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II. Materia medica und Toxikologie.
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lich‘ in der Unterbauchgegend und den Geschlechtstheilen; das
etwas eingefallene Gesicht war noch erdfahl, die Zunge’ hatte
gegen die Wurzel einen dunkelgelben, feuchten, schleimigen
Beleg und der Puls war regelmässiger und nicht mehr fieber-
haft. Der Verf. verordnete ein Inf. Senn. mit Natr. Sulph.
und Syr, Rhei und zum Einreiben in den Unterleib Linim. ammon.
camph, mit Tinct. opiüi croc, Ehe noch diese Mittel aus der
Apotheke kamen, erfuhr er zufällig, dass die Kranken 2 Tage
vorher beim Mittag- und Abendessen eine Brühe aus Meerrettig
und Kümmel mit vielem Appetite reichlich genossen hätten. Vom
Meerrettig, der in der Stadt gekauft war, fand sich nichts mehr
vor, von dem Kümmel aber erzählten die Kranken, dass er auf
einigen Stellen ihrer Ländereien wild wachse, und dass er man-
che gute Eigenschaften besässe, die der gewöhnliche Kramer-
Kümmel nicht habe. Bei Untersuchung des reichlichen Küm-
melvorrathes fanden sich darunter sehr viele in Form, Farbe
und Geschmack ganz anders als der gewöhnliche Kümmel be-
schaffene Körner, die E. mit Recht für Samenkörner der Nigella
sativa halten zu können glaubte. Obgleich es ihm nicht unwahr-
scheinlich schien, dass auch in Betreff des Meerreitigs eine Ir-
rung, oder ein Missgriff Statt gefunden haben könne, er auch
nicht übersah, dass selbst der gewöhnliche Meerrettig scharfe
Bestandtheile mit flüchtigem, ätherischem Oele in sich trägt, so
glaubte er doch, hauptsächlich wenigstens, aus dem reichlichen
Genusse jener Samenkörner das eben beschriebene Uebel her-
leiten zu müssen, da Rarmann und Andere versichern, dass die
Nigella satira die sogenannte Kriebelkrankheit zu erzeugen ver-
möge. Ob der Meerrettig wirklich auch eine Schuld trug, bleibt
ungewiss. — Nach Verbrauch der erwähnten Mittel befanden
sich, ohne dass ein Rückfall eintrat, die Patienten recht "gut
und waren bald ganz hergestellt. Einen erst einige Tage später
sichtbar gewordenen vesiculösen Ausschlag am untersten Theile
der 'Truncus glaubte E. um so mehr der Natur überlassen zu
dürfen, als er selbigen für einen verspäteten Theil der Krisis
zu halten geneigt war. Ohne etwas anderes, als eine gewöhn-
liche Desquammation zu hinterlassen, vertrocknete auch sehr bald
dieser Ausschlag. [z. Gräfe's u. v. Walther’s Journ. der Chir.
u. Augenheilk., Bd, 19, Hft. 1.1 (K— e.).
II. MATERIA MEDICA und TOXIKOLOGIE.
SH. Vinum colchici gegen Nenralgieen; von Dr.
Goss in Dowlich, Die Wirksamkeit dieses Mittels in rheumati-
schen Beschwerden ist hinreichend bekannt. G., von der Idee
geleitet, dass manchen Neuralgieen eine rhenmatische oder gich-
tische Ursache zu Grunde liege, versuchte nicht olıne Erfolg