ist in polizeilicher Beziehung . gegen das Kind- 
bettfieber in grossen Gebärhäusern so wenig geschehen, und 
dies gilt nicht bloss von Deutschland, sondern eben sowohl von 
Frankreich; in der Maternite zu Paris stirbt im allergünstigsten 
Verhältnisse die 22. Wöchnerin; CRUVEILLHIER’S Mittheilungen 
über das Kindbettfieber sind in dieser Beziehung nicht bloss 
für die Vorsteher grosser Gebärhäuser, sondern vorzüglich auch 
für die Medicinal- und Polizeibehörden höchst wichtig; denn sie 
liefern die Beweise von der Schädlichkeit des . Beisammenseyns 
vieler Schwangern und Wöchnerinnen; aus seiner. Tabelle "er- 
giebt sich, dass die Krankheit sowohl intensiv als extensiv mit 
der Anzahl der Wöchnerinnen zu- und abnahm; auch in Deutsch- 
land war, den Beobachtungen zu Folge, das Verhältniss der Sterb- 
lichkeit weit ungünstiger in den grösseren Anstalten als in den 
kleineren. CRUVEILHIER behauptet demnach, dass nur die Ue- 
berfüllung der Gebärhäuser mit Wöchnerinnen die Schuld der 
Entstehung und der Bösartigkeit des Kindbettfiebers trage, und 
dass atmosphärische Einflüsse auf seine Entstehung gar keine 
Wirkung äusserten; in‘der Maternite bricht. es alle Jahre und 
zwar in einer Jahreszeit aus, wo die meisten Wöchnerinnen bei- 
sammen sind, oder wenigstens bald darnach; obwohl »’°O. diese 
Thatsachen anerkennt, stimmt er doch CRUvEILHIER’S Meinung 
nicht ganz bei; er meint vielmehr, es müssten noch andere Mo- 
mente ausser der Ueberfüllung der Gebärhäuser mit Wöchnerin- 
nen coNncurriren; denn in anderen Gebärhäusern bricht die. Krank- 
heit bei einer gleichen Anzahl von Wöchnerinnen doch mehrere 
Jahre gar nicht aus; plötzlich aber entsteht sie, obwohl sich die 
Verhältnisse der Anstalt in mehreren Jahren nicht geändert ha- 
ben, bei einer gleichen und selbst geringeren Anzahl von anwe- 
senden Wöchnerinnen als früher. Ebenso beachtenswerth ist. 
es, dass die Krankheit in verschiedenen Anstalten gleichzei- 
tig entsteht und gleichzeitig aufhört, wie 1818 und 1819. 
Seit 1819 hat sie in der Würzburger Anstalt, ungeachtet die 
örtlichen Verhältnisse sich gar nicht geändert haben, nicht wie- 
der epidemisch geherrscht. Manche Vorsteher von Anstalten 
schrieben es ihrer inneren Einrichtung und der diätetischen Be- 
handlung der Gebärenden und Wöchnerinnen zu, dass sie eine 
lange Reihe von Jahren von der Krankheit verschont geblicben 
waren, als dieselbe plötzlich mit der grössten Heftigkeit aus- 
brach, ohne dass doch die Anzahl der Wöchnerinnen grösser 
gewesen wäre als früher, — NÄGELE in seiner: Schilderung des 
Kindbettficbers, welches vom Juni 1811 bis zum April 1812 in 
Heidelberg geherrscht hat (Heidelberg, 1812), hat mit Scharf- 
sinne und Wahrheit den Einfluss atmosphärischer Einwirkungen 
auf die Entstehung der Krankheit bewiesen; dasselbe hat v’O. 
(TEexrTor’s Neuer Chiron, Bd. 1, Hit. 1, S. 251, Sulzbach 1821; 
und Abhandlungen und Beiträge geburtshülflichen Inhalts, Würz- 
burg 1822, S. 207) dargethan und zugleich die Behauptung auf-
	        
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